Das Kreuz mit dem Jakobskreuzkraut
Was tun gegen schädliche Einflüsse vom Nachbargrundstück?
Viele Pferdebesitzer sind leidgeprüft, was die Bekämpfung der Ausbreitung von Jakobskreuzkraut auf den eigenen Weiden betrifft. Die Pflanze hat bei Genuss durch Tiere gesundheitsschädliche bis tödliche Auswirkungen. Leider verbreitet sich das giftige Kraut in den letzten Jahren zunehmend stärker gerade auf nicht landwirtschaftlich kultivierten Flächen, Brachland, verwilderten Flächen entlang Bahngleisen oder Straßenrändern oder eben auf Pferdeweiden.
Die Pflanze erfüllt in der Landwirtschaft auch wichtige Funktionen – gleichermaßen stellt sie jedoch eine Gefahr dar. Alles Wichtige und Wissenswerte rund um den Umgang mit dem Kraut ist auf der Seite der Landwirtschaftskammer NRW (www.landwirtschaftskammer.de) nachzulesen in der Broschüre: „Jakobskreuzkraut – eine Giftpflanze auf dem Vormarsch“, die man dort auch herunterladen kann.
Doch wie ist die Rechtslage, wenn man selbst nun zwar alles Menschenmögliche unternimmt, um die eigenen Weiden frei von dem Kraut zu halten, der Nachbar jedoch nichts tut, um die Ausbreitung der Giftpflanzen zu verhindern, weil er das auch gar nicht muss? Gibt es Gesetze, die das Dulden einer Giftpflanze verbieten oder deren Entfernung gebieten? Wie viel Beeinträchtigung durch ein Nachbargrundstück ist hinzunehmen? Sowohl die Rechtsprechung als auch die Gesetzeslage ist im Hinblick auf die hier aufgegriffene Problematik leider überhaupt nicht hilfreich. Zunächst einmal existiert – zumindest in Nordrheinwestfalen- offenbar kein förmliches Gesetz welches die Bekämpfung von Jakobskreuzkraut gebietet. Dies ist in anderen Ländern, z.B. England, Irland und der Schweiz anders. In der oben genannten Broschüre der Landwirtschaftskammer findet sich dazu folgendes:
„Jakobskreuzkraut erfüllt eine wichtige biozynotische Funktion als Futterpflanze und Pollenspender für eine Vielzahl von Insekten. Auf Flächen, die keiner landwirtschaftlichen Nutzung unterliegen, ist eine Bekämpfung des Jakobskreuzkrautes nicht erforderlich, wenn sichergestellt ist, dass ein Abstand von
50 m zu landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen, insbesondere Extensivierungsflächen und Pferdeweiden, eingehalten wird.“
Danach sollte also ein Sicherheitsabstand von 50 m zu Weiden bestehen. So hat es der Nachbar eines solchen Grundstücks dennoch schwer, gegen den Wildwuchs und den Samenflug vom benachbarten Grundstück über die Grenze gerichtlich vorzugehen und dieses Recht auf Abstand auch durchzusetzen. Ein Naturereignis wie Pflanzenwuchs oder Samenflug sind grundsätzlich nämlich keine haftungsbegründenden Ereignisse. Klagen Geschädigter gegen Schädlingsbefall, Unkrautverbreitung und Samenflug vom Nachbargrundstück sind bisher in mehreren Fällen schon von Oberlandesgerichten abgewiesen worden, da es sich bei den schadensverursachenden Ereignissen um Naturereignisse handele und nicht solche, die der Nachbar direkt durch vorwerfbares Handeln begründet hat. Solange es nun kein Bekämpfungsgebot gibt, ist dem Nachbarn auch kein Nichtbeseitigen und somit ein pflichtwidriges Unterlassen vorzuwerfen.
Die Klagen scheiterten im Ergebnis daran, dass der der Nachbar das Naturereignis ja nicht selbst ausgelöst hat. Dabei ging es in einem Verfahren um einen geschädigten Bauern, der von seinem Nachbarn die Beseitigung von Distelwuchs verlangte, die seinen ökologischen Anbau von Feldfrüchten störten (OLG Schleswig, 3 U 205/91). In einem anderen Fall versuchte sich ein Grundstückseigentümer gegen das Herüberwehen von Unkrautsamen vom Nachbargrundstück zur Wehr zu setzen – ebenfalls erfolglos (OLG Düsseldorf, 9 U 205/92). Das Gericht verwies in diesem Falle auf die Aufhebung der Unkrautverordnung von 1963 und dass die Beeinträchtigung durch den Distelsamenflug nur unwesentlich und somit hinzunehmen sei. Ein Dritter Geschädigter beklagte die eingetretenen Schäden an seinen Erikakulturen, die durch den Samenflug vom verwildernden Nachbargrundstück verursacht worden waren und scheiterte ebenfalls, da der Nachbar keine Verantwortung für die Verbreitung des Unkrauts über sein Grundstück hinaus tragen musste (OLG Düsseldorf, 9 U 53/94). In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall beschwerte sich ein Weinbergbesitzer über den Mehltaubefall seiner Reben der vom vorübergehend nicht genutzten Nachbargrundstück „herübergeweht “ war. Auch hier lehnte das Gericht einen Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz gegen den Nachbarn ab, da der Schaden nicht auf eine bewusste Handlung des Beklagten sondern ein Naturereignis zurückzuführen war, dass der Beklagte auch nicht verpflichtet war zu verhindern.
Es ist fraglich, ob sich an der Argumentation der Gerichte etwas ändern würde, wenn nun Tiere durch den Fraß von Giftpflanzen sterben, die sich vom Nachbargrundstück ausgebreitet haben, solange den Eigentümer einer nicht genutzten Fläche keine Verpflichtung trifft, dies zu verhindern. Dass das Jakobskreuzkraut eine Gefahrenquelle darstellt, die das Eigentum des Nachbarn, nämlich lebende Pferde, droht zu schädigen, dürfte hingegen außer Frage stehen. Unter diesen Umständen sollte wenigstens der von der Landwirtschaftskammer empfohlene Sicherheitsabstand von 50 m zwischen den Pflanzen und den Weiden einklagbar sein.