Pferderecht Alttag

Die mobile Pferdebox

Auch wenn es keine DIN-Vorschriften oder Baunormen für mobile Pferdeboxen gibt,
müssen diese so beschaffen sein, dass Pferde sich nicht daran verletzen können.
Ansonsten liegt ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor und der
Hersteller/Verkäufer/Vermieter dieser Boxen haftet für den entstandenen Schaden.
Nachts auf dem Reitturnier befreite sich ein Wallach aus seiner Box und stiftete
Unruhe in der Stallhalle, wo mehrere Pferde in mobilen Pferdeboxen untergebracht
waren. Unter anderem kam es dazu, dass ein Hengst in seiner Box stieg und über
die Wand der mobilen Box sprang, wobei er sich verletzte und tierärztlich behandelt
werden musste. Der Hengsteigentümer verlangte diese Kosten nun ersetzt und zwar
sowohl von dem Halter des ausgebüchsten Wallachs als auch von der Herstellerin
und Vermieterin der mobilen Pferdeboxen. Das Landgericht verurteilte den Halter
des Wallachs zur Zahlung des halben Schadens – die andere Hälfte musste der
Hengsthalter selbst tragen, da er sich die Realisierung der typischen Tiergefahr
seines eigenen Pferdes anrechnen lassen musste. Die Haftung der Boxenherstellerin
lehnte das Landgericht ab, da keine DIN Vorschriften existierten, die eine bestimmte
Bauweise vorschrieben, sich die Verwendung einer besonderen Stärke für die
Vierkantrohre auch nicht aufdränge und der eingetretene Schaden auch nicht
vorhersehbar gewesen sei. Zudem sollten die transportierbaren Boxen ja gerade
leicht auf – und abzubauen sowie zu transportieren sein., so dass nicht die gleichen
Ansprüche wie an feste Boxen zu stellen seien. Dies ließ der Kläger nicht auf sich
beruhen und ging in die nächste Instanz.
Die Boxen waren in Rahmenbauweise mit Vierkantrohren und Profilmaßen 25 x 25 x
2 oder 3 mm Materialstärke gefertigt. Die Höhe betrug 220 cm, die Grundfläche 3
Quadratmeter. Der Hengsthalter hatte die Box zusätzlich mit Stromlitzen gesichert.
Diese Materialstärke war gerade mal dazu geeignet, eine Last von 100 kg in
vertikaler und 60 kg in horizontaler Richtung zu tragen. Um die Last eines steigenden
Pferdes mit einem Gewicht von 600 bis 700 kg abzufedern, hätte es einer
Materialstärke von mindestens 60 x 40 x 4 oder 80 x 80 x 4 bedurft, so der gerichtlich
mit der statischen Bewertung beauftragte Sachverständige. Es wurde damit
festgestellt, dass die Bauweise der mobilen Boxen nicht dem Tierschutzgesetz
entspreche und nicht den Richtlinien der FN, wonach alle Einrichtungen in denen
Pferde gehalten und mit denen sie in Berührung kommen können, so gestaltet sein
müssen, dass Verletzungen ausgeschlossen sind.
Das Argument der Boxenbauerin, es sei noch nie zuvor etwas passiert, überzeugte
das Oberlandesgericht entgegen des erstinstanzlichen Gerichtes nicht, da das
Steigen und der Versuch die Boxenwand zu überspringen sehr wohl vorhersehbar
war und dieser Gefahr vorgebeugt werden musste. Diese sei zumindest nicht völlig
fernliegend gewesen und die Boxen wiesen nicht die notwendige Stabilität auf, um
die Lasten des steigenden Pferdes zu tragen. Zudem sei auch nicht ersichtlich, dass
eine Pferdebox mit der erforderlichen Materialstärke nicht mehr transportabel oder
wirtschaftlich sei.
Im Verhältnis zu dem Verschulden der Boxenherstellerin welches aus dieser
Pflichtverletzung resultierte, musste sich der geschädigte Hengsthalter auch nicht die von seinem eigenen Pferd ausgehende Gefahr anrechnen lassen. Hinter
menschlichem Fehlverhalten tritt die Tiergefahr vollständig zurück, so dass
Oberlandesgericht (Celle, 13.08.2018, 20 U 7/18). Die sich aufdrängende Frage, ob
dann nicht auch die Haftung für den Halter des Wallachs entfiele, wenn das
menschliche Verschulden doch die Tiergefahr überwiege, wurde durch das Gericht
nicht entschieden, da diese Haftungsfrage wiederum im Innenverhältnis zwischen
dem Halter des Wallachs und der Boxenvermieterin geklärt werden müsse.
Ist die Box gemietet oder Gegenstand eines Einstellervertrages, haftet der
Stallbetreiber für bauliche Mängel an der Box, die zu einem Schaden geführt haben
(OLG Köln, Urteil vom 5.2.2013 – 5 U 138/12). In dem Urteil des OLG Köln war ein
Pferd beim Steigen in der Box mit einem Vorderbein in einem zu breiten
Zwischenraum zwischen Tor und Türangel hängen geblieben. Das Bein brach und
das Pferd musste eingeschläfert werden. Leider zeigt sich auch anhand dieses
Beispielfalls, dass auch nur geringfügige Abweichungen von den in den Richtlinien
für Pferdehaltung vorgesehenen Maßen zu folgeschweren Unfällen führen können.
Stallbauer sollten daher mit Fachleuten zusammenarbeiten und die Einhaltung der
Richtlinien unter Tierschutzgesichtspunkten beachten – dies gilt nicht nur für die
Boxen, sondern auch für alle sonstigen Einrichtungen und Gegenstände, Zäune und
Wege, die von den Pferden refrequentiert werden. So kann sich auch der
Stallbesitzer bestmöglich von der Haftung exkulpieren. Realisiert sich eine Gefahr,
die für ihn selbst nicht erkennbar war, dann haftet er gegenüber dem Einsteller nicht:
In einem Fall, in dem ein Pferd mit dem Hinterhuf zwischen zwei Gitterstäben
hängenblieb, die offenbar unzureichend mit der Holzeinfassung auf der Trennwand
verschweißt waren, haftete der Pensionspferdehalter nicht für den Schaden des
Einstallers, da der Mangel bei der Verarbeitung der Boxen für ihn nicht erkennbar
gewesen war (OLG Oldenburg, Urteil vom 04.01. 2011, 12 U 91/10). Ihn traf
deswegen kein Verschulden am Eintritt des Schadens