Pferderecht Alttag

Brandenburgisches Oberlandesgericht vom 26.04.2012, 12 U 166/10

Vertragliches Schadensersatzrecht: Pflichtverletzung eines Tierarztes; Behandlungsfehler bei einer Darmoperation an einem Pferd; Anforderungen an die Annahme einer Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Tod des Tieres bei geringer Überlebenswahrscheinlichkeit auch bei einem erfolgreichen Eingriff; Ermittlung des Wertes eines Pferdes nach erfolgter Operation

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14. Oktober 2010 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam, Az.: 11 O 207/08, teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 45.000,00 € sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.530,58 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 20.01.2009 als Gesamtschuldner zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Beklagten zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 13 % und die Beklagten 87 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung von Schadenersatz wegen einer ihrer Ansicht nach fehlerhaften ärztlichen Behandlung ihres Reitpferdes „R…“ im Zusammenhang mit der operativen Behandlung einer Dünndarmverschlingung am 15.11.2005, wobei die Klägerin in der Berufungsinstanz den Beklagten Fehler bei der Operation selbst nicht mehr vorwirft. Die Parteien streiten nunmehr noch darüber, ob in der Nacht nach der Operation bzw. am Vormittag des 16.11.2005 weitere rektale Untersuchungen des Pferdes stattgefunden haben, ob hierbei das Vorliegen von Dünndarmschlingen hätte festgestellt werden müssen und eine zweite (Notfall-)Operation veranlasst gewesen wäre sowie, ob insoweit den Beklagten grobe Behandlungsfehler vorzuwerfen sind. Des Weiteren streiten die Parteien über den Wert des Pferdes und eine Verjährung der Ansprüche. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

2
Mit am 14.10.2010 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1 S. 1, 241 Abs. 2 BGB bzw. aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Im Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass den Beklagten bei der Empfehlung sowie bei der Durchführung der Operation am 15.11.2005 ein Behandlungsfehler nicht unterlaufen sei. Fehlerhaft hätten die Beklagten hingegen nach der Operation die nach Feststellung des Sachverständigen gebotenen rektalen Untersuchungen unterlassen, wobei aus dem Fehlen einer Dokumentation der Maßnahme auf deren Unterbleiben zu schließen sei. Die Angaben des Beklagten zu 2. im Rahmen seiner Anhörung genügten zum Widerlegen dieser Annahme nicht. Nicht nachgewiesen sei jedoch die Kausalität zwischen dem Behandlungsfehler und dem Schaden. Eine Beweislastumkehr sei mangels Vorliegens eines groben Behandlungsfehlers nicht gegeben. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass bei der Behandlung eines Tieres im Sinne des § 90 a BGB auch wirtschaftliche Aspekte und Aspekte des Tierschutzes zu berücksichtigen seien. Schon deshalb sei im Unterlassen einer zweiten Operation ohne Rücksprache mit der Klägerin ein grober Behandlungsfehler nicht zu sehen. Selbst wenn ein grober Behandlungsfehler angenommen werden würde, sei zudem von den Beklagten der Beweis erbracht, dass ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang nicht bestehe, da nach den Ausführungen des Sachverständigen wegen des auch bei Durchführung einer zweiten Operation bestehenden hohen Mortalitätsrisikos des Pferdes eine Kausalität des Behandlungsfehlers für die weitere Entwicklung äußerst unwahrscheinlich sei. Eine Haftung sei auch nicht wegen des Unterlassens des Hinweises auf die Erforderlichkeit einer weiteren Operation begründet, da hierin ein grober Behandlungsfehler mit der Folge der Umkehr der Beweislast ebenfalls nicht zu sehen sei. Wegen der weitergehenden Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

3
Die Klägerin hat gegen das ihr am 20.10.2010 zugestellte Urteil mit am 18.11.2010 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel innerhalb verlängerter Frist mit am 06.01.2011 eingegangenen Schriftsatz begründet.

4
Die Klägerin bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und ist weiterhin der Ansicht, die Unterlassung der Erhebung rektaler Befunde in der Nacht zum 16.11.2005 und am Morgen dieses Tages stellten grobe tierärztliche Behandlungsfehler dar, die für den Tod des Pferdes kausal geworden seien. Zu berücksichtigen sei, dass nach den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen jedenfalls eine reelle Chance bestanden habe, dass das Pferd im Falle einer korrekten tierärztlichen Behandlung überlebt hätte. Die vom Sachverständigen vorgenommenen prozentualen Angaben zur Mortalitätsrate könnten nicht als Argument dafür herangezogen werden, einen groben Behandlungsfehler zu negieren. Der Sachverständige habe vielmehr ausgeführt, es habe eine Indikation für eine Notfalloperation jedenfalls am 16.11.2005 um 06:00 Uhr bestanden. Ebenso wenig rechtfertigten wirtschaftliche Aspekte bzw. solche des Tierschutzes die Verneinung eines groben Behandlungsfehlers. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich um ein Tier im Wert von über 40.000,00 € gehandelt habe, wohingegen lediglich Operationskosten von rund 2.000,00 € angefallen wären. Da die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs somit gegeben gewesen wäre, träfe auch die Argumentation des Landgerichts nicht zu, dass sie – die Klägerin – sich im Falle einer zweiten Operation auf den Standpunkt hätte stellen können, die Kosten für diese Operation nicht zu schulden. Unzutreffend habe das Landgericht schließlich angenommen, ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang sei äußerst unwahrscheinlich. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des Sachverständigen nicht.

5
Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an sie 45.000,00 € nebst außergerichtlicher Kosten und Zinsen als Gesamtschuldner zu zahlen. Im Anschluss an die Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen G… R… zum Marktwert des Pferdes im Schadenszeitpunkt hat die Klägerin die Klage erweitert.

6
Die Klägerin beantragt nunmehr sinngemäß,

7
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 14.10.2010 abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, an sie 52.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit auf 45.000,00 € und nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit auf weitere 7.000,00 € sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.530,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit als Gesamtschuldner zu zahlen.
8
Die Beklagten beantragen,

9
die Berufung zurückzuweisen.

10
Die Beklagten beziehen sich ebenfalls auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie sind der Ansicht es sei ihnen lediglich ein Dokumentationsfehler unterlaufen, da sie nicht festgehalten hätten, dass der Beklagte zu 2. das Pferd in der Nacht zum 16.11.2005 rektal untersucht und dabei keine Dünndarmschlingen festgestellt habe. Die aus der fehlenden Dokumentation folgende Vermutung des Unterbleibens der Maßnahme sei indes durch die Angaben des Beklagten zu 2. im Termin am 09.09.2010 vor dem Landgericht widerlegt. Das Unterlassen einer Zweitoperation in den frühen Morgenstunden bzw. am Vormittag des 16.11.2005 stelle zudem keinen groben Behandlungsfehler dar. Auch bei beginnender Darmlähmung und Dünndarmschlingen bestehe nicht die Notwendigkeit einer sofortigen Operation. Die Dünndarmschlinge müsse vielmehr beobachtet werden und es müsse festgestellt werden, ob die Peristaltik des Darms eingestellt sei. Eine Indikation für eine baldige bzw. sofortige Operation bestehe erst bei vermehrten flüssigkeits- und gasgefüllten Dünndarmschlingen, die die gesamte Bauchhöhle ausfüllten. Eine solche Situation könne hier nicht angenommen werden. Die Durchführung einer Revisionsoperation sei von ihnen empfohlen worden. Die Klägerin habe diese Operation indes durch den Transport des Pferdes in die Pferdeklinik S… verhindert. Zudem hätte eine frühere Operation die Überlebenschancen des Pferdes nicht erhöht. Auch sei völlig ungeklärt, welcher Operationsweg bei der Folgeoperation gewählt worden sei und warum das Pferd fünf Tage nach der Operation habe eingeschläfert werden müssen. Das Überleben des Pferdes für einen Zeitraum von fünf Tagen widerlege zudem die Kausalität des Todes aufgrund eines ihnen – den Beklagten – anzulastenden Behandlungsfehlers.

11
Der Senat hat Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. A… G… zur Erläuterung seines erstinstanzlich erstellten Gutachtens sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung der Sachverständigen G… R… zur Erläuterung ihres Gutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten vom 16.12.2011 (Bl. 281 ff d. A.) und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 24.03.2011 und 22.03.2012 (Bl. 199 ff u. Bl. 349 ff d. A.) verwiesen.

II.
12
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Klägerin stützt ihr Rechtsmittel unter anderem darauf, das Landgericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers und damit eine Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität des Fehlers für den Schadenseintritt verneint, indem es bei der Bewertung des Behandlungsfehlers auf nicht tragfähige wirtschaftliche Aspekte abgestellt habe. Ferner habe das Landgericht fehlerhaft entgegen den Feststellungen des Sachverständigen angenommen, auch bei ordnungsgemäßer Durchführung der Behandlung durch die Beklagten sei ein Überleben des Pferdes höchst unwahrscheinlich gewesen, sodass auch im Falle eines groben Behandlungsfehlers keine Kausalität für den Schadenseintritt gegeben sei. Die Klägerin zeigt damit Rechtsverletzungen im Sinne der §§ 513, 546 ZPO auf, die sämtliche tragenden Gründe des Urteils erfassen und auf denen dieses beruhen kann.

13
2. In der Sache hat das Rechtsmittel überwiegend Erfolg.

14
a) Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 45.000,00 € aus §§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB, 128 HGB analog in Verbindung mit dem zwischen der Klägerin und der aus den Beklagten bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts geschlossenen Behandlungsvertrag. Entgegen der Ansicht der Beklagten war nicht die Inanspruchnahme der Gesellschaft selbst erforderlich, da auch die Gesellschafter persönlich – als Gesamtschuldner – für Verbindlichkeiten der GbR entsprechend § 128 HGB haften (BGHZ 146, S. 341; NJW 2011, S. 2040; Sprau in Palandt, BGB, Kommentar, 71. Aufl., § 714, Rn. 11). Den Beklagten ist eine Vertragsverletzung in Form von groben Behandlungsfehlern vorzuwerfen.

15
Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats zunächst fest, dass den Beklagten ein Behandlungsfehler in Form eines Befunderhebungsfehlers vorzuwerfen ist, weil sie am 16.11.2005 um 4.00 Uhr eine rektale Kontrolluntersuchung des Pferdes nicht vorgenommen haben. Der Sachverständige Prof. Dr. G… hat in seinem Gutachten vom 29.01.2010 dargelegt, dass nach einer Operation im Bauchraum mit Massage und Reposition des verdrehten Dünndarms Komplikationen in Form des erneuten Auftretens von Dünndarmschlingen und einer dann einsetzenden Darmlähmung auftreten können. Aus diesem Grunde waren nach der durchgeführten Operation vom 15.11.2005 die Beobachtung des Pferdes und die Vornahme von Kontrolluntersuchungen erforderlich, die auch die Durchführung rektaler Kontrollen umfassten. Überzeugend hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung durch das Landgericht wie auch durch den Senat dargelegt, dass angesichts des um 4:00 Uhr am 16.11.2005 festgestellten Refluxes von 3 – 4 Litern und des Fehlens jeglicher Darmtätigkeit in diesem Zeitpunkt eine rektale Untersuchung hätte vorgenommen werden müssen, um zu klären, ob es zu einer Paralyse des Dünndarms gekommen war. Der Sachverständige hat insoweit klargestellt, dass die rektale Untersuchung die entscheidende Maßnahme ist, um festzustellen, ob eine Revisionsoperation in Form einer Relaparotomie veranlasst war, während die sonstigen Untersuchungen – Feststellung des Refluxes, Prüfung des Hämatokritwertes – nur ergänzende Funktion haben, wobei diese Faktoren nach den Feststellungen des Sachverständigen ebenfalls auf das Auftreten von Komplikationen hindeuteten. Diese Ausführungen des Sachverständigen stellen auch die Parteien im Grundsatz nicht in Frage.

16
Der Sachverständige hat ferner nachvollziehbar dargetan, dass eine Dokumentation der rektalen Untersuchungen und Befunde – die vorliegend nicht erfolgt ist – aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen ist, da fehlende Befunde zu einer Fehleinschätzung des Krankheitsstatus führen könnten. Fehlt eine aus medizinischen Gründen erforderliche Dokumentation, so ist zu vermuten, dass die entsprechende Maßnahme – hier die rektale Untersuchung – unterblieben ist (vgl. BGH VersR 1995, S. 706; VersR 1993, S. 836; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 6. Aufl., Teil B, Rn. 202). Es handelt sich um eine widerlegbare Vermutung, mithin besteht für die Behandlerseite die Möglichkeit nachzuweisen, dass sie trotz fehlender Dokumentation den Befund erhoben hat (BGH VersR 1984, S. 354; Geiß/Greiner, a. a. O., Rn. 209). Diesen Beweis haben die Beklagten indes nicht geführt. Der Beklagte zu 2. hat zwar im Rahmen seiner Anhörung durch das Landgericht – nach Abschluss seiner Vernehmung als Partei – vorgetragen, er habe rektale Untersuchungen – um 04:00 Uhr nachts und um 09:00 Uhr morgens – vorgenommen. Dabei habe er um 09:00 Uhr eine Dünndarmschlinge bemerkt, während er um 04:00 Uhr nachts keine Komplikationen festgestellt habe. Der Senat hält diese Angaben jedoch nicht für überzeugend. Es ist bereits nicht nachvollziehbar, dass entsprechende Untersuchungen und deren Ergebnisse nicht festgehalten worden sind, während die weiteren Beobachtungen und Maßnahmen im Protokoll der Intensivüberwachung relativ ausführlich notiert sind. So wird etwa festgehalten, dass das Pferd um 03:30 Uhr ruhig gestanden hat. Auch dass es um 04:30 Uhr 10 Minuten im Schritt geführt wurde und danach sofort wieder gekratzt hat, ist notiert worden. Auch sind die jeweiligen Untersuchungsergebnisse, etwa der Hämatokritwert, festgehalten. Ferner ist aufgezeichnet, welche Medikamente verabreicht worden sind. Nicht erklärlich ist es in dieser Situation, dass die nach den Ausführungen des Sachverständigen wichtigste Untersuchung – gleich in zwei Fällen – in keiner Weise dokumentiert ist. Auch der Beklagte zu 2. hat die – behauptete – Lücke in der Dokumentation nicht zu erklären vermocht. Zudem wäre es nach den Darlegungen des Sachverständigen erforderlich gewesen, eine festgestellte Dünndarmschlinge weiter zu beobachten, wenn nicht sogar sofort eine Notoperation hätte eingeleitet werden müssen. Nicht nachvollziehbar ist dem Senat daher, dass die nach Behauptung der Beklagten um 9.00 Uhr festgestellte Darmverschlingung weder der Klägerin mitgeteilt worden ist noch im Rahmen der Verlegung des Pferdes in die Klinik nach S… aktenkundig gemacht wurde, um die dortigen Ärzte zu informieren.

17
Die seitens der Beklagten unterlassene Befunderhebung führt zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität mit der Folge, dass die Beklagten den Nachweis hätten erbringen müssen, dass nicht bereits am 16.11.2005 um vier Uhr bei einer rektalen Untersuchung des Pferdes eine Lähmung des Dünndarms festgestellt worden wäre. Diesen Beweis haben die Beklagten nicht geführt. Ein Befunderhebungsfehler führt im Bereich der haftungsbegründenden Kausalität zur Beweislastumkehr, wenn das Unterlassen der Befunderhebung selbst als grober Behandlungsfehler zu werten ist (BGH VersR 1998, S. 457; Geiß/Greiner, a. a. O., Teil B, Rn. 295). Zu entsprechenden Beweiserleichterungen kommt es darüber hinaus, wenn die Unterlassung die Erhebung oder Sicherung medizinisch gebotener Befunde betrifft und der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein medizinisch positives und deshalb aus medizinischer Sicht reaktionspflichtiges Ergebnis gehabt hätte, wobei eine hinreichende Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne im Falle einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, also bei einer jedenfalls über 50 % liegenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist (OLG Köln VersR 2004, S. 247; OLG München MedR 2007, S. 361; Geiß/Greiner, a. a. O., Teil B, Rn. 296). Dabei gelten die für die Humanmedizin entwickelten Grundsätze zur Beweislastumkehr beim groben Behandlungsfehler in gleicher Weise auch beim Tierarzt, da beide Tätigkeitsbereiche sich auf einen lebenden Organismus beziehen und bei der medizinischen Versorgung eines Tieres in gleicher Weise eine Beweislastumkehr als Interessenausgleich für den Fall eines groben Behandlungsfehlers gerechtfertigt ist (OLG München VersR 1989, S. 714; OLG Stuttgart VersR 1996, S. 1029). Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen ist vorliegend sowohl davon auszugehen, dass eine rektale Untersuchung um 4.00 Uhr ein reaktionspflichtiges Ergebnis in Form der Feststellung einer Paralyse des Dünndarms gehabt hätte, als auch dass ein grober Behandlungsfehler gegeben ist, also ein medizinisches Fehlverhalten, das aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil ein solcher Fehler dem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf (BGH VersR 2007, S. 995; S. 541; VersR 2004, S. 909; Geiß/Greiner, a. a. O., Teil B, Rn. 251 f). So hat der Sachverständige bereits im Rahmen seiner Anhörung durch das Landgericht ausgeführt, insbesondere aus dem um 4.00 Uhr festgestellten Reflux, der auf einen Darmverschluss schließen ließe, folge, dass bei einer rektalen Untersuchung zu diesem Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Lähmung des Dünndarms festgestellt worden wäre. An dieser Einschätzung hat der Sachverständige auch bei seiner Anhörung durch den Senat festgehalten. Zugleich hat der Sachverständige das Unterlassen der rektalen Untersuchung um 4.00 Uhr als unverständlich und damit grob fehlerhaft eingestuft. Der Senat folgt auch diesen Ausführungen des Sachverständigen. So erscheint es nicht verständlich, dass bei der Nachsorge nach einer Operation gerade auch im Hinblick auf das häufige Risiko einer erneuten Darmverschlingung zwar eine intensive Überwachung und eine umfangreiche Dokumentation der gemessenen Werte, verabreichten Medikamente und der sonstigen Beobachtungen erfolgt, bei Auftreten eines erheblichen Refluxes, der auf eine möglicherweise vorliegende Darmverschlingung bzw. Darmlähmung hindeutet, die wichtigste Untersuchungsmaßnahme jedoch gerade nicht ergriffen wird.

18
Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen steht zur Überzeugung des Senats weiter fest, dass den Beklagten als weiterer Behandlungsfehler das Unterlassen einer Notfalloperation vorzuwerfen ist, wobei der Senat auch insoweit den Feststellungen des Sachverständige Prof. Dr. G… folgt, dass eine Notoperation in einem Zeitfenster von zwei bis drei Stunden nach der Untersuchung um 4.00 Uhr mit dem zu unterstellenden reaktionspflichtigen Ergebnis hätte erfolgen müssen und die Verzögerung der Operation über 11.00 Uhr hinaus sich als grob fehlerhaft darstellt. Der Sachverständige hat sich im Rahmen seiner Anhörung durch den Senat dahin festgelegt, dass eine Notoperation in einem Zeitfenster von zwei bis drei Stunden erforderlich gewesen wäre, wobei in dieser Zeitspanne auch die Eigentümerin des Pferdes über die Situation hätte informiert werden müssen und deren Einwilligung in die Operation bzw. die Verweigerung der Einwilligung hätte dokumentiert werden müssen. Weiterhin hat der Sachverständige in Vertiefung seiner Ausführungen im Gutachten dargetan, es sei nicht verständlich, dass bei unverändertem Zustand des Pferdes auch um 11.00 Uhr eine Notoperation nicht durchgeführt worden sei. Die Einwendungen der Beklagten hiergegen überzeugen nicht. Zu kurz greift die Ansicht, ein Reflux von 3 bis 4 Litern zeige eine Notfallsituation nicht an. Allein auf diese Feststellung gründet der Sachverständige seine Annahme vom Vorliegen einer Notfallsituation nicht. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte der Reflux vielmehr in Zusammenschau mit den anderen dokumentierten Parametern die Beklagten veranlassen müssen, eine rektale Untersuchung durchzuführen, die unterblieben ist und nach den Ausführungen des Sachverständigen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zur Feststellung einer Paralyse zu diesem Zeitpunkt geführt hätte. Soweit die Beklagten ohne weitere Belege vortragen, im Falle einer Paralyse hätte um 11.15 Uhr ein Reflux von mehr als 3 Litern festgestellt werden müssen, nämlich eine Menge von 10 bis 15 Litern, auch gebe es bei einem paralytischen Ileus kein Zeitfenster von zwei bis drei Stunden für eine Notfalloperation, sondern ein Zeitfenster von 12 bis 24 Stunden, setzen sie sich zwar in Widerspruch zu den Feststellungen des Sachverständigen. Eine Untersetzung ihrer Ansicht ist aber nicht erfolgt, sodass auch keine Veranlassung besteht, ein Obergutachten einzuholen. Zudem hat der Sachverständige ausgeführt, dass das Zeitfenster nicht absolut sei, sondern vom Einzelfall abhänge, jedenfalls seien zeitnahe Kontrollen erforderlich und, soweit – wie vorliegend – eine Verbesserung nicht eingetreten sei, ein Eingriff. Nicht nachvollziehbar ist schließlich der Einwand der Beklagten, die aus ihrer Sicht fehlerhafte Beurteilung des Sachverständigen erkläre sich daraus, dass der Sachverständige Internist und kein Chirurg sei. In der Berufungsinstanz streiten die Parteien nicht mehr um die chirurgisch korrekte Ausführung der Operation vom 15.11.2005, sondern um die medizinische Deutung der Symptome einer Darmverschlingung bzw. Darmparalyse und die Erforderlichkeit eines zeitnahen Einschreitens. Dass diese Problematik nicht in das Fachgebiet eines Internisten fällt, haben die Beklagten nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.

19
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist ferner unerheblich, ob die Operation in der Klinik in S… ebenfalls zu spät gewesen ist, was der Sachverständige Prof. Dr. G… ausdrücklich annimmt. Dieser Umstand führt nicht zu einer Entlastung der Beklagten.

20
Ein grober Behandlungsfehler durch das Unterlassen der Notfalloperation entfällt auch nicht deshalb, weil die Klägerin eine solche Maßnahme nach Vortrag der Beklagten trotz entsprechenden Anratens abgelehnt hat. Eine Verweigerung der Einwilligung der Klägerin ist nicht nachgewiesen. Nach den auch insoweit nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. G… hätte die Reaktion der Klägerin auf die von den Beklagten behauptete Anfrage dokumentiert werden müssen. Diese Einschätzung des Sachverständigen erscheint schon im Hinblick darauf, dass die Einwilligung für die Rechtfertigung des Eingriffs in das Eigentum der Klägerin durch eine zweite Operation erforderlich war, folgerichtig. Die Beklagten haben auch nicht bewiesen, dass entgegen der infolge der fehlenden Dokumentation bestehenden Vermutung, eine Rückfrage wegen einer zweiten Operation sei nicht erfolgt, die Klägerin eine Zustimmung zu einem solchen Eingriff verweigert hat. Zwar hat der Beklagte zu 2. im Rahmen seiner Vernehmung als Partei durch das Landgericht angegeben, er habe die Klägerin bei einem Telefonat am Morgen des 16.11.2005 über das Erfordernis einer zweiten Operation informiert. Der Senat hält diese Angaben jedoch nicht für glaubhaft. So haben die Beklagten erstmals einen telefonischen Hinweis am Morgen des 16.11.2005 an die Klägerin vorgetragen, nachdem der Sachverständige ausgeführt hat, eine zweite Operation sei notwendig gewesen und auch zu einer Verzögerung Feststellungen getroffen hat. Zuvor hatten die Beklagten vorgetragen, der Beklagte zu 1. habe um 11.00 Uhr eine zweite Operation vorgeschlagen. Einen vorherigen telefonischen Hinweis des Beklagten zu 2. mit der Klägerin hatten die Beklagten hingegen nicht angegeben. Auch haben die Beklagten keine Vorbereitungen für die Durchführung der Notoperation getroffen und nicht einmal, die Notwendigkeit der Durchführung der Operation dokumentiert, obwohl dies nach den Feststellungen des Sachverständigen ebenfalls erforderlich gewesen wäre. Weiterhin hat der Beklagte zu 2. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nach wie vor die Ansicht vertreten, eine sofortige Notoperation sei nicht erforderlich gewesen. Diese Einschätzung lässt sich ebenfalls nicht in Übereinstimmung damit bringen, dass er die Klägerin auf die Notwendigkeit einer solchen Operation hingewiesen haben will. Schließlich hat auch die Klägerin im Rahmen ihrer Vernehmung als Partei durch das Landgericht in Abrede gestellt, dass die Beklagten ihr mitgeteilt hätten, es sei eine zweite Operation des Pferdes notwendig.

21
Entgegen der Auffassung des Landgerichts lässt sich das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers nicht mit der Überlegung verneinen, die Klägerin hätte möglicherweise – bei entsprechender Nachfrage der Beklagten – die Zustimmung zu der gebotenen zweiten Operation verweigert. Anhaltspunkte für ein solches Verhalten der Klägerin bestehen nicht. Vielmehr lässt sich eine Zustimmung zu einer Revisionsoperation bei rechtzeitiger Information aus dem weiteren Verhalten der Klägerin ableiten. Die Klägerin hat am 16.11.2005 gegen Mittag die Verlegung des Pferdes vorgenommen und eine zweite Operation in der Klinik in S… durchführen lassen.

22
Dem Landgericht ist nicht darin zu folgen, dass auch bei Annahme eines groben Behandlungsfehlers die Kausalität des Unterlassens der Operation für den Tod des Pferdes nicht anzunehmen ist. Die Kausalität eines groben Behandlungsfehlers für den Primärschaden ist zu verneinen, wenn trotz der generellen Eignung des Behandlungsfehlers den eingetretenen Schaden herbeizuführen, der Umkehr der Beweislast entgegensteht, dass aufgrund konkreter Umstände der Eintritt des Primärschadens äußerst unwahrscheinlich ist, was von der Behandlerseite nachzuweisen ist (BGH VersR 2005, S. 228; OLG Brandenburg, 1. Zivilsenat, VersR 2004, S. 1050; Geiß/Greiner, a. a. O., Teil B, Rn. 259). Eine gänzlich unwahrscheinlichen Kausalität ist bei einer zehnprozentigen Chance des Erfolgseintritts dabei noch nicht anzunehmen (vgl. OLG Brandenburg, a. a. O.). Den entsprechenden Nachweis haben die Beklagten ebenfalls nicht geführt. Der Sachverständige Prof. Dr. G… hat in seinem Gutachten ausgeführt, der Behandlungsverlauf hätte sich wahrscheinlich bis hoch wahrscheinlich nicht günstiger dargestellt, dabei hat er die Überlebenschancen mit 5 – 55 % beziffert. Im Rahmen seiner Anhörung durch das Landgericht hat er die Überlebenschancen des Tieres unter Berücksichtigung des Operationsberichts der Beklagten mit 10 – 40 % angegeben. Zugleich hat er ausgeführt, eine solche Einschätzung sei nur schwer möglich, auch verschlechterten sich die Überlebenschancen bei frühzeitigem Auftreten von Komplikationen, wie es hier der Fall gewesen sei. Insgesamt ist jedoch nicht der Nachweis geführt, dass das Überleben des Pferdes äußerst unwahrscheinlich im vorgenannten Sinne gewesen ist.

23
Schließlich ist die Kausalität des den Beklagten vorzuwerfenden Behandlungsfehlers nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Pferd die zweite Operation in der Klinik in S… noch für einen Zeitraum von fünf Tagen überlebt hat. Der Sachverständige Prof. Dr. G… hat im Rahmen seiner Anhörung durch den Senat plausibel gemacht, dass das Weiterleben des Tieres allein auf den nach der Operation vorgenommenen Medikamenteneinsatz zurückzuführen war, sodass eine Unterbrechung der Kausalität der fehlerhaften Behandlung für den Tod des Pferdes nicht bewiesen ist.

24
Die Klägerin kann von den Beklagten wegen der diesen vorzuwerfenden Behandlungsfehler die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 45.000,00 € verlangen. Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Wert des Wallachs „R…“ der Klägerin im November 2005 wenigstens 45.500,00 € betragen hat. Die Sachverständige G… R… hat in ihrem Gutachten vom 16.12.2011 detailliert und überzeugend, den Wert des Pferdes im November 2005 ohne Berücksichtigung der Kolik-Operationen auf 65.000,00 € festgesetzt. Sie hat sich ausführlich und überzeugend mit den zu berücksichtigenden wertbildenden Umständen auseinandergesetzt und umfassend Vergleichsverkäufe herangezogen, wobei sie für jeden Einzelfall die Vergleichbarkeit mit dem Pferd „R…“ herausgearbeitet hat. Einwände gegen die diesbezüglichen Ausführungen der Sachverständigen haben die Parteien nicht erhoben. Die Sachverständige hat sich weiterhin mit den dokumentierten Vorerkrankungen des Pferdes auseinandergesetzt und – im Hinblick auf nicht festgehaltene Dauerschäden – folgerichtig einen guten Gesundheitszustand des Tieres vor der ersten Kolikoperation zu Grunde gelegt. Schließlich hat die Sachverständige wegen der beiden Operationen im November 2005 einen Abschlag von 20 % vorgenommen und so den angegebenen Wert von 52.000,00 € ermittelt. Die Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die Kolikoperationen sich auf den Marktwert auswirkten, da das Kaufinteresse für Pferde, die eine schwere Operation hinter sich haben, geringer sei, als für Pferde ohne vergleichbare Beeinträchtigungen. Einen weitergehenden Abzug hat die Sachverständige auch im Rahmen ihrer Anhörung im Termin am 22.03.2012 nicht für gerechtfertigt gehalten. Sie hat insoweit eingeräumt, wie auch das von den Beklagten eingereichte Gutachten der Sachverständigen Dr. P… B… vom 13.02.2012 von einer Wertminderung von 10 bis 30 % nach einer Kolikoperation ausgegangen zu sein und im vorliegenden Fall den Mittelwert herangezogen zu haben. Der Senat hält dieses Vorgehen im Grundsatz für zutreffend, wobei dahinstehen kann, ob aufgrund der erforderlichen Revisionsoperation – mithin dem Vorliegen von zwei Kolikoperationen – nicht ein Abschlag von 30 % gerechtfertigt wäre, der Wert des Pferdes also mit 45.500,00 € zu veranschlagen wäre, da Ansprüche der Klägerin über eine Forderung von 45.000,00 € hinaus verjährt sind (dazu sogleich).

25
Unzutreffend stellen die Beklagten im Anschluss an die Ausführungen der Sachverständigen Dr. B… darauf ab, dass der Marktwert des Pferdes im November 2005 im Hinblick auf die gerade erst erfolgten zwei Kolikoperationen mit 0 € anzusetzen ist. Wie oben ausgeführt war im Rahmen der Prüfung des den Beklagten zur Last fallenden Behandlungsfehlers und der Kausalität für den Primärschaden zu unterstellen, dass die Revisionsoperation des Pferdes der Klägerin erfolgreich verlaufen wäre. Dieses Wertung ist zur Vermeidung widersprüchlicher Ergebnisse auch im Rahmen der Wertermittlung beizubehalten, so dass das Wissen des Käufers von einem dauerhaften Überstehen der Operationen in der Weise zu fingieren ist, dass eine Situation unterstellt wird, in der das Pferd bei günstiger Prognose einen rezidivfreien Zeitraum von über zwölf Monaten überstanden hat, sodass es bei dem – auch nach Auffassung der Sachverständigen Dr. B… – für diesen Fall vorzunehmenden Abschlag von 10 bis 30 % des ohne die Operationen gerechtfertigten Markwertes zu verbleiben hat. Dafür dass zu einem späteren Zeitpunkt konkret anzugebende Komplikationen dennoch aufgetreten wären, die sich wiederum auf den Marktwert des Pferdes ausgewirkt hätten, sind die Beklagten darlegungs- und beweisbelastet, ohne dass sie diesen Beweis geführt haben. Nach allem war die Einholung eines Obergutachtens zum Marktwert schon deshalb nicht veranlasst, weil die zwischen den Parteien streitigen Auswirkungen der Kolikoperationen – soweit sie entscheidungserheblich sind – allein aufgrund rechtlicher Bewertung zu beantworten sind, mithin insoweit einer sachverständigen Begutachtung nicht unterliegen. Eine Rechtsgrundlage für die ebenfalls von den Beklagten beantragte Ladung und Anhörung der Privatsachverständigen existiert schließlich nicht.

26
Schadensersatzansprüche der Klägerin sind verjährt soweit sie den mit der Klage zunächst geltend gemachten Betrag von 45.000,00 € überschreiten, also hinsichtlich des mit der Klageerweiterung im Schriftsatz vom 10.02.2012 geltend gemachten Erhöhungsbetrages von 7.000,00 €. Die Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfasste nur den im damaligen Zeitpunkt geforderten Betrag von 45.000,00 €. Die Hemmung der Verjährung erfolgt auch bei einer verdeckten Teilklage grundsätzlich nur hinsichtlich des eingeklagten und damit streitgegenständlichen Betrages (BGH VersR 2002, S. 1253). Etwas anderes gilt, wenn eine Klageerhöhung wegen einer erst im Laufe des Rechtsstreits infolge der Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse eingetretenen Schadensvergrößerung vorgenommen wird (BGH VersR 2002 a. a. O.; VersR 1984, S. 868). Vorliegend beruft sich die Klägerin nicht darauf, dass die Klageerhöhung infolge einer nachträglichen Veränderung – etwa einer Entwicklung des Pferdemarktes – erfolgt ist. Der erhöhte Klageantrag beruht vielmehr auf einer abweichenden Beurteilung des Werts des Pferdes im Schadenszeitpunkt durch die gerichtlich bestellte Sachverständige. Eine solche Veränderung wird von der verjährungshemmenden Wirkung der zunächst erhobenen Klage jedoch nicht erfasst, sodass insoweit die von den Beklagten hinsichtlich der Klageerweiterung im Termin vor dem Senat am 22.03.2012 nochmals ausdrücklich erhobenen Einrede der Verjährung durchgreift.

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Im Übrigen bleibt die Einrede der Verjährung ohne Erfolg. Unschädlich ist insoweit, dass die Klägerin die Beklagten persönlich und nicht die von diesen gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Anspruch genommen hat, mit der der Behandlungsvertrag geschlossen worden war. In teleologischer Einschränkung des § 129 Abs. 1 HGB kann sich der Gesellschafter nicht auf eine Verjährung der Forderung gegen die Gesellschaft berufen, wenn gegenüber ihm persönlich im Hinblick auf seine persönlich bestehende Haftung verjährungshemmende Maßnahmen erfolgt sind (BGH NJW 1988, S. 1976; Karsten Schmidt im MüKo, HGB, Kommentar, § 129, Rn. 9). So liegt der Fall auch hier. Die gerügten Behandlungsfehler datieren vom 15. und 16.11.2005. Vertragliche Schadensersatzansprüche wegen dieser Maßnahmen verjährten mithin grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2008, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. ist die Verjährungsfrist indes gehemmt worden, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Die am 29.12.2008 per Telefax und am 30.12.2008 im Original eingegangene Klage ist den Beklagten nämlich demnächst im Sinne von § 167 ZPO zugestellt worden. Danach ist erst bei einer vom Zustellungsbetreiber verursachten Zustellungsverzögerung von mehr als vierzehn Tagen eine Rückwirkung der Zustellung nicht mehr anzunehmen (BGH NJW 2004, S. 3775; Greger in Zöller, ZPO; Kommentar, 29. Aufl., § 167, Rn. 11). Eine solche Verzögerung ist hier nicht gegeben. Die Klägerin hat zwar lediglich eine beglaubigte Abschrift der Klageschrift nebst Anlagen eingereicht, obwohl sich die Klage gegen zwei Beklagte richtete. Dieses Versäumnis, das vom Landgericht im Rahmen der normalen Bearbeitung der Sache am 06.01.2009 bemerkt und beanstandet worden ist, hat aber maximal zu einer Verzögerung der Zustellung um 10 Tage geführt, denn die Zustellung ist am 16.01.2009 von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle veranlasst worden und am 20.01.2009 erfolgt.

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Aus den vorgenannten Gründen besteht ein weitergehender Anspruch schließlich nicht aus § 823 Abs. 1 BGB.

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b) Weiterhin besteht ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der ihr vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 1.530,58 €. Vorgerichtliche Anwaltskosten sind zu erstatten, soweit die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts im konkreten Fall zur Durchsetzung der Rechte erforderlich und zweckmäßig war (vgl. BGH NJW 2004, S. 444; OLG Hamm ZfS 2008, S. 587; Heinrichs in Palandt, a. a. O., § 249, Rn. 57). Dies ist vorliegend der Fall, wie das vorgerichtliche Verhalten der Beklagten belegt, die einen Ausgleich der Schadensersatzforderung der Klägerin abgelehnt haben. Da Zahlungsansprüche der Klägerin in Höhe von insgesamt 45.000,00 € begründet sind, sind der Klägerin die für die außergerichtliche Tätigkeit ihres Anwaltes entstandenen Kosten ausgehend von diesem Betrag als Gegen-standswert zu erstatten (vgl. hierzu auch BGH NJW 2008, S. 1888), wobei entgegen der Auffassung der Beklagten eine Geschäftsgebühr von 1,3 anzusetzen war. Eine Gebühr von weniger als 1,3 kann nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG nur verlangt werden, wenn die Tätigkeit unterdurchschnittlich umfangreich oder schwierig war (vgl. Hartmann, Kostengesetze, Kommentar, 40. Aufl., Nr. 2300 VV zum RVG, Rn. 27). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen haben die Beklagten nicht dargetan. Sie sind auch aufgrund des vorliegend anzuwendenden Spezialrechts (Tierarztrecht) nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr in Höhe von 1.266,20 € (1,3 x 974,00 €) sowie einer Auslagenpauschale von 20,00 € und der Mehrwertsteuer von 19 % ergibt sich ein Betrag von 1.530,58 €.

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c) Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.

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3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

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Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

33
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 52.000,00 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.

34
Wert der Beschwerde für die Klägerin:

7.000,00 €,

Wert der Beschwerde für die Beklagten:

45.000,00 €.