Begegnungen mit Drohnen
Anlass des Themas dieses Artikels ist die Eingabe einer Leserin, die kurz nach den Weihnachtsfeiertagen einen Ausritt mit ihren Islandpferden genießen wollte, durch ein Waldstück hindurch und dann auf eine freie Weidefläche hinaus. Der Genuss wurde nachhaltig dadurch gestört, dass eine sirrende Drohne in ca. 10-15 Meter Entfernung mehrmals an den Reitern vorbeischoss und die Pferde drohten, durchzugehen. Der Pilot nahm die Reiter erst nach lauter Ansprache wahr, da er eine die Augen voll umschließende Brille trug. Zum Glück war in diesem Falle nichts passiert. Dennoch stellt die Leserin die berechtigten Fragen nach Erlaubnis und Haftung in solchen Fällen. Darf eine Drohne überall fliegen und wer haftet, wenn
etwas passiert?
Zunehmender Luftverkehr mit privat oder gewerblich geflogenen Drohnen ist Ursache zahlreicher Unfälle im öffentlichen und privaten Raum z.B. durch Abstürze oder Kollisionen mit sowohl erheblichen Sach- als auch Personenschäden zur Folge. Zum Glück sah die Politik hier früh den Handlungsbedarf und erstellte bald die „Drohnenverordnung“, worin geregelt ist, wer welches Flugobjekt wo fliegen darf, wie es gekennzeichnet und versichert sein muss. Dumm ist nur, dass die wenigsten Drohnenbesitzer die Regeln genau kennen oder diese einfach ignorieren. Die Drohnenverordnung ist seit April 2017 in Kraft, soll jedoch zeitnah wiederum aktualisiert werden.
Die in Bezug auf den Leserbrief relevanten Antworten, die diese Verordnung uns liefert, sind zumindest Folgende: zunächst besteht eine Kennzeichnungspflicht ab 0,25 kg, so dass ein Verantwortlicher für das Flugobjekt im Falle eines Schadensfalls identifiziert werden kann. Ab 2 kg bedarf es eines Kenntnisnachweises des Piloten, ab 5 kg besteht eine Erlaubnispflicht durch die Landesluftfahrtbehörde. Völlig unabhängig dieser Gewichte gilt jedoch ein allgemeines Flugverbot in der Nähe verschiedener Örtlichkeiten, z.B. über Wohngrundstücken und Naturschutzgebieten. Doch Ausreitstrecken und Weideflächen liegen in den seltensten Fällen auf Wohngrundstücken und nicht alle im Naturschutzgebiet, d.h. Drohnen dürfen dort geflogen werden. Doch bedeutet das, so fragt die Leserin, dass Reiter mit Drohnen rechnen und klarkommen müssen wie mit beispielsweise kläffenden Hunden im Gelände? Nein, denn auch in der Drohnenverordnung gibt es ein Kilogrammunabhängiges Verbot: nämlich das jeglicher Behinderung und Gefährdung. Es ist somit ein Verstoß gegen dieses Verbot, wenn Reiter dadurch in
Gefahr gebracht werden, dass eine sirrende Drohne in nicht ausreichendem Abstand die Pferde in Panik versetzt. Verstöße gegen die Drohnenverordnung werden mit Bußgeldern geahndet, wie im Straßenverkehrsrecht auch. Schäden, die durch die Flugobjekte verursacht werden, unterliegen der Haftung nach dem Luftverkehrsgesetz (§§ 33 ff LuftVG). Jede Drohne ist unabhängig von ihrem
Gewicht versicherungspflichtig. Die normale private Haftpflichtversicherung reicht dafür im Allgemeinen nicht aus – es ist eine spezielle Drohnenhalterhaftpflichtversicherung erforderlich, egal ob die Drohne privat oder gewerblich genutzt wird. Diese Versicherungspolice muss über eine ausreichende Deckungssumme verfügen. Die Unterschiede reichen von 1 Million bis zu 20 Millionen und sollte je nach Kilogramm und Einsatzort eingeschätzt werden. Spannend wird in Einzelfällen die Frage sein, wie hoch die Realisierung der Tiergefahr des eigenen Pferdes als so genanntes Mitverschulden angerechnet wird.
Wird ein Pferd beispielsweise von einem Hund erschreckt und bringt den Reiter dadurch zu Fall, wird im Einzelfall abgewogen, welche der beiden Tiergefahren überwiegend als Ursache des Schadens (des Sturzes) gedient hat: der Hund als Auslöser der Schreckreaktion beim Pferd oder die Heftigkeit der Reaktion des Pferdes als Ursache des Sturzes und damit der erheblichen Verletzungen beim Reiter. Für diese Fälle gibt es zahlreiche Urteile in Einzelkonstellationen, die von Haftungsquoten 50 zu 50 bei zwei beteiligten Tieren reichen, bis hin zum völligen Rücktritt der Tiergefahr des Hundes gegenüber der Gefährlichkeit des eigenen Pferdes. Dementsprechend ist es auch im Straßenverkehr: über das Verhältnis der Tiergefahr und der Gefährlichkeit des Straßenverkehrs wurde an dieser Stelle schon oftmals berichtet – die Gewichtung ist in jedem Fall situationsbedingt, fällt jedoch überwiegend zu Lasten der Tiergefahr aus (siehe zuletzt z.B. Heft 11/2018).
Hinsichtlich des im Beispielsfall aktiven Drohnenfliegers wird also zu prüfen sein, ob er auf der Ausreitstrecke der Leserin fliegen durfte und wenn ja, ob er nicht genügend Abstand gehalten hat, um eine Gefährdung der Reiter zu vermeiden. Kann der Reiter nachweisen, dass eine Schreckreaktion des Pferdes auf die Drohne zurückzuführen war und dadurch ein Schaden entstanden ist, also z.B. Sturz und Verletzungsfolgen, muss der Drohnenhalter nach dem LuftVG grundsätzlich haften. Hoffentlich hat er eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, sonst muss er persönlich für den Schaden aufkommen.