Rechtsberatung Alttag

Vorbeugung und Schutz bei kostenintensivem Zahnersatz

1.Kosten:
Da gerade die zahnärztliche Behandlung und die Versorgung mit Zahnersatz sowohl für gesetzlich – aber auch für privat Versicherte mit erheblichen Eigenleistungen verbunden ist, gilt es für den Patienten, sich immer vor Beginn der Behandlung umfassend sowohl über den Behandlungsplan als auch über Behandlungsalternativen und die auf ihn zu kommenden Kosten zu informieren.

Vor Beginn der Behandlung muss der Zahnarzt für den gesetzlich Versicherten einen Heil und Kostenplan erstellen, der sowohl von der Krankenkasse als auch vom Patienten genehmigt werden muss. Auch wenn dieser Plan inhaltlich nicht ohne weiteres vom Patienten nachzuvollziehen ist, ist es wichtig, dass dieser Plan vor Beginn der Behandlung durch die Kasse genehmigt wird und dass der Zahnarzt sich auch an das hält, was er dort angegeben hat. Weicht er vom Heil -und Kostenplan oder von der vorgeschriebenen Verfahrensweise ab,muss die Kasse nicht zahlen – der Patient allerdings unter Umständen auch nicht. Dieser sollte sich auch direkt über den von ihm selbst zu tragenden Eigenanteil der Behandlung informieren und ob dies auch die einzig machbare Lösung darstellt. Oftmals werden vom Zahnarzt keinerlei Behandlungsalternativen angeboten, obgleich es solche evtl. gibt und diese ggf. auch kostengünstiger sind.

 

Hinsichtlich des Eigenanteils des Kassenpatienten muss der Zahnarzt ebenfalls vor Behandlungsbeginn mit dem Patienten eine Honorarvereinbarung schließen. Bei einem Verstoß gegen diese Regel verliert der Zahnarzt seinen Honoraranspruch (OLG Düsseldorf, 8 U 76/01).

Auch der privat Versicherte kann sich vorab bei seiner Versicherung darüber informieren, welche Kosten der vom Zahnarzt beabsichtigten Behandlung diese tragen wird. Den Zahnarzt trifft diesbezüglich lediglich eine eingeschränkte Aufklärungspflicht, da er nicht mit den einzelnen Tarifen und Bedingungen der unterschiedlichen privaten Versicherungen vertraut sein muss.

Gesetzliche Krankenkassen übernehmen nur die Kosten für die so genannte Regelversorgung – etwa für Metall-, aber nicht für aufwendige Vollkeramik- oder Edelmetallkronen. Wünschen gesetzlich Versicherte exklusivere Behandlungen, müssen sie die speziellen Mehrkosten nach Vorgaben der GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) aus eigener Tasche begleichen. Bei hohen Beträgen für Zahnersatz ist es immer sinnvoll, die Meinung eines anderen Arztes zum Kostenvoranschlag und zu Behandlungsalternativen einzuholen.

Patienten können zwischen drei Versorgungsarten wählen, die Zahnärzte unterschiedlich abrechnen: Für jeden Befund haben sich Zahnärzte und Krankenkassen auf eine kostengünstige Standardbehandlung – die so genannte Regelversorgung – geeinigt. Dem Zahnarzt ist hierbei durch den so genannten Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA) vorgeschrieben, welchen Betrag er für seine Leistung bei gesetzlich Versicherten abrechnen darf. Bei einer Vollgusskrone zum Beispiel übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen etwa 50 Prozent der Kosten. Die andere Hälfte zahlt immer der Patient als Eigenanteil. Zur Kontrolle erhält er vom Arzt nach der Behandlung eine Rechnung, in der die Höhe des Krankenkassenzuschusses und sein Eigenanteil aufgeführt sind. Die Festzuschüsse beziehen sich immer auf die Durchschnittskosten einer vergleichbaren Behandlung der Regelversorgung und nicht auf die tatsächlich anfallenden Kosten. Deshalb macht der Kostenanteil oft mehr als die Hälfte der Gesamtkosten des Zahnersatzes aus.

Bei der so genannten gleichartigen Versorgung kommen zur Regelversorgung weitere Leistungen hinzu. Bei einer Krone mit Keramikverblendung rechnet der Zahnarzt beispielsweise den Mehraufwand für den zahnfarbenen Keramiküberzug des Zahnes nach der GOZ ab. Die Kassen steuern nur den Festzuschuss für die Regelversorgung bei. Die zusätzlichen Kosten bei einer gleichartigen Versorgung kommen für Versicherte noch zum üblichen Eigenanteil hinzu.

Wird eine völlig andere als die Regelversorgung als Lösung gewünscht, zum Beispiel ein Implantat anstelle einer herausnehmbaren Prothese, dann rechnet der Zahnarzt mit seinen Patienten vollständig nach der privaten Gebührenordnung ab. Versicherte erhalten von ihrer Kasse auf Antrag lediglich den Festzuschuss, den sie für die Regelversorgung erhalten hätten.

Härtefallregelung: Geringverdiener können auf Antrag den doppelten Festzuschuss von der gesetzlichen Krankenkasse erhalten. Reicht auch der doppelte Festzuschuss nicht aus, sind die Krankenkassen verpflichtet, weitere Kosten zu übernehmen. Die Höhe der Bezugsgröße wird für jedes Kalenderjahr durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.

Monatliche Einkommensgrenzen für die Härtefallregelung beim Zahnersatz 2013, Haushaltsgröße Grenzbetrag in Euro:

  • Alleinstehende: 1.078,00 € (brutto)
  • 2 Personen: 1.482,25 €
  • je weitere Person 292,50 €

Bei stark schwankenden Einkünften prüft die Krankenversicherung das Bruttoeinkommen über einen längeren Zeitraum hinweg. Außerdem berücksichtigt sie eventuelle weitere Einkünfte.

Sollte die Krankenversicherung den doppelten Festzuschuss gewähren, so gilt diese Entscheidung ausschließlich für die konkret geplante Zahnersatzversorgung, ist also nicht gültig für sämtliche Maßnahmen, welche möglicherweise einige Monate später hinzukommen. In diesem Fall ist eine erneute Antragstellung erforderlich.

Wer von den Zuzahlungen zu Arznei- und Heilmitteln befreit ist, fällt nicht automatisch unter die Härtefallregelung bei Zahnersatz. Für die Versorgung mit Zahnersatz ist stets eine gesonderte Antragstellung und Prüfung erforderlich.

Liegt das Einkommen nur geringfügig über den angegebenen Grenzwerten, so ist einerhöhter Festzuschuss durch die GKV möglich. Hier gilt die sogenannte gleitende Härtefallregelung. Die Höhe dieser zusätzlichen Beteiligung richtet sich nach der individuellen Belastungsgrenze. Ob im Rahmen der individuellen Härtefallregelung ein über den Festzuschuss hinausgehender Betrag zur Verfügung zu stellen ist, kann erst anhand der endgültigen Zahnarztrechnung ermittelt werden. Es bedarf dann zunächst einer weitergehenden Prüfung.

2.Fehler
Bei Problemen mit dem Zahnersatz muss sorgfältig zwischen der Mangelhaftigkeit des Zahnersatzes sowie fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung differenziert werden und zwar sowohl hinsichtlich des Reklamationsgegenstandes als auch in Bezug auf die Anspruchsgegner.Hinsichtlich des Zahnersatzes selbst liegt ein Werkvertrag vor, der im Allgemeinen mit dem Labor geschlossen wird. Diesbezüglich stehen dem Patienten die Gewährleistungsrechte des Werkvertragsrechts zu – innerhalb von 2 Jahren nach der Anfertigung des Zahnersatzes. Betrifft die Reklamation aber eine zahnärztliche Leistung, z.B. einen Diagnosefehler oder eine Fehlleistung beim Einsetzen oder Anpassen des Zahnersatzes, so besteht ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus dem Dienstleistungsverhältnis – dieser kann drei Jahre lang geltend gemacht werden, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Auch die Tatsache ob der Patient gesetzlich oder privat versichert ist, spielt bei der Vorgehensweise eine Rolle. Der privat Versicherte ist bei der Verfolgung seiner Ansprüche von vorneherein auf sich alleine gestellt und tut gut daran, auch rechtschutzversichert zu sein. Denn Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten erreichen schnell ebenfalls einen vierstelligen Betrag.

Für alle Versicherten gilt gleichermaßen:

Der Zahnarzt hat das Recht, bei auftretenden Problemen mit dem Zahnersatz, diesen 2-3mal nachzubessern. Der Patient sollte Datum und Inhalt der Reklamation und der Nachbesserungsarbeit genau dokumentieren. Lediglich bei einer völlig unbrauchbaren Arbeit kann der Patient direkt den Zahnarzt wechseln (LSG Schleswig-Holstein, L 5 KR 57 /06). Dies sollte jedoch mit der Krankenkasse vorher abgeklärt werden.

Ein aktuelles Urteil des OLG Thüringen vom 29.05.2012 (4 U 549/11) besagt, dass, wenn es um Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen fehlerhafter zahnärztlicher Leistung geht, der Patient keine Nachbesserung vom Zahnarzt verlangen muss, wenn er den Behandlungsvertrag bereits beendet hat und bei einem anderen Arzt in Behandlung ist. Weigert sich der Zahnarzt und bestreitet das Nachbesserungserfordernis (auch dies sollte dokumentiert werden) oder verläuft die Nachbesserung erfolglos, bleibt ebenfalls nichts anderes übrig, als zum nächsten Zahnarzt zu gehen und den aktuellen Zustand zunächst genau aufnehmen und dokumentieren zu lassen.

Und nun beginnt die eigentliche Leidensgeschichte des Patienten: denn grundsätzlich muss nun dieser mangelhafte Zustand solange erhalten bleiben, bis ein Gutachter entweder für die Krankenkasse oder im Rahmen eines Rechtsstreits die Mangelhaftigkeit des Zahnersatzes geprüft und beurteilt hat. Andernfalls, d.h. wenn der leidende Patient sich weiterbehandeln und den mangelhaften Zustand somit beseitigen lässt, kann später nur noch nach Aktenlage entschieden werden, ob eine zahnärztliche Arbeit mangelhaft war oder nicht – diese Beurteilung aus der Retrospektive ist für die Gutachter oft schwer, wenn nicht gar unmöglich. So kann der Patient ohne Begutachtung während der Behandlung später oft einen Behandlungsfehler nicht mehr nachweisen.

Stellt der Gutachter der gesetzlichen Krankenkasse die Mangelhaftigkeit des Zahnersatzes fest, hat der behandelnde Zahnarzt noch die Möglichkeit ein weiteres, sogenanntes „Obergutachten“ einzufordern, wenn er mit dem Ergebnis des Gutachtens nicht einverstanden ist. Ansonsten muss der Zahnarzt die Arbeit korrigieren oder neu anfertigen. Was dabei jedoch den vom Patienten hinzu zu zahlenden Eigenanteil betrifft, so gilt das Gleiche wie für Privatpatienten: der Patient ist bei der Rückforderung bereits geleisteter Zahlungen oder der Weigerung weiterer Zahlungen auf sich allein gestellt. So wird in den von der Krankenkasse eingeholten Gutachten in den allermeisten Fällen lediglich die Mangelhaftigkeit des aktuellen Zustandes des Zahnersatzes festgestellt und somit das Erfordernis der Nachbesserung attestiert. Dass jedoch dieser mangelhafte Zustand auf eine zahnärztliche Fehlleistung zurückzuführen ist und somit auch Ansprüche des Patienten auf Rückzahlung des Eigenanteils oder gar Schmerzensgeld begründet, lassen diese Gutachten selten durchblicken, da dies für den Auftraggeber (die Krankenkasse) nicht die Fragestellung ist. In manchen Fällen lässt sich die Ursache des mangelhaften Zahnersatzes aber auch den Gutachten der Krankenkasse deutlich entnehmen, so dass diese eine gut Grundlage bieten können, die eigenen Ansprüche des Patienten durchzusetzen.

Alternativ besteht lediglich die Möglichkeit, den Zahnersatz von einem weiteren Zahnarzt oder einem zahnärztlichen Gutachter prüfen und beurteilen zu lassen – für den Privatpatienten ohnehin die einzige Möglichkeit. Doch kommt es tatsächlich zum Streit, gilt auch ein solches Privatgutachten vor Gericht nicht als Vollbeweis. Das Gericht holt zu der Frage der Mangelhaftigkeit der zahnärztlichen Arbeit ohnehin ein eigenes unabhängiges Gutachten ein. Das zuvor erstellte Privatgutachten hilft dem Patienten trotzdem weiter, da es eine gewisse Grundlage und Sicherung im Hinblick auf die Sachlage zu einem bestimmten Zeitpunkt schafft. Weicht das Gerichtsgutachten später völlig von dem Privatgutachten ab, ist dies wiederum ein Ansatzpunkt, um vom Gericht ein neues Gutachten einholen zu lassen oder wenigstens die Widersprüche zwischen den Gutachten aufzuklären. In einem Ausnahmefall ist ein Gericht auch schon vollständig dem Privatgutachten eines Klägers gefolgt, obgleich es im Widerspruch zu dem eigenen vom Gericht eingeholten Gutachten stand. Das Gericht befand in diesem Fall das Privatgutachten für plausibler und glaubhafter als das des Gerichtsgutachters.

 

Dieser Weg über das Gericht ist langwierig und verzögert natürlich die notwendige Weiterbehandlung des Patienten und die Korrektur des Zahnersatzes um Wochen und Monate. Die Alternative ist die sofortige Weiterbehandlung und spätere Beurteilung eines Fehlers nach Aktenlage, wobei das Risiko eingegangen wird, ex post einen solchen Fehler eben nicht mehr nachweisen zu können. Wie der Patient am besten vorgehen sollte, muss injedem Einzelfall gesondert anhand des konkreten Sachverhaltes entschieden werden.
Rechtsstand: 28.01.2013