Grenzen eines Auskunftsersuchens

16.03.2016 – Das Finanzamt darf Geschäftspartner des Steuerpflichtigen nur dann um Auskunft ersuchen, wenn es zuvor versucht hat, den Sachverhalt mit Hilfe des Steuerpflichtigen aufzuklären oder wenn die Finanzbehörde aufgrund konkreter Tatsachen zu dem Schluss gekommen ist, dass die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen erfolglos bleiben wird.

Hintergrund: Das Finanzamt darf an Dritte Auskunftsersuchen richten und diese zur Vorlage von Unterlagen auffordern. Auf diese Weise kann es sich z. B. an Geschäftspartner des Steuerpflichtigen wenden. Allerdings sollen Dritte nach dem Gesetz erst dann um Auskunft oder um Vorlage von Urkunden gebeten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht erfolgreich ist oder keinen Erfolg verspricht.

Streitfall: Bei dem Kläger war im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre bis 2001 eine Provisionszahlung seines Vertragspartners A in Höhe von ca. 8.000 DM festgestellt worden. Es kam zu einer Folgeprüfung für die Streitjahre 2002 bis 2004. Das Finanzamt stellte nun fest, dass der Kläger auch zu B Vertragsbeziehungen unterhalten hatte. Es richtete daher an B ein Auskunftsersuchen, ob B in den Jahren 2002 bis 2004 Provisionszahlungen an den Kläger geleistet habe. Das Finanzamt hatte den Kläger zuvor nicht um Auskunft gebeten. B teilte dem Finanzamt mit, dem Kläger keine Provision gezahlt zu haben. Der Kläger klagte gegen das an B gerichtete Auskunftsersuchen.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt das Auskunftsersuchen für rechtswidrig und gab der Klage statt: Das Finanzamt darf Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen selbst oder an Dritte bei einem hinreichenden Anlass stellen, wenn die Auskunft aufgrund konkreter Umstände oder aufgrund allgemeiner Erfahrung zur Aufdeckung steuerlich relevanter Tatsachen führen könnte. Ermittlungen ins Blaue hinein sind jedoch nicht zulässig. An Dritte soll ein Auskunftsersuchen jedoch erst dann gerichtet werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen selbst nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Im Streitfall hätte das Finanzamt daher zunächst den Kläger fragen müssen, ob er in den Streitjahren Pro-visionszahlungen von B erhalten hat. Das Finanzamt hätte sich erst dann an B wenden dürfen, wenn der Kläger bei der Sachverhaltsaufklärung nicht mitgewirkt hätte oder offenkundig gewesen wäre, dass die Mitwirkung des Klägers erfolglos bleiben wird.

Hinweis: Der BFH schränkt damit Auskunftsersuchen gegenüber Dritten ein. Denn ein solches Auskunftsersuchen kann für den Betroffenen geschäftsschädigend sein, weil seine Vertragspartner den Eindruck gewinnen könnten, der Steuerpflichtige komme seinen steuerlichen Pflichten nicht nach. Das Urteil lässt sich auch auf Vorlageverlangen gegenüber Dritten übertragen, in denen das Finanzamt den Dritten zur Vorlage von Rechnungen/Verträgen auffordert. Für den Kläger hat das BFH-Urteil zur Folge, dass er bei künftigen Außenprüfungen nicht mehr befürchten muss, dass sich das Finanzamt sogleich an seine Geschäftspartner wendet, um Auskünfte oder Unterlagen zu erhalten.