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OLG Hamm, Urteil v. 09.11.2015, 3 U 68/15

Gründe:

A.
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen angeblicher Behandlungsfehler sowie fehlender wirksamer Einwilligungserklärung wegen Aufklärungsmangels unter näherer Darlegung im Einzelnen auf Ersatz des Verdienstausfalls, Ersatz des Rentenausfalls, Schmerzensgeld (mindestens 50.000,00 €) und Schmerzensgeldrente (mindestens 1.000,00 € monatlich ab Mai 2013) und Feststellung wegen einer Operation vom 28.10.2010 an ihrem rechten Kniegelenk in der Sportklinik I, deren Träger der Beklagte zu 1) ist, in Anspruch.

Die am 05.02.1948 geborene Klägerin litt unter Bewegungsschmerzen am rechten Knie, die nach ihren Angaben auf altersbedingten Verschleiß zurückzuführen waren. Vom 07.01. bis 10.01.2009 wurde sie stationär im F Krankenhaus C H behandelt. Es wurde eine arthroskopische Innen-Meniskusresektion partiell, eine Resektion der Plica synovalis und eine Chondroplastik am rechten Kniegelenk vorgenommen. Bei einem weiteren stationären Aufenthalt im F Krankenhaus C H vom 16.09. bis 29.09.2009 wurde der Klägerin bei medialer Gonarthrose rechts, Plica infrapatellaris rechts, Innenmeniskushinterhornläsion rechts eine mediale Schlittenprothese im rechten Kniegelenk implantiert. Vom 10.12. bis 16.12.2009 befand sich die Klägerin erneut in stationärer Behandlung im F Krankenhaus C H. Es wurde ein Femoraliskatheter angelegt und eine Schmerztherapie mit einem Naropinperfusor sowie intensive Physiotherapie wegen persistierender Schmerzen am rechten Unterschenkel und Oberschenkel medialseitig und Bewegungseinschränkung durchgeführt. Im Arztbrief vom 18.12.2009 sind als Diagnosen „Neuropathischer Schmerz am rechten Unterschenkel bei Z.n. Impantation einer medialen Schlittenprothese (Oxford-Prothese) bei medialer Gonarthrose rechts“ aufgeführt.

Am 12.03.2010 stellte sich die Klägerin erstmals im Haus des Beklagten zu 1) bei dem Beklagten zu 2) wegen persistierender Gonalgie bei Status nach Implantation einer medialen Schlittenprothese rechts vor. Eine Lockerung der Prothese ließ sich anhand der zur Verfügung gestellten Röntgenbilder nicht nachweisen, klinisch auszuschließen war diese jedoch nicht. Zur weiteren Abklärung einer möglichen Frühlockerung der Prothese wurde die Durchführung einer 3-Phasen-Skelettszintigraphie und eine erneute Wiedervorstellung im Sommer empfohlen. Die 3-Phasen-Skelettszintigraphie wurde am 15.04.2010 in der Praxis am C in C H durchgeführt. Am 07.07.2010 stellte sich die Klägerin erneut im Haus des Beklagten zu 1) bei dem Beklagten zu 2) vor, der eine Lockerung der medialen Schlittenprothese rechtes Kniegelenk diagnostizierte und eine Wechseloperation empfahl. Der weitere Inhalt des Gesprächs zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) ist ebenso streitig wie die Frage, ob die Klägerin am 07.07.2010 nach einem Aufklärungsgespräch zum einen den proCompliance-Bogen „Dokumentierte Patientenaufklärung“ „Wechsel einer Kniegelenkendoprothese“ und zum anderen einen klinikeigenen Bogen, der mit u.a. mit „Implantation einer Hüft-Knie-Totalendoprothese / Austauschoperation“ und „Allgemeine und spezielle Risiken/Komplikationsmöglichkeiten“ überschrieben ist, unterzeichnete.

Am 27.10.2010 wurde die Klägerin zur Durchführung der Wechseloperation im Haus des Beklagten zu 1) aufgenommen. Die Aufnahmeuntersuchung führte der Beklagte zu 3) durch. Der Inhalt des dabei geführten Gesprächs zwischen dem Beklagten zu 3) und der Klägerin ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig fand am 27.10.2010 zwischen dem Beklagten zu 4) und der Klägerin ein Anästhesieaufklärungsgespräch statt, in dessen Verlauf die Klägerin einen DIOmed-Aufklärungsbogen Narkose/Regionalanästhesie unterzeichnete, in dem unter „Narkose“ als vorgesehene Maßnahmen „Larynxmaske“ und „Intubationsnarkose“ angekreuzt waren.

Am 28.10.2010 führten die Beklagten zu 2) und 3) eine Knieprothesenrevision mit Explantation der medialen Schlittenprothese und Implantation einer modularen Sonderprothese durch. Der Beklagte zu 4) war der zuständige Anästhesist. Die Operation erfolgte teilweise in Blutsperre. Am 08.11.2010 wurde die Klägerin aus der stationären Behandlung bei reizlosen Wundverhältnissen und zwischen den Parteien streitiger Mobilität entlassen.

Vom 29.11. bis zum 31.12.2010 absolvierte die Klägerin eine ambulante Reha bei der Rehatraining GmbH in M. Der ärztliche Entlassungsbericht vom 12.01.2011 enthält als Diagnosen 1. Z.n. Knie-TEP-Wechsel re. am 28.10.2010 bei Frühlockerung einer Schlittenprothese aus 2009, 2. Lumbale und sonstige Bandscheibenschäden mit Radikulopathie re mit Quadricepsschwäche“. Unter „Erläuterungen und gegebenenfalls weitere Empfehlungen“ ist ausgeführt: „Neurologische Abklärung der Parese des re. Beines. Kontrolluntersuchung in der operierenden Klinik.“

Am 04.01.2011 stellte sich die Klägerin ambulant bei dem Neurologen T in S vor. Dieser kam zu folgender Beurteilung: „Klinisch und elektrophysiologisch spricht der Befund für einen femoralis Schaden rechts, mit guter Prognose. Ich empfehle orthopädische Weiterbehandlung, intensive Physiotherapie und ein MRT der LWS, um zusätzlich bei Lumbago discogene oder knöcherne Raumforderungen auszuschließen. Eine Wiedervorstellung mit Bildern und Befund in circa drei Monaten ist sinnvoll.“

Am 26.01.2011 stellte sich die Klägerin erneut im Haus des Beklagten zu 1) vor. Es wurde ein Status nach Knieprothesenwechsel von gelockerter medialer Schlittenprothese auf tib. achsgeführte Knieprothese re. vor 4 Monaten, postoperativ persistierende Schmerzhaftigkeit und Bewegungseinschränkung sowie N. femoralis-Läsion, unklare Psoasschwäche diagnostiziert. Weiter ist in dem Arztbrief vom 26.01.2011 ausgeführt: „Nach der Wechseloperation besteht bei der Pat. aktuell noch eine eingeschränkte Beweglichkeit mit Belastungsschmerzhaftigkeit, Schwellung und Missempfindungen sowie Berührungsempfindlichkeit der Kniescheibenregion und des vorderen Unterschenkels. Eine Kraftminderung des Oberschenkels hatte eine neurologische Untersuchung zur Folge, welche eine Druckläsion des N. femoralis, mutmaßlich durch die Oberschenkelblutleere bei der Operation bedingt erwarten lässt.“Nach Durchführung eines MRT der LWS am 03.03.2011 in der S-Radiologie am W Zweigpraxis C H-C1 stellte sich die Klägerin am 16.03.2011 erneut zur Kontrolluntersuchung im Haus des Haus des Beklagten zu 1) vor. Im Arztbrief vom 16.03.2011 ist ausgeführt: „Die mittlerweile durchgeführte kernspintomographische Untersuchung der LWS ergibt keinen Hinweis für eine sensomotorische Beeinträchtigung des re. Beins durch Bandscheibenvorfall oder Spinalstenosen. Lediglich breitbasige Protrusionen sind hier in den dist. Anteilen zu erkennen, welche die Problematik erklärt. Auch beidseitig sind Muskelbäuche des Psoas gut erkennbar. Letztlich bleibt lediglich die Kraftminderung im Oberschenkel für ein nicht ausreichendes Funktionieren des re. Beins als Ursache.“

In der Zeit ab Mai 2011 bis ins Jahr 2014 stellte sich die Klägerin bei diversen Kliniken zur Untersuchung vor, insbesondere in den Unikliniken C, L, I und H1 sowie bei weiteren Stellen. Auf die entsprechenden Berichte in der Gerichtsakte und den Krankenunterlagen wird Bezug genommen.Die Klägerin hat behauptet, es sei bei der am 28.10.2010 durchgeführten Prothesenwechseloperation aufgrund einer nicht veranlassten Gewalteinwirkung zu einer Läsion des Plexus lumbosacralis mit vollständiger Femoralisparese und partieller Peroneusparese gekommen. Der Nervenstrang sei gequetscht worden. Für eine solche Quetschung seien mehrere Ursachen denkbar, wie z.B. falsche Lagerung während des Eingriffs, Abstützen des Operateurs auf dem Oberschenkel, Abdrücken der Beinarterie wegen erheblicher Blutverluste. Für Letzteres könne sprechen, dass sie in erheblichem Umfang Blutkonserven erhalten habe. Der Operationsbericht vom 28.10.2010, in dem ein komplikationsloser Verlauf der Operation beschrieben worden sei, sei von Seiten der Beklagten nachträglich verfälscht worden. Es treffe nicht zu, dass die Operation in Vollnarkose ohne zusätzliche Anlage eines Schmerzkatheters durchgeführt worden sei. Vielmehr sei ihr im postoperativen Verlauf ein Katheter aus dem Rücken entfernt worden. Hierbei müsse es sich um einen Schmerzkatheter gehandelt haben. Über die Risiken der Operation, insbesondere über das Risiko einer Nervenschädigung, sei sie nicht aufgeklärt worden. Der Beklagte zu 2) habe erklärt, dass der Eingriff für die Klinik bzw. die dort tätigen Ärzte ein Tagesgeschäft sei, das keine andere Klinik in Deutschland routinierter erledigen könne. Lediglich der Beklagte zu 4) habe am 27.10.2010 im Rahmen seiner Befragung zur Anamnese und zur Fremdbluttransfusion Risiken zur Sprache gebracht, dies aber nur im Zusammenhang mit der Narkose und der möglicherweise in Betracht kommenden Bluttransfusion.

Die bei der Operation am 28.10.2010 verursachte Nervenschädigung habe zu einer dauerhaften Funktionsbeeinträchtigung ihres rechten Beines geführt. Vor dieser Operation habe sie zwar im rechten Bein Schmerzen gehabt, habe aber das Bein im Wesentlichen uneingeschränkt bewegen können. Nach dem Eingriff vom 28.10.2010 sei dies nicht mehr der Fall. Sie sei nunmehr auf Dauer gehbehindert und könne sich nur noch mit Hilfe von zwei Krücken oder auch nur in einem Rollstuhl fortbewegen. Ihr drohe die Versteifung des rechten Kniegelenks und im schlimmsten Fall sogar die Amputation des Beines oberhalb des Kniegelenks. Der Austausch der Kniegelenksprothese sei regelmäßig nicht mit dem Risiko einer Nervenschädigung verbunden. Es sei daher bereits prima facie bewiesen, dass ihre dauerhafte Gehbehinderung durch einen ärztlichen Kunstfehler schuldhaft verursacht worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,
1.die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 7.652,27 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ab 2013 monatlich im Voraus 103,15 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 05. des jeweiligen Monats zu zahlen, erstmals für Mai 2013;
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie monatlich im Voraus ab dem 01.05.2013 eine angemessene Schmerzensgeldrente zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 05. des jeweiligen Monats zu zahlen;
5. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr zukünftig aus dem stationären Aufenthalt in der Sportklinik I und dem operativen Eingriff vom 28.10.2010 entstehen.

Die Beklagten haben beantragt,die Klage abzuweisen. Die Beklagten haben behauptet, die Klägerin sei am 07.07.2010 von dem Beklagten zu 2) über sämtliche mit der geplanten Wechseloperation verbundenen Risiken unter Verwendung eines Patientenaufklärungsbogens sowie eines zusätzlichen Aufklärungsformulars aufgeklärt worden. Am 27.10.2010 sei eine erneute Aufklärung der Klägerin unter Verwendung der beiden Aufklärungsformulare vom 07.07.2010 erfolgt. Die Beklagten haben einen Behandlungsfehler bestritten. Die Operation am 28.10.2010 sei komplikationslos verlaufen. Hierbei sei es zu keiner Schädigung des Plexus lumbosacralis oder des Nervus femoralis gekommen. Die Operation sei in Vollnarkose ohne zusätzliche Anlage eines Schmerzkatheters durchgeführt worden. Es treffe nicht zu, dass der Operationsbericht oder andere Behandlungsunterlagen durch sie gefälscht worden seien. Die Operation sei korrekt durchgeführt worden und der anschließende Heilungsverlauf sei komplikationslos gewesen. Ein Fehlverhalten des Beklagten zu 4) sei nach dem Klagevorbringen nicht ansatzweise erkennbar. Eine Läsion des Plexus lumbosacralis im Bereich des Nervus femoralis durch die Operation vom 28.10.2010 sei aus anatomisch-neurologischer Sicht absurd, da die Nervenregion des Lendenwirbelbereichs bei der Kniegelenksprothesen-Operation überhaupt nicht berührt werde. Soweit bei der Klägerin eine Gehbehinderung vorliege, sei diese nicht durch eine operationsbedingte Nervenschädigung verursacht worden. Die Klägerin könne sich auch nicht auf einen Anscheinsbeweis berufen. Die Beklagten haben die Höhe des von der Klägerin behaupteten Verdienstausfall- und Rentenschadens bestritten und sind der Ansicht, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, neben der Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes auch die Zahlung einer Schmerzensgeldrente zu verlangen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat ein schriftliches Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. G eingeholt, welches die Sachverständige im Kammertermin am 04.03.2015 mündlich erläutert hat. Ferner hat es im Kammertermin am 04.03.2015 den Beklagten zu 2) zum Einsatz eines Femoralis-Katheters angehört.

Mit dem am 04.03.2015 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es könne schon nicht festgestellt werden, dass es bei der Prothesenwechseloperation am 28.10.2010 zu einer Nervenschädigung gekommen sei, erst recht nicht, dass insoweit ein Behandlungsfehler vorgelegen habe. Nach dem Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. G könne es bei der in Rede stehenden Operation nicht zu einer Schädigung des Plexus lumbosacralis gekommen sein, weil das Operationsgebiet sehr weit von dem Plexus lumbosacralis entfernt gewesen sei. Die Sachverständige habe aus ihrer Sicht einen direkten Zusammenhang nahezu ausgeschlossen. Die Blutsperre sei deutlich unterhalb des Bereichs des Plexus lumbosacralis angelegt worden. Auch eine Schädigung des Nervus femoralis sei bei der Operation nach Einschätzung der Sachverständigen unwahrscheinlich. Um eine solche Nervenschädigung zu verursachen, sei nach Angaben der Sachverständigen ein stundenlanges Ziehen am Bein erforderlich, das bei einer Prothesenoperation regelmäßig nicht durchgeführt werde, weil man das Bein in der Regel nicht in die Länge ziehe und es auch nicht verlängere. Den Krankenunterlagen seien keine Hinweise auf eine Gewalteinwirkung (wie etwa Blutergüsse) oder neurologische Ausfallerscheinungen zu entnehmen. Im Hinblick darauf könne nach den Ausführungen der Sachverständigen keinesfalls angenommen werden, dass eine Schädigung des Nervus femoralis etwa durch die Beklagten zu 2) und 3) als Operateure verursacht worden sei.

Nach den Ausführungen der Sachverständigen könne es zu einer Schädigung des Nervus femoralis bei der streitgegenständlichen Operation nur durch die Anlegung eines Schmerzkatheters durch den Beklagten zu 4) als Anästhesisten gekommen sein. Dass im vorliegenden Fall ein solcher Schmerzkatheter oder Femoraliskatheter gelegt worden sei, lasse sich nicht feststellen. Vielmehr sei in den Behandlungsunterlagen dokumentiert worden, dass die Operation in Vollnarkose ohne zusätzliche Anlage eines Schmerzkatheters durchgeführt worden sei. Soweit die Klägerin behaupte, dass ihr im postoperativen Verlauf ein Katheter aus dem Rücken entfernt worden sei, habe sie hierfür keinen Beweis angeboten. Schließlich könne auch nicht angenommen werden, dass es sich bei der Operation am 28.10.2010 um eine rechtswidrige Körperverletzung gehandelt habe, weil die Klägerin zuvor nicht ordnungsgemäß über die Operationsrisiken aufgeklärt worden sei. Denn wie sich aus den in den Krankenunterlagen vorhandenen Aufklärungsbögen, die die Klägerin unstreitig am 07.07.2010 unterschrieben habe, ergebe, sei die Klägerin umfassend über sämtliche Operationsrisiken aufgeklärt worden mit der Folge, dass sie wirksam in die Durchführung der Operation eingewilligt habe. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Die Beklagten hätten im Bericht vom 26.01.2011 selbst eine Läsion des Nervus femoralis aufgrund Oberschenkelblutleere während der Operation angenommen. Es sei jedenfalls prima facie erwiesen, dass die schwerwiegende Gehbehinderung während ihres Aufenthalts in der Klinik verursacht worden sei. Ihre Gehbehinderung sei auf eine nicht mehr rückgängig zu machende Läsion des Nervus femoralis zurückzuführen. Die Diagnose der Uniklinik L, dass eine Schädigung des Plexus lumbosacralis ursächlich sei, habe sich als Fehldiagnose erwiesen. Die Uniklinik H habe einen Schaden am Plexus lumbosacralis ausgeschlossen. Auf ausdrückliche Nachfrage habe Prof. S2 erklärt, dass der Lumbosacralis intakt sei. Es sei ausgeschlossen, dass es zu der Läsion bereits vor dem Klinikaufenthalt gekommen sei, weil sie sich damals noch ohne Gehhilfen habe fortbewegen und einen PKW führen können. Es sei zwar theoretisch denkbar, dass es erst nach dem operativen Eingriff zu der Läsion gekommen sei. Dagegen spreche jedoch, dass sie seit dem operativen Eingriff gehbehindert sei. Die Sachverständige habe eine Schädigung des Nervus femoralis bei der Operation für unwahrscheinlich, aber gleichwohl für möglich erachtet.

Soweit das Landgericht die Anlage eines Schmerzkatheters als nicht feststellbar angesehen habe, sei auf die in den Behandlungsunterlagen dokumentierte Verabreichung von Schmerzmitteln zu verweisen. Diese könnten ihr in einer solchen Menge nur durch einen Schmerzkatheter zugeführt worden sein. In den Behandlungsunterlagen vom OP-Tag sei ein „Single Shot“ mit dem Medikament Clinda dokumentiert. Mit dem Vermerk „Single Shot“ sei dokumentiert, dass ihr ein Periduralkatheter zur Verabreichung von Schmerzmitteln gelegt worden sei. Hierbei und bei der Verabreichung von Schmerzmitteln könne es zu Fehlern kommen, die eine Schädigung des Nervus femoralis mit anschließender Gehbehinderung zur Folge hätten. Das Landgericht habe ihren Beweisantritt (anästhesiologisches Zusatzgutachten) übergangen. Die Nervenschädigung hätte innerhalb eines halben Jahres nach dem operativen Eingriff noch rückgängig gemacht werden können. Die Beklagten hätten es versäumt, sie an einen Neurologen zu überweisen. Jeder Neurologe hätte ihr seinerzeit ein Nervenimplantat empfohlen, um die Funktionsfähigkeit des Nervus femoralis wiederherzustellen.

Sie sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass der durchgeführte Eingriff das Risiko einer Nervenschädigung mit Gehbehinderung mit sich bringe, wie sie jetzt eingetreten sei. Der Eingriff sei ihr so komplikationslos dargestellt worden, dass sie und ihr Ehemann den Eindruck gehabt hätten, es gebe überhaupt kein Risiko. Der Arzt habe ausdrücklich erklärt, dass sie in einer Woche wieder tanzen gehen könne. Soweit das Landgericht auf den Inhalt der schriftlichen Einwilligungserklärung abgestellt habe, komme es darauf nicht an, wenn sich, wie hier, die Belehrung anders abgespielt habe, als sie dokumentiert worden sei. Das Landgericht hätte ihrem diesbezüglichen Beweisantritt (Zeugnis ihres Ehemanns) nachgehen müssen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hagen vom 04.03.2015
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 7.652,27 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ab 2013 monatlich im Voraus 103,15 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 05. des jeweiligen Monats zu zahlen, erstmals für Mai 2013;
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie monatlich im Voraus ab dem 01.05.2013 eine angemessene Schmerzensgeldrente zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 05. des jeweiligen Monats zu zahlen;
5. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr zukünftig aus dem stationären Aufenthalt in der Sportklinik I und dem operativen Eingriff vom 28.10.2010 entstehen. Ferner stellt die Klägerin vorsorglich einen Antrag nach § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO.

Die Beklagten beantrage, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung. Es sei sachverhaltsmäßig falsch, dass die Klägerin einen Schmerzkatheter über fünf Tage gehabt habe. Im Bericht vom 26.01.2011 werde lediglich eine Vermutung („mutmaßlich“) geäußert, dass die Blutsperre die Ursache für die Femoralis-Läsion sei. Es liege hier kein Verstoß gegen den maßgeblichen Standard vor. Ein solcher lasse sich im Hinblick auf die gänzlich unauffälligen Eintragungen im Anästhesieprotokoll nicht objektivieren. Der Femoralis-Schaden könne sekundär als Folge einer vereinseitigten postoperativen Schonhaltung verursacht sein. Der Vortrag hinsichtlich der angeblich durch sie unterlassenen Überweisung an einen Neurologen sei verspätet und werde bestritten. Dieser sei im Übrigen dadurch widerlegt, dass die Klägerin schon vor ihrer ersten Wiedervorstellung nach der Operation in ihrem Hause am 04.01.2011 bei dem Neurologen T gewesen sei, der den Femoralisschaden festgestellt habe und zu diesem Zeitpunkt von einer noch bestehenden guten Heilungschance ausgegangen sei. Die Möglichkeit einer (gemeint wohl operativen) Verbesserung der Femoralisläsion sei von keinem der von der Klägerin aufgesuchten Nachbehandler angesprochen worden.
Im Rahmen des Aufklärungsgesprächs sei der Klägerin durch den Beklagten zu 2) zwar die begründete Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer Situation aufgezeigt worden, sie sei allerdings auch über das einschlägige Risikospektrum unter Einbeziehung eines zwar nicht wahrscheinlichen, aber auch nicht definitiv auszuschließenden Misserfolges mit der Folge einer ausbleibenden Behebung oder sogar Verstärkung der bestehenden Beschwerden aufgeklärt worden. Der Vortrag der Klägerin sei durch die Dokumentation der Patientenaufklärung bestehend aus einer Basisinformation zum Aufklärungsgespräch und einer speziellen Aufklärung für die Implantation einer Hüft-Knie-Totalendoprothese mit Datum vom 07.07.2010 – bestätigt durch ihre zweimalige Unterschrift – widerlegt. Allein durch die Behauptung einer anders verlaufenden Belehrung werde die schriftlich dokumentierte Aufklärung nicht widerlegt. Die Beklagten erheben den Einwand der hypothetischen Einwilligung. Die Klägerin müsse darlegen, weshalb sie trotz ihres erheblichen Leidensdruckes den ihr vorgeschlagenen und keineswegs ungewöhnlich risikoreichen Eingriff abgelehnt hätte. Die Klägerin bestreitet, dass sie auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die streitgegenständliche Operation eingewilligt hätte.

Wegen des weitergehenden Parteivortrags wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die im Protokoll genannten Krankenunterlagen Bezug genommen.
Der Senat hat die Klägerin sowie die Beklagten zu 2), 3) und 4) persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen T und ergänzende Anhörung der Sachverständigen Prof. Dr. G. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 09.11.2015 Bezug genommen.

B.
Die zulässige Berufung hat im Ergebnis in der Sache keinen Erfolg, obwohl das Landgericht in mehrfacher Hinsicht verfahrenswidrig vorgegangen ist.
So hat es die Nervenschädigung bei der Operation verneint, obwohl nach den Angaben der Sachverständigen Prof. Dr. G zumindest ein Katheter als Ursache denkbar war und die Sachverständige nach dem Protokoll auch den Einsatz eines Katheters bei der Klägerin laut Krankenunterlagen bejaht hat. Insofern fehlt jede Begründung, warum die Kammer sich als medizinisch kompetenter als die Sachverständige angesehen hat – auch wenn die Einschätzung der Kammer, wie die weitere Beweisaufnahme durch den Senat gezeigt hat, im Ergebnis richtig war.
Bezüglich der Aufklärung hat das Landgericht keinen Beteiligten im Termin angehört und sich – wie auch in anderen Verfahren – allein auf den unterschriebenen Aufklärungsbogen berufen, obwohl es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des neuen, diese Rechtsprechung kodifizierenden § 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB eindeutig auf das persönliche Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient ankommt. Dem Umstand, dass die Klägerin erstinstanzlich eine Risikoaufklärung insgesamt und sogar ihre Unterschriftsleistung bestritten hat, hat das Landgericht ebenfalls keine Rechnung getragen. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die gegen die Beklagten geltend gemachten Haftungsansprüche nicht zu.

I.
Die von ihr erhobene Aufklärungsrüge greift nicht durch.
1.Nach dem Ergebnis der Anhörung der Beklagten zu 2) und 3) in Verbindung mit den beiden Aufklärungsbögen, die die Klägerin zwei Mal, nämlich am 07.07.2010 und 27.10.2010, unterzeichnet hat, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin über das Risiko von Nervenschäden in einer der anstehenden Operation angemessenen Weise hinreichend aufgeklärt worden ist. Auch wenn der Beklagte zu 2) sich nicht hundertprozentig sicher war, in dem Gespräch am 07.07.2010 eine Nervenschädigung mit Lähmung angesprochen zu haben, hat der Beklagte zu 3), der das weitere Aufklärungsgespräch mit der Klägerin am Aufnahmetag (27.10.2010) geführt hat, angegeben, dass er Nervenverletzungen in der Regel immer erwähnt. Es gibt für den Senat keinen Grund, dem Beklagten zu 3) nicht zu glauben. Dieser hat zugegeben, dass er gewöhnlich Nervenschädigungen im Hautbereich, jedoch Dauerschäden wie eine Peronäus-Verletzung nicht angibt, weil diese bei Knie-Operationen eher selten sind.

Dass der Beklagte zu 2) im Gespräch am 07.07.2010 erwähnt hat, dass es sich bei der Wechseloperation in der Klinik des Beklagten zu 1) um eine Standardoperation / eine Routineoperation handelt und man damit Erfahrung habe, wie die Klägerin und der Zeuge T angegeben haben, ist möglich. Die Behauptung der Klägerin jedoch, dass mit ihr sowohl am 07.07.2010 als auch am 27.10.2010 nie über Risiken der Wechseloperation gesprochen worden ist, ist nach Auffassung des Senats unglaubhaft und lebensfremd. Denn der Klägerin war erst im September des Vorjahres eine Schlittenprothese im rechten Knie implantiert worden. Mit dem Operationsergebnis war die Klägerin nicht zufrieden. Nach ihren Angaben gegenüber der Sachverständigen sowie im Senatstermin sei die Prothese bereits nach zwei Monaten locker gewesen, was zu einer „wahnsinnigen“ Instabilität und Problemen beim Laufen („kaum noch“) führte und ihr „wahnsinnige“ Schmerzen bei Belastung und auch in Ruhe bereitete. Die Klägerin hatte nach eigenen Angaben im Senatstermin Angst und hat es mit der Wechseloperation so lange hingezogen.

2. Vor dem Hintergrund, dass das Risiko etwaiger Nervenschäden infolge der Prothesenwechseloperation am Knie nach den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. G im Senatstermin sehr gering ist, hat die Sachverständige die Aufklärung im vorliegenden Fall insgesamt für ausreichend und üblich erachtet, zumal die nach dem Ergebnis der Anhörung der Beklagten zu 2) und 3) und unter Berücksichtigung der doppelt unterzeichneten Aufklärungsbögen aus Sicht des Senats auch erfolgte Aufklärung über die Risiken Infektion, Instabilität und Lockerung nach Angaben der Gutachterin die Hauptkomplikationen des vorliegenden Eingriffs erfasst hat. Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen, die als Chefärztin einer Klinik für Orthopädie und Rheumatologie an einem Uniklinikum über die erforderliche Sachkunde verfügt.

3.Selbst wenn man aber entgegen der Ansicht des Senats eine defizitäre Aufklärung der Klägerin über die Risiken einer Nervenverletzung bei der streitgegenständlichen Operation unterstellte, führte dies zu keiner Haftung der Beklagten. Denn auch bei einem insoweit unterstellten Aufklärungsfehler obliegt dem Patienten die Beweislast, dass sich dann der Aufklärungsmangel verwirklicht hat und durch die Operation eine Nervenschädigung verursacht ist.

Die Klägerin hat jedoch nicht den Nachweis geführt, dass der Schaden am Nervus femoralis, auf den sie sich in zweiter Instanz nur noch beruft, durch die streitgegenständliche Operation verursacht worden ist. Die Ursache des Nervenschadens ist, dies hat die Sachverständige im Rahmen ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 08.07.2015 und ihrer ergänzenden Erläuterungen im Senatstermin mehrfach ausgeführt, ungeklärt. Eine Verursachung des Nervenschadens durch irgendeine orthopädische Maßnahme im Zusammenhang mit der Operation vom 28.10.2010 hat die Sachverständige ausgeschlossen. Die Operation erfolge nicht in der Nähe des Nervus femoralis, so dass keine direkte Verletzungsmöglichkeit gegeben ist. Ausgeschlossen hat die Sachverständige auch Dehnungsschäden durch Beinverlängerung oder durch Haken. Ein Ziehen am Bein finde bei einer Knie-Operation nicht statt, sondern nur eine Bewegung zwischen Strecken und Beugen. Ein Hakenzug komme beim Knie ebenfalls nicht in Betracht. Auch gebe es bei einer Knie-Operation keinen Druck-Schaden durch Lagerung beim Femoralis.

Einen Zusammenhang mit der Blutsperre bzw. –leere hat die Sachverständige als sehr unwahrscheinlich angesehen, weil eine andauernde Schädigung des Nervus femoralis durch Blutsperren in der Literatur nicht beschrieben ist und auch dem eigenen Erfahrungsschatz der Sachverständigen widerspricht. In Einzelfällen komme es schlimmstenfalls zu vorübergehenden Sensibilitätsstörungen, insbesondere bei zu hohem oder zu langem Druck. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte – zu lange oder mit zu hohem Druck verbundene – Blutsperre konnte die Sachverständige nicht feststellen. Die Operationsdauer habe hier im normalen Bereich gelegen. Zu Blutergüssen, die bei zu hohem Druck entstehen, habe es – auch im Pflegebericht – keine Feststellungen gegeben. Soweit die Klägerin mit der Berufung geltend macht, die Beklagten selbst hätten im Arztbrief vom 26.01.2011 die Blutleere während der Operation als Ursache für die Läsion des Nervus femoralis angesehen, spricht der Wortlaut der Formulierung „mutmaßlich durch die Oberschenkelblutleere bei der Operation bedingt“ eher für eine Vermutung als für eine Tatsachenmitteilung – worauf die Beklagten in der Berufungserwiderung ebenfalls abgestellt haben. Unabhängig davon käme einer solchen außergerichtlichen Erklärung eine Geständniswirkung im Sinne des § 288 ZPO nur dann zu, wenn die Beklagten (nicht die Klägerin) diese Erklärung in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten in den Prozess eingeführt hätten (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 288 Rz. 4), was vorliegend jedoch nicht der Fall ist.

Als denkbare Ursache für den Femoralisschaden hat die Sachverständige einen Femoralis-Katheter, also einen vorne in der Leiste sitzenden Katheter, benannt. Nach den Angaben der Beklagten ist ein solcher Femoraliskatheter jedoch bei der Klägerin weder im Rahmen der Operation noch zur Schmerzmedikation verwandt worden. Auch die Sachverständige hat in zweiter Instanz auf ausdrückliche Nachfrage sowohl in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 08.07.2015 als auch im Senatstermin in den Behandlungsunterlagen keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Klägerin ein Femoraliskatheter oder ein Schmerzkatheter angelegt worden ist. Die Anlage sei nicht dokumentiert. Die Klägerin habe auch keine Medikamente erhalten, für die ein Katheter zwingend war. Dies deckt sich auch mit den Krankenunterlagen. Im postoperativen Überwachungsbogen finden sich nur Anordnungen über Infusionen mit Ringer-Lösung, Dipidolor und Lasix i.v. sowie Mono Embolex s.c.. In den ärztlichen Anordnungen für die Zeit vom 28.10.-05.11.2010 finden sich nur solche die i.v. oder oral bzw. lokal (Fenistil Gel) gegeben werden.

Die Klägerin hat behauptet, ihr sei im postoperativen Verlauf ein Katheter aus dem Rücken entfernt worden. Anhaltspunkte für einen Katheter im Rücken liegen jedoch ebenfalls nicht vor. Die Operation ist nach den Angaben der Beklagten im Senatstermin, dem Operationsbericht und dem Anästhesieverlauf in Intubationsnarkose und Rückenlage erfolgt. Die Sachverständige hat im Rahmen der Nachfrage des Klägervertreters im Senatstermin zu einem Katheter im Rücken darauf abgestellt, dass die Klägerin eine ITN (Intubationsnarkose) und keine Rückenmarksnarkose hatte. Die ITN ist auch an verschiedenen Stellen in den Krankenunterlagen (Anästhesie-Aufkärungsbogen, Anästhesieprotokoll, OP-Bericht) dokumentiert.

Als denkbare weitere Ursachen für einen Femoralisschaden hat die Sachverständige im Senatstermin eine vorgetäuschte Lähmung / eine psychogene Lähmung in Betracht gezogen, zumal bei der Klägerin neuropathische Schmerzen dokumentiert seien. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 08.07.2015 hat die Sachverständige auf einen möglichen Einfluss einer angstbedingten Verarbeitungsstörung hingewiesen. Die Sachverständige hat es im Senatstermin daneben auch für möglich erachtet, dass die Klägerin einen Femoralisschaden bereits mitgebracht habe. Hierfür könnte der der Klägerin im Rahmen des stationären Aufenthaltes vom 10. bis 16.12.2009 im EVK C H angelegte Femoraliskatheter in Betracht kommen.

4.Auf den von den Beklagten in der Berufungserwiderung sehr pauschal erhobenen Einwand der hypothetischen Einwilligung kommt es daher nicht an, so dass es im Ergebnis auch nicht von Relevanz ist, dass dieser Einwand gem. § 531 Abs. 2 ZPO wegen Verspätung nicht zuzulassen gewesen wäre. Die Klägerin hat die der hypothetischen Einwilligung zugrunde liegenden Tatsachen bestritten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 18.11.2008, VI ZR 198/07) muss eine Partei schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist. Gründe, warum den Beklagten die Erhebung des Einwands der hypothetischen Einwilligung nicht bereits erstinstanzlich möglich war, sind nicht ersichtlich.

II.
Auch Behandlungsfehler im Rahmen der streitgegenständlichen Behandlung hat die Klägerin nicht beweisen können.

1. Die Sachverständige hat keine Behandlungsfehler der Beklagten zu 2) und 3) im orthopädischen Bereich feststellen können. Die Ursache des Nervenschadens ist offen. Insofern wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

2. Die Klägerin kann sich auch auf keinen Anscheinsbeweis berufen. Die Heranziehung der Grundsätze des Anscheinsbeweises zugunsten des beweisbelasteten Patienten kann im Bereich des Haftungsgrundes in Betracht kommen im Hinblick auf die Frage, ob aus einem festgestellten Behandlungsfehler typischerweise auf das Vorliegen eines Verschuldens und/oder auf die ursächliche Zuordnung des Primärschadens geschlossen werden kann (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rz. B 231). Vorliegend fehlt es nach Vorstehendem an einem festgestellten Behandlungsfehler. Die Heranziehung der Grundsätze des Anscheinsbe-weises käme ferner in Betracht, wenn eine feststehende Primärschädigung typischerweise nur durch einen schuldhaften Behandlungsfehler verursacht sein kann. In jedem Fall muss der ursächliche Zusammenhang durch einen Erfahrungssatz der medizinischen Wissenschaft vermittelt werden. Kann ein Krankheitsbild (theoretisch) verschiedene Ursachen haben, greifen die Grundsätze des Anscheinsbeweises nur ein, wenn sich eine typische Komplikation des Eingriffs verwirklicht und hinreichende Anhaltspunkte für eine andere Ursache als den Eingriff fehlen (vgl. Geiß/Greiner, a.a.O.).

Das Bestehen eines solchen medizinischen Erfahrungssatzes / zuverlässigen Anscheins dahingehend, dass der bei der Klägerin festgestellte Nervenschaden am Nervus femoralis jedenfalls typischerweise durch einen bestimmten schuldhaften Behandlungsfehler der Beklagten verursacht sein muss und sonstige Ursachen an sich nicht ersichtlich sind, hat die Sachverständige im Senatstermin eindeutig verneint. Sie hat ausgeführt, dass sie nicht wisse, worauf die Nervenschädigung beruhe. Sie hat auch ausgeschlossen, dass es einen konkreten Grund gebe, weshalb andere Gutachter (z.B. Neurologen/Anästhesisten) nach den Krankenunterlagen und den diversen anderen Behandlern seit 2011 etwas Sicheres zu dem Nervenschaden und dessen konkreter Ursache im Sinne eines Behandlungsfehlers feststellen könnten. Vor diesem Hintergrund war eine weitere Beweisaufnahme durch den Senat nicht geboten. Der Senat verkennt nicht, dass es für die Klägerin sicherlich unbefriedigend ist, dass auch im Rahmen dieses Rechtsstreits die Ursache für die Schädigung am Nervus femoralis und die von der Sachverständigen festgestellten deutlichen Einschränkungen der Beweglichkeit des Kniegelenks nicht gefunden worden ist und die Klägerin sich damit als Betroffene nicht recht abfinden mag. Dieser Umstand rechtfertigt indes keine weitere Beweisaufnahme. Denn Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und damit auch des zu den medizinischen Streitfragen herangezogenen medizinischen Sachverständigen ist insoweit allein die Beurteilung der Frage, ob den Behandlern im Hause der Beklagten haftungsbegründende Fehler bei der Befunderhebung, Diagnose und/oder Behandlung unterlaufen sind (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 16.06.2014, I-5 U 131/13, zitiert nach juris). Der Arzthaftungsprozess dient weder dazu, einen medizinischen Sachverhalt aufzuklären, noch verfolgt er den Zweck, die Ursache für Gesundheitsschäden aufzuspüren (vgl. Bergmann/Wever, MedR (2015) 33:260-261).

3.Soweit sich die Klägerin in der Berufungsbegründung erstmals auf mögliche Versäumnisse in der Sicherheitsaufklärung beruft, kommt eine Haftung der Beklagten ebenfalls nicht in Betracht.
Der Vortrag, dass die Beklagten es versäumt hätten, sie an einen Neurologen zu überweisen, ist neu und im Berufungsverfahren gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen. Gründe, warum der Klägerin die Geltendmachung dieses Angriffsmittels nicht bereits in erster Instanz möglich war, sind weder spezifiziert dargetan noch ersichtlich. Die Klägerin wusste nach eigenen Angaben seit Januar 2014 von der Möglichkeit einer Nerven-Operation innerhalb der ersten sechs Monate. Sie hatte also die Möglichkeit, dies bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz am 04.03.2015, bei der die Klägerin auch anwesend war, in den Prozess einzuführen.

Im Übrigen steht der Annahme eines Verstoßes der Beklagten gegen die Verpflichtung zur Sicherheitsaufklärung auch entgegen, dass sich die Klägerin bereits am 04.01.2011 – also vor ihrer ersten Wiedervorstellung bei den Beklagten nach der Operation – bei einem Neurologen vorgestellt hat, der eine orthopädische Weiterbehandlung, intensive Physiotherapie, ein MRT der LWS und eine Wiedervorstellung mit Bildern und Befund in circa drei Monaten, jedoch keine Nerven-Operation empfohlen hat. Dieser Bericht wurde anlässlich der Wiedervorstellung der Klägerin im Haus des Beklagten zu 1) dem Beklagten zu 2) vorgelegt. Für die Beklagten bestand aufgrund der horizontalen Arbeitsteilung kein Anlass, diese Empfehlung zu hinterfragen. Dies hat auch die Sachverständige im Senatstermin bestätigt.

C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

D.
Die Revision war nicht zuzulassen. Der Rechtssache, bei der es sich um eine nach den Umständen des konkreten Falles zu treffende Einzelfallentscheidung handelt, kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts wegen der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543 Abs. 2 ZPO