Wer haftet beim Unfall der Reitbeteiligung?
Die Reitbeteiligung ist eine feine Sache für beide Parteien. Der Pferdebesitzer wird bei der täglichen Versorgung seines Pferdes entlastet und die Reitbeteiligung kann ein fremdes Pferd nutzen, ohne das vollständige Risiko und die Verantwortung tragen zu müssen. Nicht selten hatte sich die Rechtsprechung bereits mit den Voraussetzungen der Tierhalterhaftung im Zusammenhang mit Fremdreitern und Reitbeteiligungen auseinanderzusetzen. Ein Urteil aus dem letzten Jahr erklärte einen Haftungsausschluss in einem Reitbeteiligungsvertrag für unwirksam (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 11.4.2024, 13 S 74/23).
Gleich ob aus freundschaftlicher Verbundenheit oder mit monatlicher finanzieller Beteiligung oder Stalldienstverrichtungen als Gegenleistungen – viele Pferdehalter sind froh jemanden zu haben, er das eigene Pferd entweder regelmäßig oder unregelmäßig mitversorgt und reitet. Einige üben diese Praxis einfach aus, andere schließen schriftliche Reitbeteiligungsverträge, in denen festgehalten wird, was die beiderseitigen Rechte und Pflichten in dem jeweiligen Verhältnis darstellen. Je nach Ausgestaltung des Reitbeteiligungsverhältnisses, gleich ob schriftlich niedergelegt oder einfach nur ausgeübt, kann auch die Haftung bei einem Unfall der Reitbeteiligung unterschiedlich ausfallen. Wer zahlt Schadensersatz und Schmerzensgeld und ersetzt der Krankenkasse die Heilbehandlungskosten, wenn die Reitbeteiligung beim Reiten oder im Umgang mit dem Pferd verletzt wird? Ist es zum Beispiel so, dass die Reitbeteiligung das Pferd nahezu alleine und auch völlig weisungsfrei und eigenverantwortlich reitet und/oder einen Großteil der Kosten trägt, so kann diese schon als Mithalterin des Pferdes angesehen werden und die Haftung bei einer eigenen Verletzung somit ausgeschlossen sein. Sodann ist die frühere Rechtsprechung bei ausschließlich freundschaftlichen Verhältnissen und Gefälligkeiten unter Reiterkollegen, welche völlig ohne Kostenbeteiligung auskam, zuweilen von einem stillschweigenden Haftungsausschluss aufgrund des freundschaftlichen Arrangements und des wechselseitigen Einvernehmens ausgegangen. Diesbezüglich hat allerdings der Bundesgerichtshof entschieden, dass mit einer stillschweigenden Annahme von Haftungsverzicht auch bei Gefälligkeiten unter Freunden Zurückhaltung geboten sein muss, insbesondere dann, wenn eine Tierhalterhaftpflichtversicherung für Schäden durch das Tier bestünde, die für den Schaden eintreten müsse.
In dem vom Landgericht Saarbrücken entschiedenen Fall handelte es sich um eine klassische Reitbeteiligung, welche sich monatlich an den Kosten für das Pferd beteiligte und im Gegenzug dafür regelmäßig reiten durfte. Eines Tages ging das Pferd bei einem Ausritt mit ihr durch, die Reiterin stürzte und verletzte sich dabei. Nun klagte die Krankenkasse der Reiterin gegen die Pferdehalterin auf Ersatz der Heilbehandlungskosten aus Tierhalterhaftung. Diese gebietet grundsätzlich, dass der Tierhalter verschuldensunabhängig für Schäden, die Dritten durch sein Tier entstehen, haftet. Der Anspruch auf Schadensersatz, den somit die verletzte Reiterin gegen die Pferdehalterin hätte, geht per Gesetz auf die Krankenkasse über, was die Heilbehandlungskosten betrifft, die kausal aufgrund der unfallbedingten Verletzung entstanden sind. Nun hatten die beiden jedoch eigens in ihrem schriftlichen Reitbeteiligungsvertrag vereinbart, dass beide Vertragsparteien wechselseitig auf sämtliche Ansprüche hinsichtlich Personen-, Sach- oder Vermögensschäden verzichten, sofern diese nicht durch die Tierhalterhaftlichtversicherung abgedeckt seien und zusätzlich noch, dass die Reitbeteiligung den Tierhalter von den Ansprüchen der Kranken- und Sozialversicherung freistellt. Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht befand diese Haftungsausschlüsse für wirksam und wies die Klage der Krankenkasse ab. Das Landgericht Saarbrücken hob dieses Urteil jedoch wiederum auf und sprach der Krankenkasse den Ersatz der Heilbehandlungskosten zu, da es die Haftungsausschlussklausel in dem Reitbeteiligungsvertrag für unwirksam erachtete. Da es sich um vorformulierte Klauseln handelte, verstießen diese gegen die Vorschriften für Allgemeine Geschäftsbedingungen, nach denen Schäden für Leben, Gesundheit und körperliche Integrität gerade nicht ausgeschlossen werden können. Das Amtsgericht habe sich bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Klauseln zu Unrecht auf Rechtsprechung berufen, die in Fällen von Individualabreden ergangen sei und nicht für Musterverträge. Dies ist nämlich der entscheidende Unterschied: vereinbaren die Parteien individuell und im Einzelfall, gegenseitig auf die Haftung zu verzichten, dann kann dies wirksam sein. In Musterverträgen oder bei vorformulierten Klauseln, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten (auch wenn es sich bei den Beteiligten um Privatpersonen handelt) ist hingegen der Ausschluss von Personenschäden gerade nicht möglich.