Rechtsprechung

Die genaue Kenntnis der fachspezifischen Rechtsprechung gehört zum 1 x 1 eines Rechtsanwalts. Experten geben Ihr Wissen meistens gerne weiter. Rechtsanwältin Olga A. Voy gehört bundesweit zu den bekanntesten Vertretern der Pferdesportanwälte.

Schon sehr früh hat unsere Partnerin begonnen, die wichtigsten Urteile im Pferderecht systematisch zu sammeln. Die folgenden Entscheidungen sind dem folgenden Unterthema zuzuordnen:

Pferdekaufrecht

BGH 30.03.2022 – VIII ZR 109/20
BGB § 439 Abs. 2, § 475 Abs. 4:a) Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers setzt die Zurverfügungstellung der Kaufsache am Erfüllungsort der Nacherfüllung voraus.

b) Erfordert die Nacherfüllung hiernach eine Verbringung der Kaufsache an einen entfernt liegenden Nacherfüllungsort und fallen beim Käufer hierfür Transportkosten an, kann er im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs grundsätzlich schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten verlangen (jetzt: § 475 Abs. 4 BGB).

c) Ein solcher Anspruch auf Zahlung eines (abrechenbaren) Transportkostenvorschusses steht dem Verbraucher grundsätzlich nicht zu, wenn der Verkäufer zu einer für den Verbraucher unentgeltlichen Abholung der Kaufsache und deren Verbringung zum Erfüllungsort bereit ist.

BGH 27.05.2020 – VIII ZR 2/19
BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2; § 476 BGB (in der bis zum 31. Dezember 2017
geltenden Fassung; nunmehr § 477 BGB): „Rittigkeitsprobleme“ durch von einem Reitpferd gezeigte Widersetzlichkeiten,
etwa in Form eines gelegentlichen Durchgehens, stellen auch bei Vorliegen eines nicht mit Krankheitssymptomen verbundenen Kissing Spines-Befundes – in Ermangelung einer anderslautenden Beschaffenheitsvereinbarung oder eines besonderen Vertragszwecks – weder einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 BGB noch eine Mangelerscheinung nach Maßgabe des § 476 BGB dar.

BGH 27.05.2020 – VIII ZR 315/18
BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2: a) Der Verkäufer eines Tieres hat, sofern eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen wird, (lediglich) dafür einzustehen, dass es bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird und infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre.

b) Demgemäß wird die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die gewöhnliche oder die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch beeinträchtigt, dass aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ eine (lediglich) geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass es zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen.

BGH 30.10.2019 VIII ZR 69/18
BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2: a) Der Verkäufer eines Tieres hat, sofern eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen wird, (lediglich) dafür einzustehen, dass das Tier
bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird und infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre.

b) Demgemäß wird die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die gewöhnliche oder die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch beeinträchtigt, dass aufgrund von Abweichungen von
der „physiologischen Norm“ eine (lediglich) geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen.

c) Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für folgenlos überstandene Krankheiten und Verletzungen, wie ausgeheilte Rippenfrakturen eines als Reittier verkauften erwachsenen Pferdes, das nach Ablauf des Heilungsprozesses klinisch unauffällig ist. Weder kommt es insoweit darauf an, ob die vollständig ausgeheilten Rippenfrakturen auf einem „traumatischen Ereignis“ beruhen, noch kann die Verletzung eines Tieres in jeder Hinsicht einem
Schaden an einer Sache, etwa einem Kraftwagen, gleichgestellt werden.

BGH 09.10.2019 – VIII ZR 240/18
BGB § 474 Abs. 2 Satz 2; § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff.: a) Bei Tieren ist im Rahmen der Abgrenzung „neu“/“neu hergestellt“ und „gebraucht“ im Sinne der § 474 Abs. 2 Satz 2, § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB
nicht nur eine nutzungs-, sondern auch eine rein lebensaltersbedingte Steigerung des Sachmängelrisikos zu berücksichtigen.

b) Für die Frage, ab welchem Zeitpunkt ein noch nicht genutztes Pferd nicht mehr als „neu“ zu bewerten ist, lassen sich keine allgemein gültigen zeitlichen Grenzen aufstellen. Jedenfalls ist ein zum Zeitpunkt des Verkaufs weder gerittener noch angerittener und auch nicht einer sonstigen Verwendung (etwa Zucht) zugeführter knapp zweieinhalb Jahre alter Hengst, der schon seit längerer Zeit von der Mutterstute getrennt ist, infolgedessen über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine eigenständige Entwicklung vollzogen hat und seit längerem geschlechtsreif ist, als „gebraucht“ im Sinne von § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB beziehungsweise als nicht „neu hergestellt“ im Sinne von § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff BGB anzusehen.

Eine Klausel in Auktionsbedingungen des als Kommissionär für den Eigentümer tätig werdenden Verkäufers eines „gebrauchten“ Pferdes, die die gesetzliche Verjährungsfrist für Ansprüche des Käufers wegen eines Sachmangels des im Rahmen einer Versteigerung nach § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB verkauften Tieres auf drei Monate nach Gefahrübergang abkürzt, dabei aber die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB beachtet, hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB stand.

BGH 18.10.2017 – VIII ZR 32/16
BGB § 14 Abs. 1, § 434 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1, 2, § 437 Nr. 2, § 476: Auch bei einem hochpreisigen Dressurpferd begründet das Vorhandensein eines „Röntgenbefundes“, sofern die Kaufvertragsparteien keine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung geschlossen haben, für sich genommen grundsätzlich noch keinen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB.

BGH 18.03.2015 VIII ZR 176/14
BGB § 281 Abs.1 Satz 1, § 323 Abs.1 : Ein Käufer, der eine unverzügliche Nacherfüllung des krank gekauften Pferdes fordert, unter Ankündigung sonst rechtliche Schritte zu ergreifen, stellt dem Verkäufer einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung, das Tier auszutauschen.

BGH 15.01.2014 – VIII ZR 70/13
BGB § 476: Zur Beweislastumkehr hinsichtlich eines latenten Mangels beim Verbrauchsgüterkauf (hier: Vorschädigung der Sehnen eines Pferdes als Ursache einer akuten Verletzung).

BGH 26.01.2012 – VII ZR 164/11
BGB §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1: Ein Tierarzt, der seine Pflichten aus einem Vertrag über die Ankaufsuntersuchung eines Pferdes verletzt und deshalb einen unzutreffenden Befund erstellt hat, haftet unabhängig von einer etwaigen Haftung des Verkäufers seinem Vertragspartner auf Ersatz des Schadens, der diesem dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat.

BGH 22.12.2011 – VII ZR 7/11
BGB § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1: Ein Tierarzt, der seine Pflichten aus einem Vertrag über die Ankaufsuntersuchung eines Pferdes verletzt und deshalb einen unzutreffenden Befund erstellt hat, haftet seinem Vertragspartner auf Ersatz des Schadens, der diesem dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat.

BGB § 421: Beruht der fehlerhafte Befund darauf, dass der Tierarzt einen Mangel des Pferdes nicht erkannt oder seinem Vertragspartner nicht mitgeteilt hat, haftet er mit dem zu Schadensersatz oder Rückgewähr verpflichteten Verkäufer des Pferdes als Gesamtschuldner.

BGB §§ 779, 423: Einem mit einem Gesamtschuldner geschlossenen Vergleich kommt eine beschränkte Gesamtwirkung nur zu, wenn die Parteien den erkennbaren Willen haben, den Gesamtschuldner auch von dem Risiko zu befreien, dass der Vergleich durch einen Gesamtschuldnerausgleich ganz oder teilweise wertlos wird.

BGH 22.12.2011 – VII ZR 136/11
BGB §§ 254 Abs. 2 Satz 1 Dc, 242 Ba: Haftet der wegen eines Fehlers bei der Ankaufsuntersuchung eines Pferdes zum Schadensersatz verpflichtete Tierarzt neben dem Verkäufer als Gesamtschuldner, trifft den Käufer grundsätzlich nicht die Obliegenheit, zur Schadensminderung zunächst seine Ansprüche gegen den Verkäufer gerichtlich geltend zu machen.