Die Gefahr des rollenden Hängers
Wer haftet, wenn ein ordnungsgemäß abgestellter Anhänger durch ein Drittfahrzeug ins Rollen gebracht wird und dadurch einen Schaden verursacht? Dies wurde von den Instanzgerichten äußerst unterschiedlich gesehen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die von einem Anhänger ausgehende spezifische Betriebsgefahr nicht dadurch endet, dass er ordentlich abgestellt wird, sondern der Anhänger auch in diesem Zustand eine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs darstellt, die sich dann realisiert, wenn er durch Einwirkung einer Fremdkraft ins Rollen gebracht wird und dadurch einen Schaden verursacht (BGH, Urteil vom 7.2.2023, VI ZR 87/22).
Was war passiert? Am Unfalltage hatte der Hängerhalter seinen Anhänger ordnungsgemäß auf der Straße abgestellt und gesichert. Dann befuhr in der Nacht der Fahrer eines PKW diese Straße, kam in der Linkskurve von der Straße ab und verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug. Er prallte gegen ein Wohnhaus und gegen den Anhänger. Dieser wiederum geriet durch den Aufprall in Bewegung und rollte auf ein weiteres Grundstück, wodurch das Eingangstor und die Fassade des Gebäudes beschädigt wurde. Die Gebäudeversicherung des Eigentümers ersetzte vertragsgemäß dem Geschädigten den Schaden und klagte nunmehr auf Regress gegen die Haftpflichtversicherung des Anhängers. Das örtliche Amtsgericht gab der Klage statt, das Landgericht wies die Klage in zweiter Instanz ab, mit der Begründung der Schaden sei nicht durch den Betrieb des Anhängers verursacht worden. Vielmehr sei der Hänger ja durch einen anderen Verkehrsteilnehmer in Bewegung gesetzt worden. Dieser allein habe das Unfallgeschehen in Gang gesetzt – die Betriebsgefahr des abgestellten Anhängers trete dahinter zurück. Die gegen dieses Urteil beim Bundesgerichtshof eingelegte Revision hatte Erfolg. Das Gericht war der Ansicht, dass der Schaden genau durch die Gefahr ermöglicht wurde, die der (wenn auch ordnungsgemäß) abgestellte Anhänger im Straßenverkehr darstellt, nämlich auch die, durch unkontrollierte Kräfte bewegt zu werden. Die Betriebsgefahr des Anhängers komme dadurch in vollem Umfang zum Tragen und werde nicht dadurch beseitigt, dass ein Dritter die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe.
Dem dürfte allerdings wiederum nicht entgegenstehen, dass der Hängerhalter, bzw. dessen nun in vollem Umfang zunächst ersatzpflichtige Haftpflichtversicherung im Verhältnis zu Fahrer und oder Halter und Versicherung des Fahrzeugs, welches wiederum den Anhänger in Bewegung gesetzt hat, einen Ausgleich beansprucht. In dieser Konstellation müsste dann das Verhältnis zwischen Betriebsgefahr des Anhängers und Verschuldens des Fahrers abgewogen werden, durch das sich der Schaden realisiert hat.
Auch in ordnungsrechtlicher Hinsicht haftet im Übrigen der Halter eines ordnungsgemäß abgestellten Anhängers, wenn ein Dritter diesen unbefugt bewegt und dadurch eine polizeiliche Abschleppmaßnahme notwendig wird (VG Düsseldorf, Urteil vom 22.06.2021, 14 K 1736/20). Der Pferdeanhänger stand quer auf der Straße und hatte ein parkendes Auto gestreift. Die Polizei ließ den Anhänger abschleppen und erlegte dem Halter die Kosten in Höhe von 112,00 Euro dafür auf. Dieser wehrte sich gegen diese Kostenauferlegung mit der Begründung, er habe seinen Anhänger ordnungsgemäß abgestellt und gesichert. Der Anhänger wäre leicht schräg zum Bürgersteig abgestellt, mit Unterlegkeilen gesichert und die Handbremse angezogen gewesen, jemand müsse unbefugt die Keile entfernt und den Hänger ins Rollen gebracht haben. Die Klage des Anhängerhalters gegen den Gebührenbescheid über die Abschleppmaßnahme der Polizei blieb jedoch ohne Erfolg. Da die Polizei den Anhänger selbst vor Ort nicht gegen weiteren unbefugten Zugriff sichern konnte, musste dieser entfernt werden. Da man den Halter wohl erfolglos versucht hatte zu erreichen, damit dieser selbst den Anhänger abholen und entfernen konnte, war es notwendig, das Abschleppunternehmen damit zu beauftragen, um den rechtswidrigen Eingriff in den Straßenverkehr zu beenden. Hätte die Polizei den Hänger nur am Straßenrand abgestellt, wäre er wiederum dem Zugriff Unbefugter ausgesetzt gewesen, die die Handbremse hätten lösen können.
Die Halterhaftung für den Schaden an dem fremden Auto dürfte im Übrigen entfallen, wenn dieser die Schwarzfahrt nicht selbst schuldhaft ermöglicht hat. Die Kfz- Pflichthaftpflichtversicherung muss zwar dem geschädigten Dritten den Schaden trotzdem ersetzen, allerdings ohne dass dem Halter dadurch Nachteile in der Versicherung durch Höherstufung entstehen. Ein Regressanspruch der Versicherung besteht nur gegenüber dem unbefugten Täter.