Reitergruppe im Straßenverkehr muss leuchten

Gerade jetzt, wo es wieder früher dunkel wird, ist darauf zu achten, im Straßenverkehr gut sichtbar zu sein, gleich ob als Reiter, als Reitergruppe oder mit einem Pferd oder mehreren an der Hand. Ein Autofahrer, welche eine die Straße überquerende Reitergruppe zu spät gesehen hatte, wich dieser nach links aus und fuhr gegen ein Verkehrsschild. Dabei wurde ein nicht unerheblicher Sachschaden verursacht, welchen der Autofahrer zu 100 % von der Anführerin der Ponyreitgruppe ersetzt haben wollte.

Der Fahrzeugführer kam von der Bundesstraße auf die Landstraße abgebogen und fuhr mit (den dort erlaubten) 70 km/h auf die Reitergruppe zu, die gerade dabei war, die Straße zu überqueren. Er hatte diese im Dunkeln nicht gesehen, wich der Gruppe im Affekt nach links aus, um die Kollision zu verhindern und fuhr gegen ein Verkehrsschild. Der eigene Sachschaden betrug fast 15.000 €, wovon 30 % die Haftpflichtversicherung der Anführerin der Kindereitgruppe regulierte. Der Geschädigte wollte jedoch den gesamten Schaden ersetzt haben und machte diesen gerichtlich gegenüber der Reitgruppenführerin geltend, mit der Argumentation, der Unfall sei für ihn unvermeidbar gewesen, da die Gruppe nicht ausreichend beleuchtet gewesen sei und er sie deswegen nicht habe rechtzeitig wahrnehmen können. Die Aufklärung des Sachverhalts durch das Landgericht ergab jedoch, dass die beklagte Reiterin selbst mit einer Reflexionsjacke und die Kinder mit Warnwesten ausgestattet waren und der Beklagten allenfalls eine leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Dem habe die Haftpflichtversicherung bereits mit Regulierung von 30 % des Schadens Rechnung getragen. Der Unfall sei zudem für den Autofahrer vermeidbar gewesen, indem er eine Vollbremsung eingeleitet hätte, anstatt nach links auszuweichen. Die Klage wurde vom Landgericht in erster Instanz somit abgewiesen.

Der Kläger ging jedoch in Berufung, mit der Argumentation, die Gruppenführerin habe den Überquerungsvorgang eingeleitet, als er bereits auf die Landstraße eingebogen sei. Diese hätte ihn somit sehen und abwarten müssen, bis er passiert sei. Damit drang der Autofahrer in zweiter Instanz durch und bekam teilweise vom Oberlandesgericht Schleswig recht. Es stellte sich heraus, dass von dem Abbiegevorgang auf die Landstraße bis zur Reitergruppe eine Entfernung von 280 m und 3-4 Sekunden Fahrzeit bei einer unterstellten Geschwindigkeit von 70 km/h lagen und tatsächlich in dem Augenblick, in dem die Reiterin die Überquerung der Straße mit der Gruppe einleitete, sie den Autofahrer bereits hätte wahrnehmen und abwarten müssen. Rechtlich wurde nach diesem nunmehr ermittelten Sachverhalt der beklagten Reiterin ein Verstoß gegen § 10 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vorgeworfen. Danach muss, wer aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone, aus einem verkehrsberuhigten Bereich auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, sich dabei so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Diese Vorschrift gelte auch für das Überqueren einer Straße. Diesen Verstoß der Gruppenführerin wertete das Oberlandesgericht als Haftungsgrund in Höhe von 60 %. Ein zusätzlicher Verstoß gegen die Beleuchtungsvorschrift des § 28 Abs. 2 StVO liege hingegen nicht vor, weil sich diese nur an den Längsverkehr richte und keine Funktion für den fließenden Verkehr aufweise. Allerdings wies auch das Oberlandesgericht dem Fahrzeugführer ein Mitverschulden in Höhe von 40 % zu, weil er anstatt eine Vollbremsung einzuleiten, der Reitergruppe ausgewichen war und somit den Schaden selbst verursacht hatte. Dies sei allerdings lediglich als ein Fahrfehler zu werten, er habe ansonsten in gegen keinerlei Vorschriften verstoßen. Es konnte weder festgestellt werden, dass der Autofahrer zu schnell gewesen war, noch, dass er gegen das Sichtfahrgebot verstoßen habe (OLG Schleswig, Urteil vom 10.10.2023, 7 U 3/23).

Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
§ 28 Tiere

(1) Haus- und Stalltiere, die den Verkehr gefährden können, sind von der Straße fernzuhalten. Sie sind dort nur zugelassen, wenn sie von geeigneten Personen begleitet sind, die ausreichend auf sie einwirken können. Es ist verboten, Tiere von Kraftfahrzeugen aus zu führen. Von Fahrrädern aus dürfen nur Hunde geführt werden.

(2) Wer reitet, Pferde oder Vieh führt oder Vieh treibt, unterliegt sinngemäß den für den gesamten Fahrverkehr einheitlich bestehenden Verkehrsregeln und Anordnungen. Zur Beleuchtung müssen mindestens verwendet werden:

1.

beim Treiben von Vieh vorn eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht und am Ende eine Leuchte mit rotem Licht,

2.

beim Führen auch nur eines Großtieres oder von Vieh eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht, die auf der linken Seite nach vorn und hinten gut sichtbar mitzuführen ist.