Altersteilzeit
1. Grundprinzipien der Altersteilzeit
Die Altersteilzeit soll Arbeitnehmern einen gleitenden Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand ermöglichen. Dabei wird die bisherige Arbeitszeit auf die Hälfte reduziert (meist gleichmäßig über den gesamten Zeitraum oder nach dem sogenannten Blockmodell).
Mit der Halbierung der Arbeitszeit geht die Halbierung des Gehalts einher. Diese Altersteilzeitvergütung muss jedoch vom Arbeitgeber durch zusätzlich Beträge aufgestockt werden, die sog. ATZ-Aufstockungsbeträge. Die finanziellen Einbußen im Vergleich zu einer normalen Teilzeitbeschäftigung fallen damit stets geringer aus. Je nach Höhe der verhandelten Aufstockungsbeträge sind sogar Lösungen darstellbar, die das bisherige Nettoniveau erreichen.
2. Anspruch und Voraussetzungen
Ein gesetzlicher Anspruch auf Altersteilzeit besteht grundsätzlich nicht. Arbeitgeber können, müssen aber keine Altersteilzeit anbieten.
In vielen Tarifverträgen (z. B. in der Chemie- oder Metallindustrie) oder Betriebsvereinbarungen ist die Altersteilzeit jedoch fest geregelt. In diesen Fällen hat der Arbeitnehmer in der Regel einen Anspruch auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung, soweit keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Unternehmen behalten sich häufig vor, Altersteilzeit z. B. nur für einen bestimmten Anteil der Belegschaft (etwa 5 %) zuzulassen.
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme:
- Vollendetes 55. Lebensjahr,
- in den letzten fünf Jahren mindestens 1.080 Kalendertage (rund drei Jahre) sozialversicherungspflichtige Beschäftigung,
- Abschluss der Vereinbarung vor Renteneintritt.
Beispiel: Eine Arbeitnehmerin kann mit 55 Jahren eine achtjährige Altersteilzeit vereinbaren und anschließend mit 63 Jahren nach 35 Versicherungsjahren vorzeitig in Rente gehen. Es besteht aber keine Pflicht, unmittelbar nach Ende der Altersteilzeit die Rente zu beantragen – auch eine Weiterbeschäftigung oder ein Bezug von Arbeitslosengeld ist möglich. Hier sollte vorab eine sv-rechtliche Prüfung erfolgen, ob dies zu Sperrzeiten oder anderen ungünstigen Regelungen führt.
3. Gestaltung der Arbeitszeit
Die konkrete Verteilung der Arbeitszeit wird individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart. Entscheidend ist, dass die durchschnittliche Arbeitszeit während der gesamten Dauer 50 % der bisherigen Arbeitszeit beträgt.
- Blockmodell: Beispielweise sechs Jahre ATZ mit drei Jahren Arbeit (100 %) und drei Jahren Freistellung (0 %).
- Teilzeitmodell: Über den gesamten Zeitraum wird konstant z. B. zu 50 % gearbeitet.
- Mischmodelle: Es sind auch alle weiteren Modelle möglich, wenn sichergestellt ist, dass die durchschnittlich Arbeitszeit während der gesamten Dauer bei 50 % liegt
4. Vergütung und steuerliche Aspekte
Während der Altersteilzeit erhält der Arbeitnehmer:
- das halbe bisherige Bruttogehalt (Altersteilzeitvergütung), und
- einen Aufstockungsbetrag von mindestens 20 % des bisherigen Bruttogehalts (gesetzlich vorgeschrieben).
Die Altersteilzeitvergütung unterliegt im wie gewohnt dem Lohnsteuerabzug und der Beitragspflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung. Die Beiträge werden vom Arbeitgeber einbehalten und an die zuständigen Stellen abgeführt. Die vom Arbeitgeber erbrachten Aufstockungsleistungen sind nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen steuerfrei (§ 3 Nr. 28 EStG) und sozialabgabenfrei (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SvEV), soweit sie die in § 3 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz vorgesehene Höhe nicht übersteigen.
Nach R 3.28 LStR Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz (AltTZG) sind diese auch steuerfrei, soweit sie über die im AltTZG genannten Mindestbeträge hinausgehen. Dies gilt nur, soweit die Aufstockungsbeträge zusammen mit dem während der Altersteilzeit bezogenen Nettoarbeitslohn monatlich 100 % des maßgebenden Arbeitslohns nicht übersteigen. Maßgebend ist bei laufendem Arbeitslohn der Nettoarbeitslohn, den der Arbeitnehmer im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum ohne Altersteilzeit üblicherweise erhalten hätte. Nach § 32b Abs. 1 Nr. 1g EStG unterliegt die Aufstockung jedoch dem Progressionsvorbehalt. Etwaige Lohnsteuernachforderungen des Finanzamts auf Grund des Progressionsvorbehalts gehen zu Lasten des Arbeitnehmers. Wir empfehlen eine vorherige Lohnsteueranrufungsauskunft
5. Auswirkungen auf die Rentenversicherung
Normalerweise führen geringere Einkommen zu geringeren Rentenansprüchen. Im Rahmen der Altersteilzeit ist der Arbeitgeber jedoch verpflichtet, 90 % der bisherigen Rentenbeiträge weiterzuzahlen.
Die daraus resultierenden Rentenverluste sind meist gering. Beispiel: Ein Arbeitnehmer mit 4.200 € monatlichem Bruttolohn verliert bei vier Jahren Altersteilzeit lediglich rund 16 € monatliche Rente.
Wer vorzeitig in Rente gehen will, kann Rentenabschläge durch Sonderzahlungen ausgleichen – eine vorherige Beratung durch die Deutsche Rentenversicherung ist empfehlenswert.
6. Krankheit, Sonderzahlungen und sonstige Rechte
Bei Krankheit besteht weiterhin Anspruch auf Lohnfortzahlung und bei längerer Erkrankung auf Krankengeld, berechnet jedoch ohne den Aufstockungsbetrag.
Einige Arbeitgeber gewähren freiwillig Zuschüsse – diese Möglichkeit sollte vorab vertraglich geklärt werden.
Erkrankt der Arbeitnehmer während der aktiven Phase, verlängert sich in der Regel die passive Freistellungsphase um die Krankheitszeit.
Ob Urlaubs- oder Weihnachtsgeld während der Altersteilzeit gezahlt wird, hängt von der jeweiligen Vereinbarung ab. Häufig entfallen diese Sonderzahlungen während der passiven Phase.
7. Nebentätigkeiten
Nebentätigkeiten sind während der Altersteilzeit grundsätzlich genehmigungspflichtig. Der Arbeitgeber kann diese untersagen, insbesondere bei Wettbewerbsverstößen. Empfehlenswert ist eine vertragliche Regelung, wonach eine Nebentätigkeit nur anzeigepflichtig, aber nicht genehmigungspflichtig ist.
In vielen Fällen sind lediglich Minijobs zulässig, um eine übermäßige finanzielle Besserstellung zu vermeiden.
8. Vorgehensweise bei Interesse an Altersteilzeit
Arbeitnehmer sollten sich zunächst von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) beraten lassen. Die DRV informiert über:
- den frühestmöglichen Rentenbeginn,
- mögliche Abschläge und Ausgleichszahlungen,
- individuelle Rentenberechnungen.
Anschließend sollte das Gespräch mit der Personalabteilung oder dem Betriebsrat gesucht werden, um zu klären, ob im Unternehmen Altersteilzeit angeboten wird und welche Konditionen gelten.
Die Kanzlei bolwindokters berät Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei den meist sehr individuellen Verhandlungen.
Bei Fragen kontaktieren sie gerne Rechtsanwalt Dr. Thomas Wenking.
