Abfindung für Verzicht auf künftigen Pflichtteilsanspruch

Verzichtet ein gesetzlicher Erbe gegenüber seinen Geschwistern auf seinen künftigen Pflichtteilsanspruch gegen Abfindung, so fällt die gezahlte Abfindung unter die für Geschwister geltende Steuerklasse II und nicht unter die im Verhältnis von Eltern zu Kindern günstigere Steuerklasse I. Damit ändert der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung.

Hintergrund: Der Verzicht des gesetzlichen Erben auf einen Pflichtteilsanspruch gegen Abfindung unterliegt der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Erfolgt der Verzicht vor dem Tod des künftigen Erblassers, wird die Abfindung als Schenkung behandelt. Erfolgt der Verzicht erst nach dem Tod, wird die Abfindung als Erbschaft behandelt.
Schenkungen und Erbschaften zwischen denselben Personen innerhalb von 10 Jahren werden zusammengerechnet, so dass der Freibetrag nur einmal alle 10 Jahre gewährt wird.

Sachverhalt: Der Kläger hatte eine Mutter und drei Brüder. Seine Mutter hatte ihm im Jahr 2002 mehr als 1 Mio. € geschenkt. Im Jahr 2006 verzichtete er gegenüber seinen drei Brüdern auf seinen künftigen Pflichtteilsanspruch für den Fall des Todes seiner Mutter und erhielt hierfür von jedem Bruder eine Abfindung von 150.000 €. Das Finanzamt behandelte die Abfindungen als Schenkungen der Mutter, rechnete aber die Schenkungen aus dem Jahr 2002 hinzu und besteuerte den Gesamtbetrag nach der günstigen Steuerklasse I, die im Verhältnis von Eltern zu Kindern gilt. Außerdem gewährte es auch den höheren Freibetrag der Steuerklasse I. Der Kläger wandte sich gegen die Einbeziehung der Schenkungen aus dem Jahr 2002.

Entscheidung: Die Klage hatte nur teilweise Erfolg:

  • Zwar hätte das Finanzamt die Schenkungen der Mutter aus dem Jahr 2002 nicht berücksichtigen dürfen. Denn diese Schenkungen hatte der Kläger von seiner Mutter erhalten, während er die Abfindungen von seinen Brüdern erhalten hat. Die Abfindungen gelten nicht als von der Mutter gezahlt. Nur wenn der Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch nach dem Tod der Mutter erklärt wird, gilt die Abfindung als von der Mutter vererbt.
  • Zu Unrecht hat das Finanzamt aber auf die Abfindungen den höheren Freibetrag und den günstigeren Steuersatz der Steuerklasse I angewendet: Dieser gilt nur im Verhältnis vom Kind zur Mutter. Die Abfindungen sind jedoch unter Geschwistern gezahlt worden, für die der niedrigere Freibetrag und der höhere Steuersatz der Steuerklasse II gelten. Im Ergebnis führt dies zu einer geringen Minderung der ursprünglich festgesetzten Erbschaftsteuer, nicht aber zu der vom Kläger begehrten Herabsetzung.

 
Hinweise: Bislang wurde die Abfindung für einen Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch vor dem Tod des künftigen Erblassers wie eine Schenkung des künftigen Erblassers behandelt. Hieran hält der BFH nun nicht mehr fest.
Künftig kommt es darauf an, ob der Verzicht gegen Abfindung vor dem Tod des künftigen Erblassers erklärt wird oder danach. Bei einem Verzicht vor dem Tod des künftigen Erblassers richtet sich die Besteuerung der Abfindung nach dem Verhältnis zu demjenigen, der die Abfindung zahlt; dies führt in der Regel zu einer ungünstigeren Steuerklasse und damit zu einem niedrigeren Freibetrag und höheren Steuersatz, weil der Verzicht häufig gegenüber Geschwistern erklärt wird.

Bei einem Verzicht nach dem Tod wird die Abfindung als Erbschaft, die vom Verstorbenen übergeht, behandelt; die Steuerklasse ist dann die günstige Klasse I, wenn es sich bei dem Verstorbenen um ein Elternteil handelt. Dafür werden aber auch sämtliche Schenkungen, die der Elternteil in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod an das Kind erbracht hat, hinzugerechnet.