BGH 28.10.2014 – VI ZR 125/13
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. Februar 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger, der am 9. Februar 2005 nach 31 + 1 Schwangerschaftswochen in der Frauenklinik der Beklagten geboren wurde und infolge einer Hirnschädigung unter schweren körperlichen und geistigen Behinderungen leidet, nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung und unzureichender Aufklärung über die Möglichkeit der Sectio auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch.
Die Mutter des Klägers wurde am 27. Januar 2005 nach 29 + 2 Schwangerschaftswochen wegen vorzeitiger Wehen in dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus stationär aufgenommen. Während der Schwangerschaft waren bei ihr wiederholt Nierenbeckenentzündungen aufgetreten. Außerdem litt sie unter Schwangerschaftsdiabetes. Am Tag ihrer stationären Aufnahme wurden Entzündungsparameter nachgewiesen. Die Leukozyten und der CRP-Wert waren deutlich erhöht. Bei einer Sonographie der Nieren wurde ein Harnstau auf beiden Seiten festgestellt. Der Mutter des Klägers wurden wehenhemmende Mittel und Antibiotika verabreicht. Darüber hinaus erfolgte eine medikamentöse Induktion der fetalen Lungenreife durch zweimalige Verabreichung von Celestan. Nach einem vorzeitigen Blasensprung in den frühen Morgenstunden des 9. Februar 2005 wurden die wehenhemmenden Mittel abgesetzt und die Mutter des Klägers unter fortlaufender CTG-Registrierung an einen Wehentropf angeschlossen. Ab 15.50 Uhr verzeichnete das CTG einen zunehmend auffälligen Verlauf der fetalen Herzfrequenz. Ab etwa 16.25 Uhr zeigte das CTG ein pathologisches Muster. Um 16.42 Uhr fassten die behandelnden Ärzte den Entschluss zur Notsectio. Der Kläger wurde um 16.59 Uhr geboren und musste reanimiert werden. Bis um 18. Februar 2005 wurde er beatmet.
Wegen verschiedener subarachnoidaler und epikranieller Blutungen, akuten Nierenversagens, Leberinfarkts, Cholestase bei Leberinfarkt und Hämolyse sowie akuter Blutungsanämie und cerebralen Krampfanfällen ist er schwerstbehindert. Eine histologische Untersuchung der Plazenta nach der Geburt des Klägers ergab das Vorliegen einer akuten eitrigen Chorioamnionitis bei der Mutter des Klägers. Das Landgericht hat mehrere Behandlungsfehler angenommen, die es in ihrer Gesamtheit als grob qualifiziert hat. Es hat festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den im Zusammenhang mit seiner Geburt am 9. Februar 2005 entstandenen und noch entstehenden immateriellen und materiellen Schaden zu ersetzen, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist oder übergeht. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, deren Haftung allerdings auf eine unzureichende Aufklärung über Behandlungsalternativen gestützt und den Feststellungsausspruch zur Klarstellung dahingehend umformuliert, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den aus dem ohne wirksame Einwilligung erfolgten Versuch einer vaginalen Geburt mit anschließender Notsectio am 9. Februar 2005 entstandenen und noch entstehenden immateriellen und materiellen Schaden zu ersetzen, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist oder übergeht. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte hafte wegen unzureichender Aufklärung der Mutter des Klägers über die Möglichkeit der Schnittentbindung. Hierauf könne sich der Kläger berufen, weil er in den Schutzbereich des Behandlungsvertrags zwischen seiner Mutter und der Beklagten einbezogen gewesen sei. Zwar sei die Mutter des Klägers zu Beginn der Behandlung im Krankenhaus der Beklagten über die grundsätzliche Möglichkeit eines Kaiserschnitts aufgeklärt worden. Zu diesem Zeitpunkt seien sowohl der Schwangerschaftsdiabetes als auch die wiederholten Nierenbeckenentzündungen, das starke Erbrechen in der Frühschwangerschaft und die vorzeitige Wehentätigkeit, derentwegen die Mutter des Klägers an die Beklagte überwiesen worden sei, bekannt gewesen. Die Mutter des Klägers habe sich in Kenntnis der problematischen Schwangerschaft für eine vaginale Entbindung entschieden. Hierdurch sei aber nicht eine nochmalige Aufklärung der Mutter des Klägers für den Fall einer erheblichen Änderung der Gefahrenlage für Mutter oder Kind entbehrlich geworden. Allerdings sei die Beklagte nicht schon am 6. Februar 2005 zu einer nochmaligen Aufklärung verpflichtet gewesen. An diesem Tag habe sich der Kaiserschnitt noch nicht als gleichwertige Behandlungsalternative dargestellt. Zwar habe an diesem Tag wahrscheinlich schon ein Amnioninfektionssyndrom vorgelegen. Mangels Blasensprungs sei dies aber nicht klar erkennbar gewesen. Die erhöhten Entzündungsparameter und die vorzeitige Wehentätigkeit hätten auch durch eine Nierenbeckenentzündung hervorgerufen worden sein können. Außerdem sei am 6. Februar 2005 die Phase der frühen Frühgeburt noch nicht verstrichen gewesen, weshalb eine Verlängerung der Tragzeit wünschenswert und vorteilhaft gewesen sei. Der Blasensprung in der Nacht vom 8. Februar 2005 habe aber eine nochmalige Aufklärungspflicht der Beklagten ausgelöst. Denn hierdurch sei eine Änderung der Gefahrenlage eingetreten. Mit dem Blasensprung habe der Verdacht eines Amnioninfektionssyndroms nahegelegen und die Schnittentbindung habe als gleichwertige Behandlungsalternative zu einer vaginalen Entbindung angesehen werden müssen. Nach dem Blasensprung sei ein Aufklärungsgespräch mit der Mutter des Kindes aber nicht mehr erfolgt. Mangels hinreichender Aufklärung müsse die Beklagte deshalb für alle Schäden einstehen, die auf den Versuch einer vaginalen Entbindung zurückzuführen seien. Der Senat sei davon überzeugt, dass die mechanischen Belastungen des Klägers durch die fehlgeschlagene vaginale Geburt mit anschließender Notsectio für seine Schädigung mitursächlich gewesen seien. Wäre statt des vaginalen Entbindungsversuchs sofort eine Sectio veranlasst worden, wäre der Kläger geringeren mechanischen Belastungen ausgesetzt gewesen. Die mechanischen Belastungen der notfallmäßig vorgenommenen Schnittentbindung bei Entwicklung des Klägers aus kontrahiertem Uterus seien zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu befürchten gewesen. Die Haftung der Beklagten erfasse trotz Mitursächlichkeit anderer schicksalhafter Faktoren den ganzen Schaden des Klägers, weil die nicht durch die mechanische Belastungen unter der vaginalen Geburt und dem Notkaiserschnitt erklärbaren Hirnblutungen nicht zu einem abgrenzbaren Schadensteil geführt hätten. Auf das Vorliegen der vom Landgericht angenommenen Behandlungsfehler komme es deshalb nicht an.
II.
Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger im Revisionstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten war, auf Antrag der Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis des Klägers, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 – V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82).
Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Ärzte der Beklagten hätten die Mutter des Klägers trotz der bereits am 27. Januar 2005 erfolgten Aufklärung über die Möglichkeit der Schnittentbindung am 8. Februar 2005 nochmals über diese Behandlungsalternative unterrichten müssen, wird von den getroffenen Feststellungen nicht getragen.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Aufklärung über eine alternative Behandlungsmöglichkeit erforderlich, wenn für eine medizinisch sinnvolle und indizierte Therapie mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten (vgl. Senatsurteile vom 22. September 1987 – VI ZR 238/86, BGHZ 102, 17, 22; vom 13. Juni 2006 – VI ZR 323/04, BGHZ 168, 103 Rn. 13; vom 17. Mai 2011 – VI ZR 69/10, VersR 2011, 1146 Rn. 10, jeweils mwN). Gemäß diesem allgemeinen Grundsatz braucht der geburtsleitende Arzt in einer normalen Entbindungssituation, in der die Schnittentbindung medizinisch nicht indiziert und deshalb keine echte Alternative zur vaginalen Geburt ist, ohne besondere Veranlassung die Möglichkeit einer Schnittentbindung nicht zur Sprache zu bringen. Anders liegt es aber, wenn für den Fall, dass die Geburt vaginal erfolgt, für das Kind ernstzunehmende Gefahren drohen, daher im Interesse des Kindes gewichtige Gründe für eine Schnittentbindung sprechen und diese unter Berücksichtigung auch der Konstitution und der Befindlichkeit der Mutter in der konkreten Situation eine medizinisch verantwortbare Alternative darstellt. In einer solchen Lage darf sich der Arzt nicht eigenmächtig für eine vaginale Geburt entscheiden. Vielmehr muss er die Mutter über die für sie und das Kind bestehenden Risiken sowie über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Entbindungsmethoden aufklären und sich ihrer Einwilligung für die Art der Entbindung versichern (vgl. Senatsurteile vom 6. Dezember 1988 – VI ZR 132/88, BGHZ 106, 153, 157; vom 19. Januar 1993 – VI ZR 60/92, VersR 1993, 835, 836; vom 16. Februar 1993 – VI ZR 300/91, VersR 1993, 703, 704; vom 25. November 2003 – VI ZR 8/03, VersR 2004, 645, 647; vom 14. September 2004 – VI ZR 186/03, VersR 2005, 227; vgl. zur Einwilligung allgemein: Senatsurteil vom 14. Februar 1989 – VI ZR 65/88, BGHZ 106, 391, 397 f.). Gleiches gilt, wenn aufgrund konkreter Umstände die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im weiteren Verlauf eine Konstellation eintritt, die als relative Indikation für eine Schnittentbindung zu werten ist. Eine – vorgezogene – Aufklärung über die unterschiedlichen Risiken und Vorteile der verschiedenen Entbindungsmethoden ist deshalb bereits dann erforderlich, wenn deutliche Anzeichen dafür bestehen, dass sich der Zustand der Schwangeren bzw. der Geburtsvorgang so entwickeln können, dass die Schnittentbindung zu einer echten Alternative zur vaginalen Entbindung wird (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 1993 – VI ZR 300/91, VersR 1993, 703, 704 f. = NJW 1993, 2372, 2373 f. mit Anmerkung Laufs/Hiersche; vom 17. Mai 2011 – VI ZR 69/10, VersR 2011, 1146 Rn. 11 = MedR 2012, 252 mit Anmerkung Schmidt-Recla). Denn nur dann wird das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren, die die natürliche Sachwalterin der Belange auch des Kindes ist (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2011 – VI ZR 69/10, VersR 2011, 1146 Rn. 10), gewahrt. Bei der Wahl zwischen vaginaler Entbindung und Schnittentbindung handelt es sich für die davon betroffene Frau um eine grundlegende Entscheidung, bei der sie entweder ihrem eigenen Leben oder dem Leben und der Gesundheit ihres Kindes Priorität einräumt. Das Recht jeder Frau, selbst darüber bestimmen zu dürfen, muss möglichst umfassend gewährleistet werden (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 1993 – VI ZR 300/91, VersR 1993, 703, 704; vom 17. Mai 2011 – VI ZR 69/10, VersR 2011, 1146 Rn. 11).
Besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass die Schnittentbindung im weiteren Verlauf als relativ indiziert anzusehen sein wird, und klärt der Arzt die Schwangere in Hinblick darauf über die verschiedenen Entbindungsmethoden und die mit ihnen im konkreten Fall verbundenen Risiken auf, so muss er die Schwangere grundsätzlich nicht nochmals über die Möglichkeit der Schnittentbindung unterrichten, wenn die ernsthaft für möglich gehaltene Entwicklung eingetreten und die Sectio zur gleichwertigen Behandlungsalternative geworden ist. Der Arzt braucht die erfolgte Aufklärung in einem solchen Fall nicht zu wiederholen. Denn er hat der Schwangeren bereits die zur eigenverantwortlichen Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts erforderliche Entscheidungsgrundlage vermittelt (informed consent) und damit seine Verpflichtung zur Aufklärung erfüllt.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich nachträglich – sei es aufgrund einer Veränderung der Situation, sei es aufgrund neuer Erkenntnisse – Umstände ergeben, die zu einer entscheidenden Veränderung der Einschätzung der mit den verschiedenen Entbindungsmethoden verbundenen Risiken und Vorteile führen und die unterschiedlichen Entbindungsmethoden deshalb in neuem Licht erscheinen lassen. In einem solchen Fall hat der Arzt die Schwangere zur Wahrung ihres Selbstbestimmungsrechts und ihres Rechts auf körperliche Unversehrtheit über das veränderte Nutzen-Risiko-Verhältnis – beispielsweise über nachträglich eingetretene oder erkannte Risiken der von ihr gewählten Entbindungsmethode – zu informieren und ihr eine erneute Abwägung der für und gegen die jeweilige Behandlungsalternativen sprechenden Gründe zu ermöglichen. Denn nur dann wird ihre Entscheidung von einer ausreichenden Grundlage getragen (vgl. Senatsurteile vom 25. März 2003 – VI ZR 131/02, VersR 2003, 1441 Rn. 20, 23; vom 14. September 2004 – VI ZR 186/03, VersR 2005, 227, 228; MünchKomm-BGB/Wagner, 6. Auflage, Rn. 809, 826; Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12. Aufl., Rn. 442, jeweils mwN). Eine solche Fallgestaltung kann beispielsweise dann gegeben sein, wenn sich das bereits aus anderen Gründen gesteigerte Risiko, das Kind könnte bei einer vaginalen Entbindung wegen der mechanischen Widerstände in dem natürlichen Geburtsweg geschädigt werden, durch eine Lageänderung des Kindes (z.B. in die Steißlage) nachträglich erhöht (vgl. zur Steißlagengeburt: Senatsurteil vom 6. Dezember 1988 – VI ZR 132/88, NJW 1989, 1538, 1540 – in BGHZ 106, 153, 159 nicht vollständig abgedruckt).
2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, dass am 27. Januar 2005 die ernsthafte Möglichkeit bestand, dass es zu einer sehr frühen Frühgeburt (28 + 0 bis 31 + 6 Schwangerschaftswochen) des Klägers kommen und eine Schnittentbindung zu einer echten Alternative zur vaginalen Entbindung werden würde. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war die Mutter des Klägers wegen vorzeitiger Wehen nach 29 + 2 Schwangerschaftswochen stationär aufgenommen worden. Bei ihr waren verschiedene Risikofaktoren gegeben – so u.a. der Schwangerschaftsdiabetes und deutlich erhöhte Entzündungsparameter – weshalb ihr wehenhemmende Mittel und Antibiotika verabreicht wurden. Darüber hinaus erfolgte eine medikamentöse Induktion der fetalen Lungenreife durch mehrfache Injektion von Celestan. Schließlich wurde die Mutter des Klägers über die Möglichkeit eines Kaiserschnitts aufgeklärt. In Kenntnis der problematischen Schwangerschaft und der vorzeitigen Wehentätigkeit entschied sie sich für eine vaginale Entbindung.
Trotz der am 27. Januar 2005 erfolgten und vom Berufungsgericht nicht für unzureichend erachteten Aufklärung der Mutter des Klägers hat das Berufungsgericht nach dem in der Nacht vom 8. Februar 2005 eingetretenen Blasensprung eine „nochmalige“ Aufklärung über die Möglichkeit der Schnittentbindung gefordert, weil diese nunmehr als gleichwertige Behandlungsalternative zur vaginalen Entbindung anzusehen sei. Dieser Umstand allein genügt aber nach den Ausführungen unter Ziffer 1 nicht, um eine Verpflichtung zur ergänzenden Aufklärung zu begründen. Feststellungen dazu, dass sich die Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung der Frage, ob eine Sectio oder eine vaginale Entbindung durchgeführt werden sollte, entscheidend verändert hatte und die mit einer vaginalen Entbindung verbundenen Risiken für den Kläger aufgrund nachträglich eingetretener Umstände oder Erkenntnisse höher einzuschätzen waren als am 27. Januar 2005, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es hat im Gegenteil ausdrücklich festgestellt, dass die Voraussetzungen für die vaginale Entwicklung des Klägers nach wie vor gegeben gewesen seien. Aufgrund des mittlerweile gegebenen Verdachts eines Amnioninfektionssyndroms sei zwar die Beendigung der Schwangerschaft geboten gewesen; die Wahl des vaginalen Entbindungsweges sei bei der hier gegebenen spontanen Wehentätigkeit und Kopflage jedoch nicht zu beanstanden gewesen. In den Leitlinien werde bei Vorliegen eines Amnioninfektionssyndroms lediglich eine zügige Entbindung, aber keine bestimmte Entbindungsmethode empfohlen.
3. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die noch erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren Einwänden der Revision zu befassen. Für das weitere Verfahren weist der erkennende Senat darauf hin, dass die Mitursächlichkeit der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich nur dann nicht gleichsteht, wenn feststeht, dass die von der Behandlungsseite gesetzte Schadensursache nur zu einem abgrenzbaren Teil des Schadens geführt hat (Teilkausalität). Entgegen der Auffassung der Revision ist hierfür nicht maßgeblich, ob die Schadensursachen abgrenzbar sind. Entscheidend ist vielmehr, ob die eingetretenen Schäden abgrenzbar auf unterschiedliche Ursachen zurückgeführt werden können (vgl. Senatsurteil vom 20. Mai 2014 – VI ZR 187/13, VersR 2014, 1130 Rn. 25 mwN).