Oberlandesgericht Köln 26.06.2024 – I-5 U 151/22
Hat der vom Arzt nicht beachtete ärztliche Standard nicht den Zweck, einen Gesundheitsschaden, wie er infolge der ärztlichen Behandlung eingetreten ist, zu verhindern, ist der Schaden dem Arzt nicht zurechenbar und haftet dieser mangels Schutzzweckzusammenhangs nicht.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 30.11.2022 – 11 O 369/21 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das vorliegende Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme sowie der ergänzenden Anhörung des Sachverständigen Dr. C. durch den Senat ist dem Beklagten zwar ein grober Behandlungsfehler unterlaufen, indem er das am 25.07.2019 gesetzte Implantat 24 zeitweise ohne Abdeckschraube beließ. Dieser Fehler hat sich jedoch nicht nachweisbar nachteilig für die Klägerin ausgewirkt. Soweit die Klägerin dem Beklagten über die nicht angebrachte Abdeckschraube weitere Behandlungsfehler vorgeworfen hat, sind solche nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten und von dem Senat nicht zu beanstandenden Beweisaufnahme nicht erwiesen. Sie kann daher weder Rückzahlung von Zahnarzthonorar (zu Ziff. 1.) noch Zahlung eines Schmerzensgeldes (zu Ziff. 2.) von dem Beklagten verlangen.
Im Einzelnen:
Die Parteien haben einen Vertrag über die Erneuerung der Zahnprothetik im Oberkiefer der Klägerin geschlossen. Dabei handelt es sich um eine besondere Art des Dienstvertrages über Dienste höherer Art, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen werden (vgl. Grüneberg/Weidenkaff, BGB 83. Auflage, Vorb. v. § 630a Rn. 1; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht 8. Auflage, A Rn. 4 m.w.N.; BGH, Urteil vom 09.12.1974 VII ZR 182/73, BGHZ 63, 306; Urteil vom 13.09.2018 – III ZR 294/16, BGHZ 219, 298). Der Vergütungsanspruch des Zahnarztes entsteht nach Erbringung der Leistung, §§ 630a Abs. 1, 614 BGB. Der Anspruch entfällt, wenn die Leistung fehlerhaft erbracht wurde und infolge einer Kündigung des Vertrages für den Patienten kein Interesse mehr hat § 628 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 630b BGB. Die Voraussetzungen für den Entfall des Vergütungsanspruchs sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
a) Nach den auf den sachverständigen Ausführungen von Dr. C. beruhenden und durch den Senat nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts ist das Implantat 24 nicht fehlerhaft inseriert worden. Dr. C. hat zwar nach Auswertung der Behandlungsunterlagen der Nachbehandlerin Dr. Dr. O., insbesondere der durch diese gefertigten DVT vom 17.08.2020 festgestellt, dass bei Implantat 24 buccal kein Knochen vorhanden war (vgl. Seite 12 und 22 des schriftlichen Gutachtens vom 21.03.2021, Bl. 38 und 48 d.A. sowie Seite 5 des Ergänzungsgutachtens vom 15.08.2021, Bl. 60 d.A.). Dass dieser Zustand auf einen Behandlungsfehler des Beklagten zurückzuführen ist, hat Dr. C. jedoch nicht feststellen können. Er hat – anders als die Klägerin mit der Berufung geltend macht – nicht angenommen, dass bereits im maßgeblichen Zeitpunkt bei Insertion des Implantats in regio 24 Knochen nicht in ausreichender Menge vorhanden war und der Eingriff daher nicht indiziert war. Dafür, dass der Knochen schon vor der Implantation unzureichend war, hat er keine Anhaltspunkte gesehen. Dr. C. hat es für durchaus möglich gehalten, dass der Knochenabbau erst nach der Implantation infolge der Entzündung mit Fistelbildung in regio 24 stattgefunden hat.
b) Behandlungsfehler im Zusammenhang mit dem Einbringen des Implantats 25 hat das Landgericht ebenfalls zu Recht verneint. Nach den Ausführungen von Dr. C. ist zwar auf den DVT-Aufnahmen von Dr. Dr. O. vom 17.08.2020 zu sehen, dass zwei Windungen des Implantats 25 im kranialen Bereich frei lagen (S. 13 und 23 des Gutachtens vom 21.03.2021, Bl. 39 und 49 d.A.). Auch diesen Umstand hat der Sachverständige nicht auf einen Behandlungsfehler des Beklagten zurückführen können. Dr. C. hat im Rahmen seiner mündlichen Anhörung erläutert, dass die Lage des Implantats ausweislich des unmittelbar nach der Implantation angefertigten OPG in Ordnung gewesen sei (Seite 6 des Sitzungsprotokolls des Landgerichts vom 02.11.2022, Bl. 203 d.A.). Soweit sich ein Jahr nach Setzen des Implantats ein anderer Befund ergeben habe, könne auch dies auf einem zwischenzeitlich erfolgten Abbau des Knochens beruhen. Dass es nach Einfügen eines Implantats zu einer Knochenresorption von bis zu 1 mm komme, sei völlig normal (Seite 5 des Sitzungsprotokolls vom 29.05.2024, Bl. 235 der Berufungsakte).
c) Soweit die Klägerin behauptet, der Beklagte habe das Implantat 16 falsch eingesetzt, weil es mit einer Windung in die Kieferhöhle geragt habe, hat Dr. C. dem nach Sichtung der DVT der Ärztin Dr. Dr. O. vom 17.08.2020 widersprochen. Das Implantat sei, wie sich aus einem Ausschnitt der DVT ergebe, apical mit Knochen bedeckt (Seite 19 des Gutachtens vom 21.03.2021, Bl. 45 d.A. und Seite 3 des Ergänzungsgutachtens vom 15.08.2021, Bl. 58 d.A.).
d) Nach den Feststellungen von Dr. C. war die buccale Knochenlamelle vestibulär vom Implantat 16 nicht durchgängig vorhanden (Seite 20 des Gutachtens vom 21.03.2021, Bl. 46 d.A. sowie Seite 10 f des Ergänzungsgutachtens, Bl. 65f d.A.). Dass dieser Zustand auf einem Behandlungsfehler des Beklagten beruht, hat der Sachverständige nicht bestätigt. Er hat in der mündlichen Verhandlung vom 02.11.2022 ausdrücklich erklärt, dass dem Beklagten beim Setzen der Implantate keine Fehler unterlaufen seien.
e) Auch die Frage, ob der Beklagte es fehlerhaft unterlassen hat, auf den Knochenabbau zu reagieren, hat Dr. C. im Rahmen seiner mündlichen Anhörung durch das Landgericht ausdrücklich verneint. Er hat erklärt, dass der Beklagte auf den buccal fehlenden Knochen hätte reagieren können, wenn ihm dies bekannt gewesen sei. Das von ihm gefertigte OPG sei aber in Ordnung gewesen (vgl. Seite 7 des Sitzungsprotokolls, Bl. 204 d.A.).
f) Der Umstand, dass das durch den Beklagten am 15.05.2021 eingesetzte Provisorium am 20.01.2021 gebrochen ist, lässt ebenfalls nicht auf einen Behandlungsfehler des Beklagten schließen. Dr. C. hat angemerkt, dass solche Provisorien durchaus brächen, ohne dass dies auf einen Behandlungsfehler des Zahnarztes zurückgeführt werden könne (vgl. Seite 7 des Sitzungsprotokolls, Bl. 204 d.A.). Dies ist aufgrund ihrer Funktion als Interim und der vorgesehenen begrenzten Tragezeit ohne Weiteres nachvollziehbar.
g) Der Beklagte handelte nicht pflichtwidrig, weil er das gebrochene Provisorium nicht reparierte. Nach unbestritten gebliebenem Vortrag der Klägerin hat sie den Beklagten am 20.01.2021 zur Reparatur des Provisoriums aufgefordert. Zu diesem Zeitpunkt war der Behandlungsvertrag mit der Klägerin bereits beendet. Das Vertrauensverhältnis war durch die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens im September 2020 erschüttert. Eine vertragliche Pflicht zur Überarbeitung des Provisoriums oder zu einer Neufertigung bestand für den Beklagten nicht. Ein Mangel des Provisoriums, aufgrund dessen der Beklagte im Rahmen einer Gewährleistungspflicht aus § 136a Abs. 4 S. 3 SGB V hätte tätig werden müssen, ist nicht feststellbar. Der Bruch eines Provisoriums nach einer Tragezeit von 6 Monaten lässt – wie bereits ausgeführt – nicht auf einen Mangel schließen. Dass ein zahnärztlicher Notfall vorlag, auf den ausschließlich der Beklagte und nicht ein anderer Zahnarzt hin hätte tätig werden können, legt die Klägerin nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.
h) Indes geht der Senat – wie auch schon das Landgericht – nach eigener Anhörung von Dr. C. davon aus, dass der Beklagte es grob fehlerhaft unterließ, das Implantat 24 nach Abnahme des Abutments mit einer Abdeckschraube zu versehen. Die im Zusammenhang mit dem Implantat erbrachten Leistungen des Beklagten sind für die Klägerin dadurch jedoch nicht unbrauchbar geworden.
aa) Davon, dass das Implantat 24 in der Zeit vom 20.04.2020 bis zum 17.08.2020 nicht mit einer Abdeckschraube versorgt war, ist aufgrund der OPG-Aufnahme des Beklagten vom 20.04.2020, der OPG-Aufnahme von Prof. Dr. Y. vom 10.08.2020 und der DVT-Aufnahme von Dr. Dr. O. vom 17.08.2020 auszugehen. Auf den Aufnahmen ist nach den Ausführungen von Dr. C., die durch den Senat nach Einsicht in die bildgebenden Befunde überprüft und für zutreffend erachtet wurden, eine Abdeckschraube auf Implantat 24 nicht zu sehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Abdeckschraube zwischenzeitlich aufgebracht und möglicherweise durch einen der Nachbehandler wieder entfernt wurde, sind laut Dr. C. nicht vorhanden. Weder die Behandlungsunterlagen des Beklagten, noch die Dokumentationen von Prof. Dr. Y. und von Dr. Dr. O. geben einen Hinweis hierauf. Dies hat Dr. C. in der mündlichen Verhandlung vom 29.05.2024 dem Senat und den anwesenden Prozessbevollmächtigten nachvollziehbar erläutert.
bb) Wie das Landgericht zu Recht auf sachverständiger Grundlage des Gutachtens von Dr. C. festgestellt hat, war es fehlerhaft, das Implantat 24, nachdem das darauf befindliche Abutment am 10.01.2020 entfernt worden war, nicht mit einer Abdeckschraube zu versorgen. Dr. C. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung beim Landgericht erläutert, dass die Versorgung mit einer Abdeckschraube zu einer ordnungsgemäßen Behandlung gehöre. Die Implantate seien innen hohl. Wenn eine Abdeckschraube nicht aufgesetzt werde, könne es dazu kommen, dass Gewebe einwachse, welches schwer wieder zu entfernen sei. Seine Ausführungen hat der Sachverständige gegenüber dem Senat in der mündlichen Verhandlung vom 29.05.2024 noch einmal überzeugend bekräftigt. Eine Abdeckschraube habe die Aufgabe und die Funktion, den Hohlkörper des Implantats nach oben hin abzudecken, um spätere Aufbauten aufbringen zu können. Sie solle verhindern, dass Gewebe in den Hohlkörper eindringe. Die Nichtverwendung einer Abdeckschraube sei ein Behandlungsfehler. Spätestens bei Sichtung des OPG vom 20.04.2020 hätte dem Beklagten auffallen müssen, dass auf dem Implantat 24 eine Abdeckschraube gefehlt habe und er hätte eine solche einbringen müssen. Auf die Frage des Senats nach der Qualität des Fehlers hat der Sachverständige erklärt, dass das Fehlen der Schraube auf dem OPG vom 20.04.2020 eindeutig zu sehen gewesen sei. Spätestens jetzt hätte die Abdeckschraube wieder eingebracht werden müssen. Selbst wenn das Gewebe über dem Implantat am 20.04.2024 wieder zugewachsen gewesen sein sollte, hätte man es wiedereröffnen und eine Abdeckschraube einbringen müssen. Es habe keinen Grund gegeben, eine Abdeckschraube nicht einzubringen. Alternativ hätte man direkt eine Heilkappe einsetzen können. In Anbetracht dieser sachverständigen Ausführungen von Dr. C. geht der Senat von einem eindeutigen Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln und einen Fehler aus, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf und damit von einem groben Behandlungsfehler aus.
cc) Dieser Fehler hat jedoch nicht zur vollständigen Unbrauchbarkeit der im Zusammenhang mit dem Implantat 24 erbrachten Leistungen des Beklagten geführt, so dass die Klägerin die für die Einbringung des Implantats und die damit zusammenhängenden Leistungen gezahlte Vergütung nicht von dem Beklagten zurückverlangen kann. Die durch Dr. Dr. O. am 25.09.2020 erfolgte Entfernung des Implantats 24 beruht nicht nachweislich auf dem Fehlen der Abdeckschraube. Dr. C. hat die Wahrscheinlichkeit, dass zwischen der Nichtverwendung der Abdeckschraube und der Entstehung der Fistel kein Kausalzusammenhang besteht, mit nahezu 100 Prozent angegeben. Er hat dies überzeugend damit begründet, dass die Abdeckschraube nicht dazu diene, das Eindringen von Keimen in den Implantatkörper und das Entstehen von Infektionen zu verhindern, denn der Implantatkörper sei nach unten hin geschlossen. Selbst wenn Bakterien in den geschlossenen Körper des Implantats gelängen, wäre das Gewebe um das Implantat hiervon nicht betroffen. Die Nichtverwendung der Abdeckschraube habe mit der in diesem Bereich entstandenen Fistel nichts zu tun. Aufgrund dieser den Senat überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen hat der Beklagte den ihm obliegenden Kausalitätsgegenbeweis geführt.
i) Die Klägerin kann auch keine Rückerstattung der Vergütung für den am 10.01.2020 entfernten und nicht wieder eingegliederten Zahnersatz verlangen. Der Beklagte hat die vertraglich geschuldete Leistung erbracht. Davon, dass die Leistung mangelhaft und für die Klägerin nicht brauchbar war, ist nicht auszugehen. Soweit die Klägerin darauf verweist, der Zahnersatz habe wegen einer Allergie gegen Zahnersatzmaterialien entfernt werden müssen, legt sie nicht schlüssig dar, gegen welche von dem Beklagten genutzten Zahnersatzmaterialien sie allergisch reagierte und inwieweit dies dem Beklagten vor Anfertigung und Einsatz des Zahnersatzes bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Der Verweis darauf, dass sie dem Beklagten zu Beginn der Behandlung ihren Allergiepass ausgehändigt habe, genügt hierzu nicht. Welche Allergien dort eingetragen waren, insbesondere ob dort Materialien vermerkt waren, die bei der Anfertigung des Zahnersatzes verwendet wurden, trägt die Klägerin nicht vor. Sie legt auch nicht den Allergiepass vor, aus dem sich Entsprechendes entnehmen ließe.
Aus vorstehenden Gründen kann die Klägerin von dem Beklagten auch nicht die Zahlung eines Schmerzensgeldes verlangen. Es steht nicht fest, dass die Klägerin aufgrund der unterlassenen Versorgung des Implantats mit einer Abdeckschraube einen Gesundheitsschaden erlitten hat.
a) Die Entzündung mit Fistelbildung in regio 24, welche zu einem Verlust des Implantats 24 geführt hat, beruht nicht auf der grob fehlerhaften Nichtverwendung einer Abdeckschraube auf Implantat 24. Auf die Ausführungen zu Ziff. 1. h) bb) wird Bezug genommen,
Darüber hinaus ist der Gesundheitsschaden nicht von dem Schutzzweck der verletzten Sorgfaltsregel umfasst ist. Die Schadensersatzpflicht wird durch den Schutzzweck der verletzten Norm begrenzt. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen worden ist. Hierfür muss die Norm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken; die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung bzw. der geltend gemachte Schaden müssen also auch nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen. Daran fehlt es in der Regel, wenn sich eine Gefahr realisiert hat, die dem allgemeinen Lebensrisiko und damit dem Risikobereich des Geschädigten zuzurechnen ist. Der Schädiger kann nicht für solche Verletzungen oder Schäden haftbar gemacht werden, die der Betroffene in seinem Leben auch sonst üblicherweise zu gewärtigen hat. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (BGH, Urteil vom 21.05.2019 – VI ZR 299/17, juris Rn. 11; Urteil vom 17.04.2018 – VI ZR 237/17, juris Rn. 13). Nach den Ausführungen von Dr. C. im Rahmen seiner mündlichen Anhörung durch den Senat ist ein solcher Schutzzweckzusammenhang zu verneinen. Ziel und Zweck der Anbringung einer Abdeckschraube ist es, den Hohlkörper nach oben hin abzudecken, um spätere Aufbauten aufbringen zu können. Sie soll verhindern, dass Gewebe in den Hohlkörper eindringt, welches dann vor dem Aufbringen des Aufbaus aus dem Implantat wieder entfernt werden muss. Ziel und Zweck der Einbringung einer Abdeckschraube ist hingegen nicht, das Eindringen von Keimen in den Implantatkörper und sich daraus möglicherweise ergebende Infektionen zu verhindern.
b) Soweit die Klägerin geltend macht, der Beklagte habe insgesamt sechs Provisorien angefertigt, die alle keinen richtigen Sitz gehabt bzw. nicht gehalten hätten, was bei ihr zu Schmerzen geführt habe, kann die Klägerin einen Behandlungsfehler nicht beweisen. Der Sitz der Provisorien ist nicht mehr überprüfbar. Der unstreitige Umstand, dass Anpassungsarbeiten an den Provisorien stattgefunden haben, indiziert einen Verstoß gegen die zahnärztliche Kunst nicht. Im Übrigen lässt die Klägerin unberücksichtigt, dass Nacharbeiten an den Provisorien bzw. deren Neuanfertigung auch aufgrund von ästhetischen Wünschen der Klägerin vorgenommen wurden (vgl. Einträge in der Behandlungsdokumentation des Beklagten vom 05.08.2019 „das pv im ganzen kürzer gemacht, weil es ihr zu groß ist und nicht gefällt“, vom 09.08.2019 „Pv eingeschliffen wegen Ästhetik erneuert“ und vom 13.05.2020 „wir machen jetzt noch einmal neues pv, letzter Versuch Pat ästhetisch glücklich zu machen“).
Der Senat folgt den Ausführungen des Sachverständigen Dr. C.. Die von ihm im selbständigen Beweisverfahren sowie im Rahmen seiner mündlichen Anhörungen beim Landgericht und beim Senat getätigten sachverständigen Aussagen sind insgesamt überzeugend und nachvollziehbar. Die Berufung zeigt keine Gründe auf, die Zweifel an der Richtigkeit der sachverständigen Ausführungen und der darauf beruhenden Feststellungen des Landgerichts begründen könnten. Soweit die Klägerin meint, die Annahme des Sachverständigen, nach denen bei Insertion eines Implantats ein Knochenrückgang bis zu 1 mm im ersten Jahr und bis zu 0,5 mm in den Folgenjahren akzeptabel sei, widerspreche dem Stand der Wissenschaft, legt sie nicht dar, woher sie ihre angeblich dem Sachverständigen überlegene Sachkunde bezieht.
Schließlich ist auch die Rüge der Klägerin, der Sachverständigen hätte nach seiner schriftlichen Gutachtenerstattung nicht mündlich angehört werden dürfen, unberechtigt. Im Zivilprozess darf das erkennende Gericht den Sachverständigen, der im selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstattet hat, ergänzend anhören. Die mündliche Anhörung des Sachverständigen steht im Ermessen des Gerichts, § 411 Abs. 3 ZPO. Wird die Anhörung von einer Partei beantragt, ist das Gericht sogar verpflichtet, den Sachverständigen anzuhören. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Partei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann. Die Anhörung kann im selbständigen Beweisverfahren, aber auch im späteren Hauptsacheverfahren beantragt werden (vgl. Zöller/Herget, 34. Auflage, § 492 ZPO, Rn. 1).
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die entscheidungserheblichen Fragen sind ausschließlich solche des Einzelfalls.