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BAG, Urteil vom 24.10.2013, 6 AZR 466/12

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Insolvenzanfechtung – Rückforderung durch Zwangsvollstreckung erlangter Lohnzahlung – keine Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen auf den Rückforderungsanspruch

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 30. April 2012 – 7 Sa 557/11 – aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten um einen Rückforderungsanspruch des beklagten Insolvenzverwalters bezüglich Arbeitsvergütung, welche die Klägerin mittels Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangt hat.

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Die Klägerin war seit 1983 bei der Firma A GmbH + Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin) als Einlegerin beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 13. September 1983 nimmt Bezug auf die Bestimmungen des „Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der bayerischen Metallindustrie“.

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Die Schuldnerin leistete an die Klägerin zunächst keine Vergütung für die Monate November und Dezember 2006. Die Klägerin erhob deswegen Zahlungsklagen. Bezüglich der Vergütung für November 2006 verpflichtete sich die Schuldnerin im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vom 16. Januar 2007, an die Klägerin 2.321,65 Euro brutto entsprechend 1.024,29 Euro netto zuzüglich 40,00 Euro als vermögenswirksame Leistungen (VWL) zum 2. Februar 2007 zu bezahlen. Bezüglich der Vergütung für Dezember 2006 wurde am 9. Februar 2007 ein ähnlicher gerichtlicher Vergleich geschlossen. Darin wurde eine Zahlungsverpflichtung der Schuldnerin iHv. 1.665,67 Euro brutto entsprechend 782,08 Euro netto zuzüglich 40,00 Euro VWL zum 23. Februar 2007 vereinbart. Die Klägerin betrieb aus beiden Vergleichen die Zwangsvollstreckung im Wege der Forderungspfändung. Das Konto der Schuldnerin wurde am 2. März 2007 iHv. 1.121,07 Euro und am 19. März 2007 iHv. 870,61 Euro, dh. mit insgesamt 1.991,68 Euro belastet. Nach Darstellung des Beklagten lagen den Zahlungen Vorpfändungen vom 21. Februar 2007 und 12. März 2007 gegenüber dem kontoführenden Kreditinstitut zugrunde.

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Am 10. Mai 2007 beantragte der Geschäftsführer der Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 1. Juli 2007 wurde an diesem Tag das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

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Mit Schreiben vom 16. Juli 2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Oktober 2007.

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Unter dem 23. April 2010 machte der Beklagte die Rückzahlung der für November und Dezember 2006 geleisteten Vergütung wegen Insolvenzanfechtung geltend. Die Klägerin lehnte diese ab und erhob eine Klage mit dem Begehr festzustellen, dass der Beklagte keinen Anspruch auf die verlangte Rückzahlung habe. Daraufhin erhob der Beklagte Widerklage mit dem Antrag, die Klägerin zur Rückzahlung der abgebuchten 1.991,68 Euro zuzüglich Zinsen zu verurteilen. In der Folge nahm die Klägerin ihren Klageantrag zurück. Folglich streiten die Parteien nur noch im Rahmen der Widerklage.

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Der Beklagte hat zu deren Begründung angeführt, dass es sich bei den für November und Dezember 2006 erfolgten Vergütungszahlungen um inkongruente Deckungen iSd. § 131 Abs. 1 InsO handle, da diese im Wege der Zwangsvollstreckung erbracht wurden. Die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO seien hinsichtlich der Gläubigerbenachteiligung und des zeitlichen Ablaufs erfüllt. Sowohl zu den Zeitpunkten der Zustellungen der Zahlungsverbote an die Drittschuldnerin als auch zu den Zeitpunkten der Leistungen an die Klägerin sei die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen.

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Der Beklagte hat daher im Wege der Widerklage beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH + Co. KG 1.991,68 Euro zuzüglich Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Juli 2007 zu zahlen.

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Die Klägerin hat ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage damit begründet, dass der Anfechtungstatbestand des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht bestehe. § 131 InsO sei nicht anwendbar, da es sich bei den Lohnzahlungen um Bargeschäfte gemäß § 142 InsO gehandelt habe. Es sei auch keine Benachteiligung von Insolvenzgläubigern gegeben, da im vorliegenden Verfahren Masseunzulänglichkeit bestehe. Im Übrigen liege keine inkongruente Deckung vor. Unstreitig hätten ihr die für November und Dezember 2006 geleisteten Lohnzahlungen zugestanden. Der auf eine Geldzahlung gerichtete Lohnanspruch sei mit Geld erfüllt worden, auch wenn die Zahlungen im Rahmen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt seien. Das Vertrauen in die Bestandskraft staatlicher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sei besonders schutzwürdig. Die Anfechtbarkeit von Leistungen im Rahmen von Zwangsvollstreckungsverfahren stünde im Widerspruch zu den Regelungen der Insolvenzordnung, welche die Zwangsvollstreckung vor und nach der Verfahrenseröffnung betreffen (§§ 88, 89, 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO). Zudem sei die Schuldnerin im Zahlungszeitpunkt nicht zahlungsunfähig gewesen. Es habe sich allenfalls um Zahlungsstockungen gehandelt. Etwaige Rückforderungsansprüche seien außerdem nach den Vorgaben des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie verfallen. Die tarifvertragliche Ausschlussfrist erfasse auch den Rückforderungsanspruch des Insolvenzverwalters.

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Das Arbeitsgericht hat der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und die Widerklage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass der Rückforderungsanspruch gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO einer tariflichen Ausschlussfrist unterfällt. Ferner hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft das Vorliegen einer inkongruenten Deckung iSd. § 131 Abs. 1 InsO verneint. Die Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Ob der in Betracht kommende Anfechtungstatbestand des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorliegt, kann der Senat nicht selbst entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat diesbezüglich keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Die Sache war folglich zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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I. Ein etwaiger Rückforderungsanspruch des Beklagten gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO ist nicht wegen Versäumung einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Es fehlt an der entsprechenden Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien.

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1. Das Landesarbeitsgericht geht von der Anwendbarkeit des jeweils gültigen Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie aus. Hiergegen hat der Beklagte keine Rüge erhoben. In Betracht kommt die Anwendung von § 28 Ziff. 3 Abs. 2, Abs. 1 Buchst. b des Manteltarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 1. Dezember 1973 in der Fassung vom 24. Mai 2002. Demnach sind, ausgenommen bestimmte Zuschläge, alle „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Nach Ablauf der Frist ist eine Geltendmachung grundsätzlich ausgeschlossen.

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2. Nach dem Wortlaut des Tarifvertrags könnte der insolvenzrechtliche Rückforderungsanspruch von der tariflichen Ausschlussfristenregelung erfasst sein. Bei dem Rückforderungsanspruch handelt es sich nach typischem Tarifverständnis um einen „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“.

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a) „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ im Sinn einer tariflichen Ausschlussklausel sind grundsätzlich alle denkbaren Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in einem Zusammenhang stehen. Es kommt nur darauf an, ob der betreffende Lebensvorgang eine enge Verknüpfung mit dem Arbeitsverhältnis aufweist. Bereits im Wortlaut „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“ wird deutlich, dass Anspruchsgrundlage für den Anspruch nicht der Arbeitsvertrag sein muss. Denn es wird nicht auf arbeitsvertragliche Ansprüche abgestellt. Erforderlich ist lediglich, dass das Arbeitsverhältnis die Grundlage für den Anspruch bildet. Unter die Verfallklausel fallen demnach alle Ansprüche, die sich aus den Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergeben oder die in eng mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihren Entstehungsgrund haben (BAG 18. Dezember 2008 – 8 AZR 105/08 – Rn. 45, 46 zu dem gesetzlichen Schadensersatzanspruch des § 717 Abs. 2 ZPO). Auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage kommt es nicht an (BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 39; 21. Januar 2010 – 6 AZR 556/07 – Rn. 19). Zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zählen wegen des einheitlichen Lebensvorgangs nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, sondern auch solche aus unerlaubter Handlung (BAG 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 – Rn. 41, BAGE 122, 304).

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b) Nach diesen Maßstäben handelt es sich nach dem tariflichen Wortlaut auch bei dem Rückforderungsanspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO um einen „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“. Die Vorschrift ist Teil des in den §§ 129 ff. InsO geregelten Insolvenzanfechtungsrechts. Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG bezüglich eines streitigen Anspruchs des Insolvenzverwalters nach § 143 Abs. 1 InsO auf Rückzahlung von Arbeitsvergütung eröffnet ist, weil es sich um eine Rechtsstreitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis handelt (GmS-OGB 27. September 2010 – GmS-OGB 1/09 – Rn. 10 ff., BGHZ 187, 105). Der Anspruch sei auf die Rückabwicklung einer arbeitsrechtlichen Leistungsbeziehung gerichtet. Die Entscheidung des Gemeinsamen Senats hat sich zwar lediglich mit der Frage des Rechtswegs befasst. Die in diesem Rahmen aufgezeigte enge Verknüpfung des Rückforderungsanspruchs mit dem Arbeitsverhältnis gilt aber auch bezüglich der Einordnung als „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis“ im Sinn einer entsprechend formulierten Ausschlussfristenregelung. Der Umstand, dass es sich bei § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO um einen gesetzlichen Anspruch handelt, steht einer solchen Einordung nicht entgegen. Wie dargelegt, unterfallen auch gesetzliche Schuldverhältnisse und deliktische Ansprüche grundsätzlich einer entsprechend formulierten Ausschlussfristenregelung.

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3. Der insolvenzrechtliche Rückforderungsanspruch unterfällt tariflichen Ausschlussfristen dennoch nicht. Er steht außerhalb der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien.

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a) Art. 9 Abs. 3 GG schützt die Koalitionen in ihren Betätigungen zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Der den Koalitionen überlassene Teil der hierfür erforderlichen Regelungen bezieht sich auf solche Materien, die sie in eigener Verantwortung zu ordnen vermögen. Dazu gehören vor allem das Arbeitsentgelt und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen, wie etwa Arbeits- und Urlaubszeiten, sowie nach Maßgabe von Herkommen und Üblichkeit weitere Bereiche des Arbeitsverhältnisses, außerdem darauf bezogene soziale Leistungen und Einrichtungen (BVerfG 24. April 1996 – 1 BvR 712/86 – zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 94, 268). Innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Koalitionen gewährt Art. 9 Abs. 3 GG den Tarifvertragsparteien ein Normsetzungsrecht, aber kein Normsetzungsmonopol. Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG bleibt der Gesetzgeber befugt, das Arbeitsrecht zu regeln (BAG 9. Dezember 2009 – 7 AZR 399/08 – Rn. 29, BAGE 132, 344).

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Tarifnormen sind Teil der Rechtsordnung und dürfen nicht gegen vorrangiges Recht verstoßen. Vorrangig ist jedes staatliche zwingende Recht, da ihm höherer Rang zukommt als den Tarifverträgen (BAG 26. September 1984 – 4 AZR 343/83 – BAGE 46, 394; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 509; vgl. auch Däubler/Schiek TVG 3. Aufl. Einleitung Rn. 309). Überschreiten die Tarifvertragsparteien die Grenzen der tariflichen Rechtssetzungsbefugnis, so ist die Rechtsnorm unwirksam. Reicht das höherrangige Recht allerdings nicht so weit wie der Tarifvertrag, sind die Rechtsnormen des Tarifvertrags nur insoweit unwirksam, wie sie dem höherrangigen Recht widersprechen (ErfK/Franzen 13. Aufl. § 1 TVG Rn. 52 mwN).

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b) Bezüglich der Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen auf den insolvenzrechtlichen Rückforderungsanspruch hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass dieser Anspruch des Insolvenzverwalters keiner tarifvertraglichen Ausschlussfrist unterfällt. Gemäß § 1 Abs. 1 TVG erstreckt sich die normative Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien nur auf den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie die Ordnung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen. Die §§ 129 ff. InsO begründen demgegenüber ein gesetzliches Schuldverhältnis ohne jede Rücksicht auf ein in der Insolvenz fortbestehendes Arbeitsverhältnis oder ein früheres Arbeitsverhältnis zum Insolvenzschuldner. Ein derartiges gesetzliches Schuldverhältnis steht außerhalb der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien (BAG 19. November 2003 – 10 AZR 110/03 – zu B II 3 der Gründe, BAGE 108, 367).

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An dieser Rechtsprechung ist auch nach der zur Rechtswegfrage ergangenen Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. September 2010 (- GmS-OGB 1/09 – BGHZ 187, 105) festzuhalten (aA Söhl ArbRAktuell 2012, 409; Nungeßer NZI 2012, 704, 707). Zwar ist es richtig, dass Tarifvertragsparteien bezüglich „zahlreicher“ gesetzlich begründeter Ansprüche eine Frist für die Geltendmachung regeln können (so Bandte FS Beuthien S. 401, 406). Dies gilt aber nicht, wenn der Gesetzgeber ein mit Ausschlussfristen unvereinbares, in sich geschlossenes Regelungssystem vorgegeben hat, welches den Besonderheiten der Materie Rechnung trägt und wegen des Ziels der abschließenden Gesamtregelung zwingenden Charakter aufweist. So hat das Bundesarbeitsgericht bezüglich der Geltendmachung von Konkursforderungen bereits entschieden, dass hierfür ein besonderes Verfahren (§§ 138 ff. KO) vorgesehen sei und tarifliche Ausschlussfristen mit diesen gesetzlichen Bestimmungen nicht vereinbar seien. Solche Tarifbestimmungen verstoßen gegen zwingendes Gesetzesrecht (vgl. BAG 18. Dezember 1984 – 1 AZR 588/82 – zu II 3 b der Gründe, BAGE 47, 343; 12. Juni 2002 – 10 AZR 199/01 – zu II 1 d aa der Gründe). Gleiches gilt für die Regelungen bezüglich der Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO. Das Anfechtungsrecht ist ein Institut des einheitlichen Insolvenzverfahrens. Bei Schaffung der Insolvenzordnung ging der Gesetzgeber davon aus, dass das Anfechtungsrecht seine Zwecke bislang nur unvollkommen erfüllte. Der Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen stünden praktische Schwierigkeiten entgegen, die dazu geführt hätten, dass vom Anfechtungsrecht nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht werde (BT-Drucks. 12/3803 S. 56). Die Durchsetzbarkeit des Anfechtungsanspruchs sollte dadurch erleichtert werden, dass die Ausschlussfrist des § 41 Abs. 1 Satz 1 KO zu einer Verjährungsfrist umgestaltet wurde (BT-Drucks. 12/2443 S. 156, 157). Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 19. November 2003 (- 10 AZR 110/03 – zu B II 3 der Gründe, BAGE 108, 367) bereits darauf hingewiesen, dass § 41 Abs. 1 KO tariflichen Ausschlussfristen vorging und es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Gesetzgeber daran etwas ändern wollte, indem er mit § 146 InsO zu einer Verjährungsfrist überging. Dies ist unverändert zutreffend (Ries ZInsO 2012, 1751, 1752). Die Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen würde entgegen der Absicht des Gesetzgebers die Ausübung des Anfechtungsrechts erschweren und wäre gleichsam ein Fremdkörper im reformierten Anfechtungsrecht. Die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregelungen sind zwingendes Recht, in welches die Tarifvertragsparteien auch nicht indirekt eingreifen dürfen. Die Verjährungsregelung des § 146 InsO normiert eine abschließende zeitliche Begrenzung des Anfechtungsrechts (ebenso Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 146 InsO Rn. 1; MünchKommInsO/Kirchhof 3. Aufl. § 146 Rn. 5; Froehner NZI 2012, 833, 834; Humberg NZI 2013, 733, 735; Stiller ZInsO 2012, 869, 872; Kreft in HK-InsO 6. Aufl. § 146 Rn. 6).

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II. Die Revision rügt auch begründet eine Verletzung des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts stellen im Wege der Zwangsvollstreckung beigetriebene Beträge inkongruente Deckungen dar.

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1. Nach § 129 Abs. 1 InsO kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO Rechtshandlungen anfechten, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen. Anfechtbar ist gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war. § 131 InsO regelt in Abgrenzung zu § 130 InsO Fälle sog. inkongruenter Deckung.

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2. Der Gläubiger hat eine Befriedigung nicht nur dann nicht „in der Art“ zu beanspruchen, wenn er an Stelle der Leistung, die er zu fordern hat, in der kritischen Zeit eine andere, nicht geschuldete Leistung erhält. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs hatte der Gläubiger auch eine während dieser Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung nicht „in der Art“ zu beanspruchen.

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a) Der das Insolvenzverfahren beherrschende Gleichbehandlungsgrundsatz verdrängt das Prioritätsprinzip der Einzelzwangsvollstreckung bereits in dem durch die §§ 130 bis 132 InsO besonders geschützten Zeitraum. Dieses Prinzip, das einen „Wettlauf der Gläubiger“ bedingt, führt nur so lange zu mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens im Einklang stehenden Ergebnissen, wie für die zurückgesetzten Gläubiger noch die Aussicht besteht, sich aus anderen Vermögensgegenständen des Schuldners zu befriedigen. Zwar wird der Gleichbehandlungsgrundsatz der Gläubiger in der Unternehmenskrise auch dann durchbrochen, wenn der Schuldner innerhalb der Dreimonatsfrist des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO oder nach dem Eröffnungsantrag freiwillig zahlt und der Gläubiger von der Zahlungsunfähigkeit oder dem Eröffnungsantrag weder Kenntnis hatte noch aus den Umständen auf eine solche schließen musste. In diesem Fall darf der Gläubiger die Leistung behalten, während andere Gläubiger mit ihren ebenfalls fälligen Forderungen leer ausgehen. Die gegenüber § 130 Abs. 1 InsO verschärfte Haftung nach § 131 Abs. 1 InsO rechtfertigt sich jedoch daraus, dass der Gläubiger, der staatliche Zwangsmaßnahmen in Anspruch nimmt oder androht, anders als der Gläubiger, der eine freiwillige Zahlung entgegennimmt, aktiv auf das zur Befriedigung aller Gläubiger unzureichende Vermögen des Schuldners zugreift und zugleich andere Gläubiger von einem solchen Zugriff ausschließt. In der Unternehmenskrise soll eine Ungleichbehandlung der Gläubiger nicht mehr durch den Einsatz von oder die Drohung mit staatlichen Machtmitteln erzwungen werden. Der Einsatz dieser Mittel nimmt der Leistung des Schuldners aus objektiver Sicht den Charakter der Freiwilligkeit. Muss der Gläubiger den Schuldner durch die Drohung mit der Zwangsvollstreckung zur Leistung zwingen, liegt der Verdacht nahe, dass der Schuldner nicht zahlungsfähig ist. Eine solche Leistung ist nicht insolvenzfest (BAG 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 16; 31. August 2010 – 3 ABR 139/09 – Rn. 16; vgl. auch BGH 9. September 1997 – IX ZR 14/97 – zu II 1 a der Gründe, BGHZ 136, 309; 7. Dezember 2006 – IX ZR 157/05 – Rn. 15; 17. Juni 2010 – IX ZR 134/09 – Rn. 8; 20. Januar 2011 – IX ZR 8/10 – Rn. 6; 24. Mai 2012 – IX ZR 96/11 – Rn. 2).

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b) Diese Rechtsprechung, wonach die in der kritischen Zeit durch (Drohung mit) Zwangsvollstreckung erlangte Erfüllung auch dann eine inkongruente Deckung iSv. § 131 Abs. 1 InsO darstellt, wenn der Gläubiger keine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder vom Eröffnungsantrag hatte, ist durch den Gesetzgeber legitimiert. Dies hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts mit Blick auf die Diskussion im Gesetzgebungsverfahren bereits eingehend begründet (BAG 31. August 2010 – 3 ABR 139/09 – Rn. 22 f.; vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, BT-Drucks. 16/3844 S. 11).

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c) Die dargestellte Rechtsprechung ist in der Literatur überwiegend auf Zustimmung gestoßen (vgl. MünchKommInsO/Kayser 3. Aufl. § 131 Rn. 26; Kreft in HK-InsO 6. Aufl. § 131 Rn. 9; Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 131 InsO Rn. 20; Huber in Graf-Schlicker InsO 3. Aufl. § 131 Rn. 8, 9).

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3. Die Kritik der Klägerin und des Landesarbeitsgerichts überzeugt nicht.

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a) Soweit das Landesarbeitsgericht eine Entwertung des Zwangsvollstreckungsverfahrens annimmt, übersieht es, dass der Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung (§ 1 Satz 1 Alt. 1 InsO) notwendig voraussetzt, einen Zeitpunkt festzulegen, zu dem das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip, wie es zB in § 804 Abs. 3 ZPO Ausdruck findet, zurückzutreten hat. Es ist also zu bestimmen, wie lange der Staat seine Zwangsmittel zur Verfügung stellt, um Sicherungen und Befriedigungen zu ermöglichen, die einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung entgegenstehen (vgl. BAG 31. August 2010 – 3 ABR 139/09 – Rn. 26). Letztlich ist das Interesse eines einzelnen Gläubigers an der Durchsetzung seines Anspruchs ins Verhältnis zur gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zu setzen. Der Gesetzgeber hat mit § 141 InsO dabei klargestellt, dass die Anfechtung nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die Handlung durch Zwangsvollstreckung erwirkt worden ist. Soweit die Klägerin und das Landesarbeitsgericht davon ausgehen, dass nach Abschluss des Zwangsvollstreckungsverfahrens „Rechtssicherheit und damit Rechtsfrieden“ eintreten soll, verkennen sie, dass der Gesetzgeber der Zwangsvollstreckung im Fall eines (späteren) Insolvenzverfahrens diesen Stellenwert für den definierten Zeitraum der Krise gerade nicht beigemessen hat.

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b) Dies zeigen auch die Regelungen in § 88 InsO und § 89 Abs. 1 InsO. Die dargestellte Rechtsprechung steht hierzu nicht im Widerspruch.

31

aa) Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens gemäß § 88 InsO unwirksam.

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Diese sog. Rückschlagsperre ergänzt nach ihrer Funktion das Recht der Insolvenzanfechtung (Breitenbücher in Graf-Schlicker InsO 3. Aufl. § 88 Rn. 1). Der Gesetzgeber hat sich für eine Kombination von Anfechtung und Rückschlagsperre entschieden. Die Rückschlagsperre bedeutet eine verfahrensmäßige Erleichterung, die sich insbesondere im Verfahren ohne Insolvenzverwalter auswirkt (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 137). Ohne dass die anfechtungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, verhindert die Vorschrift, dass sich einzelne Gläubiger in dem besonders kritischen Zeitraum vor Verfahrenseröffnung noch Vorzugsrechte durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verschaffen. Zudem eröffnet sie die Möglichkeit, bei sanierungsfähigen Unternehmen das durch Zwangsvollstreckungen blockierte Vermögen freizubekommen (Uhlenbruck/Uhlenbruck 13. Aufl. § 88 InsO Rn. 1). Die dargestellte Rechtsprechung zum Anfechtungsrecht greift in die Funktion des § 88 InsO nicht ein.

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bb) Das in § 89 Abs. 1 InsO bestimmte Vollstreckungsverbot während der Dauer des Insolvenzverfahrens sichert die vorhandene Masse und die Befriedigung der Insolvenzgläubiger nach den Grundsätzen des Insolvenzverfahrens. Demgegenüber hat das Insolvenzanfechtungsrecht die Aufgabe, den Bestand des den Gläubigern haftenden Schuldnervermögens dadurch wiederherzustellen, dass bestimmte, als ungerechtfertigt gewertete Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden (Kreft in HK-InsO 6. Aufl. § 129 Rn. 1 mwN). Die §§ 129 ff. InsO und das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO weisen unterschiedliche, aufeinander abgestimmte Regelungsgegenstände auf. In diese Systematik wird durch die Annahme einer inkongruenten Deckung bei Leistungen aufgrund Zwangsvollstreckung nicht eingegriffen.

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c) Der Hinweis der Klägerin auf § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO führt nicht weiter. Nach dieser Vorschrift kann das Insolvenzgericht Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagen oder einstweilen einstellen, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind. Hierbei handelt es sich gemäß § 21 Abs. 1 InsO allerdings um vorläufige Maßnahmen zur Verhütung einer den Gläubigern nachteiligen Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners vor der Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Trifft das Insolvenzgericht eine solche Maßnahme, erfolgt keine Zwangsvollstreckung. Dann stellt sich die hier streitige Problematik nicht. Unterbindet das Gericht die Zwangsvollstreckung nicht, gelten die bereits dargestellten Regelungen. Bis zum Eingreifen des Vollstreckungsverbots gemäß § 89 InsO sind Zwangsvollstreckungen zulässig. Sie können aber gemäß § 88 InsO unwirksam oder gemäß §§ 129 ff. InsO anfechtbar sein (§ 141 InsO).

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d) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt. Wie bereits dargestellt, erfordert der Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung die Bestimmung eines Zeitpunkts, zu dem das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip zurückzutreten hat. Mit der erleichterten Anfechtbarkeit werden zudem im Zeitpunkt materieller Insolvenz, die an sich eine Anwendung des Grundsatzes der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung erfordert, aus der Vollstreckungsmöglichkeit resultierende Sondervorteile beseitigt (BAG 31. August 2010 – 3 ABR 139/09 – Rn. 26).

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III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

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1. Dies wäre der Fall, wenn es sich bei den in der Zwangsvollstreckung erbrachten Leistungen der Schuldnerin um sog. Bargeschäfte gemäß § 142 InsO handeln würde und die dann allein in Betracht kommenden Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO nicht gegeben wären. Dies ist aber nicht der Fall. Es liegen keine Bargeschäfte vor, da es sich um inkongruente Deckungen handelt.

38

a) Der Ausnahmeregelung des § 142 InsO liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen. Ein Bargeschäft ist nur anzunehmen, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner im engen zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat (BGH 23. September 2010 – IX ZR 212/09 – Rn. 24; vgl. auch 7. März 2002 – IX ZR 223/01 – zu III 3 c der Gründe, BGHZ 150, 122). Zahlt der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für vom Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen, liegt nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich ein Bargeschäft vor (vgl. BAG 6. Oktober 2011 – 6 AZR 262/10 – Rn. 17, BAGE 139, 235). Dies setzt allerdings voraus, dass kein Fall inkongruenter Deckung gemäß § 131 Abs. 1 InsO vorliegt. Ein Bargeschäft setzt eine Vereinbarung zwischen Schuldner und Anfechtungsgegner über die beiderseits zu erbringenden Leistungen voraus, die im Fall einer inkongruenten Deckung – einer Leistung, die so nicht geschuldet war (§ 131 Abs. 1 InsO) – gerade fehlt (st. Rspr. des BGH 10. Mai 2007 – IX ZR 146/05 – Rn. 10; 8. März 2007 – IX ZR 127/05 – Rn. 22; 7. Mai 2009 – IX ZR 140/08 – Rn. 13; 11. Februar 2010 – IX ZR 104/07 – Rn. 29; 20. Januar 2011 – IX ZR 58/10 – Rn. 18).

39

b) Im vorliegenden Fall erfolgte, wie dargestellt, eine inkongruente Deckung iSv. § 131 Abs. 1 InsO. Folglich liegt kein Bargeschäft gemäß § 142 InsO und damit keine Beschränkung auf den Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 InsO vor.

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2. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich auch nicht als richtig, weil die allein in Betracht kommende Anfechtung gemäß § 131 Abs. 1 InsO aus anderen Gründen nicht möglich ist.

41

a) Eine Anfechtbarkeit gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist nach dem Parteivortrag allerdings nicht gegeben. Voraussetzung wäre, dass der Klägerin als Gläubigerin zur Zeit der vorgenommenen Handlungen bekannt war, dass sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte. Die Kenntnis des Anfechtungsgegners von einer Gläubigerbenachteiligung ist vom Insolvenzverwalter zu beweisen. Die Inkongruenz der Deckung kann zwar ein gemäß § 286 ZPO zu berücksichtigendes Beweisanzeichen für eine Kenntnis des Anfechtungsgegners von einer Gläubigerbenachteiligung sein, wenn er wusste, dass sich der Schuldner in einer finanziell beengten Lage befand (BGH 18. Dezember 2003 – IX ZR 199/02 – zu II 2 b bb (3) der Gründe, BGHZ 157, 242). Im vorliegenden Fall hat der Insolvenzverwalter zu den Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO jedoch keinen Vortrag erbracht.

42

b) Ob die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfüllt sind, kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen nicht selbst entscheiden. Folglich ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts gemäß § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

43

aa) Die gemäß § 129 Abs. 1 InsO erforderliche Gläubigerbenachteiligung kann trotz Masseunzulänglichkeit gegeben sein (BGH 28. Februar 2008 – IX ZR 213/06 – Rn. 13 f.).

44

bb) Die zeitlichen Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO sind nach dem Vortrag der Parteien wohl erfüllt.

45

(1) § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO setzt voraus, dass die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist. Erfasst werden auch Rechtshandlungen Dritter gegen den Schuldner, dies ergibt sich für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen schon aus § 141 InsO (vgl. Huber in Graf-Schlicker InsO 3. Aufl. § 129 Rn. 11). Eine Rechtshandlung gilt nach § 140 Abs. 1 InsO als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Die Norm bringt den Rechtsgedanken zum Ausdruck, dass der Zeitpunkt entscheiden soll, in dem durch die Handlung eine Rechtsposition begründet worden ist, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne die Anfechtung beachtet werden müsste (BGH 22. Januar 2004 – IX ZR 39/03 – zu II 2 der Gründe, BGHZ 157, 350), die Rechtshandlung also die Gläubigerbenachteiligung bewirkt.

46

Der Bundesgerichtshof hatte bereits zur Konkursanfechtung entschieden, dass die Pfändung und Überweisung einer Forderung einerseits und die Zahlung durch den Drittschuldner andererseits selbstständige Rechtshandlungen sind (BGH 21. März 2000 – IX ZR 138/99 – zu II 2 der Gründe). Die Pfändung einer bereits entstandenen Forderung ist zu dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem der Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner zugestellt wird, weil damit ihre rechtlichen Wirkungen gemäß § 829 Abs. 3 ZPO eintreten (vgl. BGH 26. Juni 2008 – IX ZR 87/07 – Rn. 10; 10. Februar 2005 – IX ZR 211/02 – zu II 1 a der Gründe, BGHZ 162, 143). Wird eine Vorpfändung nach § 845 ZPO früher als drei Monate vor Eingang des Insolvenzantrags ausgebracht, fällt aber die Hauptpfändung in den von § 131 Abs. 1 InsO zeitlich erfassten Bereich, richtet sich die Anfechtung insgesamt nach § 131 InsO (vgl. BGH 23. März 2006 – IX ZR 116/03 – Rn. 12 ff., BGHZ 167, 11). Eine Vorpfändung hat keine Absonderungskraft gemäß § 50 Abs. 1 InsO (MünchKommInsO/Ganter 3. Aufl. § 50 Rn. 66a).

47

(2) Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ging am 10. Mai 2007 beim Insolvenzgericht ein. Die Dreimonatsfrist begann somit am 10. Februar 2007 (§ 139 Abs. 1 Satz 1 InsO).

48

Wie dargestellt, kommt es nicht auf die Zeitpunkte der Belastung des Kontos der Schuldnerin, dh. der Zahlung, an. Maßgeblich ist die Zustellung der jeweiligen Pfändungsbeschlüsse an den Drittschuldner. Bei einer Kontenpfändung ist das kontoführende Kreditinstitut der Drittschuldner bezüglich des Guthabens des Schuldners. Es bleibt mangels Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unklar, zu welchen Zeitpunkten die Zustellungen hier erfolgten. Die Zahlung für den Monat Dezember 2006 war nach dem gerichtlichen Vergleich aber erst zum 23. Februar 2007 zur Zahlung fällig, das Zwangsvollstreckungsverfahren kann folglich erst innerhalb der Dreimonatsfrist eingeleitet worden sein. Die Zahlung für den November 2006 war hingegen bereits zum 2. Februar 2007 fällig. Theoretisch hätte ein Pfändungsbeschluss noch vor dem 10. Februar 2007 erwirkt und zugestellt werden können. Der Beklagte hat aber unwidersprochen behauptet, dass sogar die Vorpfändungen innerhalb der letzten drei Monate vor dem Insolvenzantrag ausgebracht wurden. Hierfür sprechen auch die Angaben in den Kontoauszügen der Schuldnerin, wonach die Zahlungen in Erledigung von Pfändungen vom 12. März 2007 und 21. Februar 2007 erfolgten. Folglich müssen die nachfolgenden Hauptpfändungen erst recht nach Beginn der Dreimonatsfrist erfolgt sein.

49

cc) Das Landesarbeitsgericht wird dennoch zu klären haben, wann die Pfändungsbeschlüsse zugestellt wurden. Es wird ferner prüfen müssen, ob die Schuldnerin zur Zeit der Handlung, dh. bei Zustellung der Pfändungsbeschlüsse, bereits zahlungsunfähig iSd. § 17 Abs. 2 InsO war (vgl. zu den Voraussetzungen BAG 6. Oktober 2011 – 6 AZR 262/10 – Rn. 23 ff., BAGE 139, 235). Der Senat kann dies nicht beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat – aus seiner Sicht konsequent – weder zum maßgeblichen Zeitpunkt noch zur Zahlungsunfähigkeit Feststellungen im Urteil getroffen und auch keine Bezugnahme gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG vorgenommen. Auch dem Sitzungsprotokoll sind keine diesbezüglichen Angaben zu entnehmen (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Fischermeier
Gallner
Krumbiegel
Augat
Cl. Peter