Verletzung durch Kreiselmäher
Der Bundesgerichtshof hatte Ende letzten Jahres über die Entschädigung eines Verletzten bei einem Unfall zu entscheiden, der beim Mähen einer als Weideland genutzten Wiesenfläche geschah (BGH, 21.09.2021, VI ZR 726/20). Da die Kfz-Halterhaftpflicht in diesem Falle nicht einschlägig war, ging der
Geschädigte im Ergebnis leer aus. Der Fahrzeughalter mähte mit dem haftpflichtversicherten Traktor und dem von diesem angetriebenen Kreiselmäher seine Weide, als dabei durch den Mäher ein Stein hochgeschleudert wurde, der wiederum einen Mann, der sich auf dem benachbarten Grundstück am Reitplatz aufhielt, am Auge traf und dieses schwer verletzte.
Der Geschädigte nahm den Halter des Traktors und dessen Versicherung in Anspruch – über drei Instanzen im Ergebnis erfolglos. Grundsätzlich besteht nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ein Anspruch des Geschädigten auf Haftung des Kraftfahrzeughalters – bzw. nach § 115 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) auch direkt gegen dessen, wenn bei Betrieb des Fahrzeugs ein Schaden verursacht wird – verschuldensunabhängig, allein für die allgemeine Gefahr, die von dem Betrieb des Kraftfahrzeugs ausgeht. Nun urteilte das Gericht jedoch, bei Betrieb des Kreiselmähers habe die Arbeitsfunktion des Traktors im Vordergrund gestanden und nicht dessen Funktion als Fortbewegungsmittel – auch wenn er sich tatsächlich fortbewegte – so dass der Unfall nicht „bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ geschah, wie die gesetzliche Vorschrift es verlangt. Auch konnte man dem Halter selbst keinen Verstoß gegen Sorgfaltspflichten vorwerfen. Der Verletzte hielt sich auf dem angrenzenden Grundstück im Abstand von ca. 50 m zu der Weide auf. Mit dem eingetretenen Unglück konnte er nicht rechnen. Für die verschuldensunabhängige Kraftfahrzeughalterhaftung ist Voraussetzung, dass ein Rechtsgut (Gesundheit, Körper, Leben, eine Sache) bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs verletzt oder beschädigt worden ist. Bei Kraftfahrzeugen mit Arbeitsfunktionen wiederum ist erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeugs zur Fortbewegung und zum Transport besteht.
Wenn diese Funktionen bei einem Vorgang jedoch kaum noch eine Rolle spielen und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird, dann entfällt die Haftung nach § 7 StVG. In dem vorliegenden Fall, bei dem der verletzungsverursachende Stein beim Vorgang des Mähens hochgeschleudert wurde, hatte sich nach Ansicht des Gerichts nicht das Risiko verwirklicht, welches durch den Traktor als Fortbewegungsmittel hervorgerufen wird. Die Funktion des Traktors als Arbeitsmaschine stand vielmehr im Vordergrund bei der Schadensverursachung und wurde insofern nicht durch den „Betrieb eines
Kraftfahrzeugs“ geprägt.
Maßgeblich sei auch gewesen, dass sich das Unfallgeschehen weder auf einer privaten noch einer öffentlichen Verkehrsfläche ereignet habe, sondern auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche, die bestellt wurde. Dass der Schaden auf einem Privatgelände eingetreten sei, spielte hingegen keine Rolle, dies allein hätte der Kraftfahrzeughalterhaftung nicht entgegengestanden. Bei der Beurteilung der haftungsrechtlichen Natur des Einsatzes eines Kraftfahrzeugs mit Arbeitsfunktion sei es jedoch von Bedeutung, ob sich das Schadensereignis in der Nähe zu oder auf einer Straßenverkehrsfläche ereigne. Wenn bei Einsatz einer „fahrbaren Arbeitsmaschine“ dann während der Fahrt ein Schaden verursacht werde, greife – anders als in dem hier vorliegenden Fall – dann die Kfz-Halterhaftpflicht doch ein: so z.B. beim Hochschleudern eines Steins durch ein auf dem Seitenstreifen entlangfahrendes Mähfahrzeug (BGH VI ZR 115/04) oder beim Auswerfen von Streugut aus einem Streufahrzeug (BGH VI ZR 346/87). Das Argument des Klägers, der bis zur letzten Instanz seinen Anspruch auf Schadensersatz weiterverfolgte, dass der Unfall sehr wohl im Zusammenhang mit der Fortbewegung des Traktors stehe, da diese wiederum kausal für die Funktion des Mähwerks sei, verfing ebenfalls nicht bei Gericht, da nicht ersichtlich sei, dass ein Stein durch den Kreiseldreher nur während der Fahrt hochgeschleudert werden könne – im Übrigen sei dies auch nicht ausschlaggebend, so dass der Geschädigte final leer ausgehen musste.