Rechtsprechung
Die genaue Kenntnis der fachspezifischen Rechtsprechung gehört zum 1 x 1 eines Rechtsanwalts. Experten geben Ihr Wissen meistens gerne weiter. Rechtsanwältin Olga A. Voy gehört bundesweit zu den bekanntesten Vertretern der Pferdesportanwälte.
Schon sehr früh hat unsere Partnerin begonnen, die wichtigsten Urteile im Pferderecht systematisch zu sammeln. Die folgenden Entscheidungen sind dem folgenden Unterthema zuzuordnen:
Haftungs- und Versicherungsrecht im Pferdesport
OLG Celle, Urteil vom 15.02.2023 20 U 36/20
BGB §§ 242, 249, 251 Abs. 2, 254, 833 S. 1: 1. Die von einem Hund ausgehende Tiergefahr, die sich darin zeigt, dass er ein Pferd über einen längeren Zeitraum und über eine längere Strecke vor sich hertreibt, überwiegt gegenüber der von dem getriebenen Pferd als Fluchttier innewohnende Tiergefahr derart, dass die Tiergefahr des Pferdes vollumfänglich zurücktritt und der Hundehalter für die bei der Flucht des Pferdes durch wiederholte Stürze entstanden Schäden zu 100 % haftet.
2. Auch bei einem nur geringen wirtschaftlichen Wert des verletzten Tiers sind die Heilbehandlungskosten in vollem Umfang ersatzfähig, wenn der Eigentümer des verletzten Tiers ein hohes Affektionsinteresse an dem seit vielen Jahren in seinem Eigentum stehenden Tier hat, der Gesundheitszustand und die Lebenserwartung des Tiers ohne das schädigende Ereignis gut war, die Erfolgsaussichten der Heilbehandlungsmaßnahmen aus ex ante-Sicht gegeben waren und die erfolgten Heilbehandlungsmaßnahmen und damit im Zusammenhang stehenden Kosten vertretbar waren.
BGH vom 07.02.2023, VI ZR 87/22
StVG § 19 Abs. 1 Satz 1: Zur Reichweite der Haftung des Halters eines Anhängers nach § 7 Abs. 1
StVG a.F. (§ 19 Abs. 1 Satz 1 StVG n.F.).
BGH, Urteil vom 09.11.2021 VI ZR 87/20
BGB §§ 249,251 Abs. 1: Für die Bemessung des Schadens bei Verlust einer Sache kommt es auf deren objektive Eigenschaften an (hier: Wiederbeschaffungswert bei Verlust eines Pferdes).
OLG Celle, Urteil vom 04.03.2020 20 U 38/19
BGB § 833 S. 1 BGB: Ein Turnierreiter, der mit seinem Pferd an der Siegerehrung am Ende des Reitturniers teilnimmt und dabei durch ein anderes Pferd verletzt wird, hat einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 833 S. 1 BGB.
BGH, Urteil vom 20.02.2020 III ZR 55/19
BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2 Bf, § 826; Leistungs-Prüfungs-Ordnung FN §§ 1, 12; Zuchtverbandsordnung FN § 4 Nr. 10:
Die tatrichterliche Würdigung, dass derjenige, der eine bei ihm untergestellte, in fremdem Eigentum stehende Stute entsprechend einer Vereinbarung mit der Eigentümerin der Stute auf seine Kosten decken und die befruchtete Eizelle entnehmen sowie in eine ihm gehörende Austragungsstute einsetzen lässt, Züchter des daraus gewonnenen Fohlens ist, ist nicht zu beanstanden.
BGH, Urteil vom 14.02.2017 VI ZR 434/15
BGB § 833 Satz 2; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1:a) § 833 Satz 2 BGB räumt dem Tierhalter die Möglichkeit, sich von der Gefährdungshaftung des § 833 Satz 1 BGB zu entlasten, nur dann ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht worden ist, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters – d.h. einem wirtschaftlichen Zweck – zu dienen bestimmt ist.
b) Unter Erwerbstätigkeit im Sinne des § 833 Satz 2 BGB ist jede Tätigkeit zu verstehen, die auf Gewinnerzielung gerichtet ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Tätigkeit objektiv darauf angelegt ist und subjektiv von der Absicht getragen wird, Gewinn zu erzielen. Die bloße Gewinnerzielungsabsicht
als solche, die in den objektiven Umständen keinen Niederschlag findet, genügt dagegen nicht.
c) Einwendungen einer Partei gegen die erstinstanzliche Überzeugungsbildung können in der Berufungsinstanz nicht mit der Begründung als unbeachtlich angesehen werden, die Partei trage lediglich ihre eigenen, von den Beurteilungen des gerichtlichen Sachverständigen abweichenden Einschätzungen vor, ohne Rechtsfehler des Erstgerichts aufzuzeigen.
BGH, Urteil vom 12.01.2017 III ZR 4/16
BGB §§ 611, 280 Abs. 1: a) Zur Einordnung eines Vertrags über den „Vollberitt“ eines Pferdes als Dienstvertrag.
b) Ist die Schadensursache aus dem Gefahren- und Verantwortungsbereich des
Anspruchsgegners hervorgegangen und rechtfertigt die Sachlage den Schluss,
dass dieser die ihm obliegende Sorgfalt verletzt hat, so muss er sich vom Vorwurf der Vertragsverletzung entlasten; er hat hierfür darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, dass ihn kein Pflichtverstoß trifft.
c) Eine solche Beweislastumkehr kommt in Betracht, wenn ein vom Beklagten zu
betreuendes Pferd bei einem Freilauf in der Reithalle in ungewöhnlicher Weise
erhebliche Verletzungen erleidet und der Beklagte die mit dem Freilauf zusammenhängende Betreuung des Pferdes nicht geschultem Fachpersonal, sondern allein einer Praktikantin anvertraut hat, die am Unfalltag erst seit zwei Monaten in seinem Reitstall tätig war.
BGH, Urteil vom 13.01.2015 VI ZR 204/14
ZPO § 236: Wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, darf der Tatrichter auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag. Zudem muss das Gericht, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen.
BGH, Urteil vom 17.06.2014, VI ZR 281/13
BGB § 254 Abs.1: Der Schadensersatzanspruch eines Radfahrers, der im Straßenverkehr bei einem Verkehrsunfall Kopfverletzungen erlitten hat, die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können, ist jedenfalls bei Unfallereignissen bis zum Jahr 2011 grundsätzlich nicht wegen Mitverschuldens gemäß § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB gemindert.