Gemindertes Nutzungsentgelt wegen Hengstigkeit?
Bei Nutzungsüberlassungs-, Leih-, Pacht- oder Leasingverträgen sollte vorher genau vereinbart werden, welche Partei welche Risiken und Kosten trägt und welche Versicherungen abgeschlossen werden. Sowohl in Sport und Freizeit als auch zur Zucht werden Pferde oftmals zeitweise zu einem bestimmten Zweck überlassen, zumeist gegen Entgelt. Dabei ist unerheblich, wie die Parteien den Vertrag nennen, wichtig ist, dass er so genau formuliert ist wie möglich, um Streitigkeiten vorzubeugen – ein Gericht hatte aktuell zu entscheiden, wer das Risiko des krankheitsbedingten Nutzungsausfalls trägt und ob das Nutzungsentgelt wegen Hengstigkeit gemindert werden kann (OLG Frankfurt, Urteil vom 14.06.2024, 29 U 197/20).
Die hier vor Gericht zwischen zwei Firmen streitige Nutzungsüberlassung eines Hengstes war sehr komplex und beinhaltete multiple individuelle Vereinbarungen über die Reiterin, welche das Pferd reiten sollte, das Training, den Zweck der Vereinbarung, das Training weiterer Pferde und deren Verkauf, den Einsatz des Hengstes auf welchen Turnieren und auf welchen nicht, etc…das Nutzungsentgelt für ein Jahr befand sich in sechststelliger Höhe, der Wert des Pferdes bei 800.000,00 Euro. In der Folgezeit wurde das Pferd vertragsgemäß genutzt, fiel aber auch zwischenzeitlich krankheitsbedingt aus. An einigen Turnieren nahm die Reiterin wegen dessen „Hengstigkeit“ nicht teil. Ein Teil des Nutzungsentgelts wurde daraufhin nicht gezahlt und schließlich von der Nutzungsgeberin klageweise eingefordert. Vor Gericht stritten die Parteien dann über die Einhaltung, bzw. Nichteinhaltung diverser Punkte des Vertrags, gar um dessen Wirksamkeit insgesamt, da die Nutzerin Nichtigkeit aufgrund krassen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung geltend machte (Wucher). Das Gericht befand den Vertrag jedoch als wirksam, da es für Wucher bzw. Sittenwidrigkeit an der Ausnutzung einer Zwangslage, Unerfahrenheit oder einer ansonsten verwerflichen Gesinnung der Nutzungsgeberin fehle – schließlich sei auch die beklagte Nutzerfirma Vollkaufmann (eingetragene GmbH im Handelsregister mit Pferdezucht als Unternehmensgegenstand). Der unstreitig zeitweise stattgefundene krankheits- und verletzungsbedingte Ausfall des Hengstes konnte nicht zur Herabsetzung des Nutzungsentgeltes führen, da dieses Risiko vertraglich der Nutzerin auferlegt worden war (abweichend von der gesetzlichen Risikoverteilung). Die Nichteinhaltung diverser anderer Nebenvereinbarungen durch die Nutzungsgeberin konnten auch nicht durchgreifen, da diese nur ergänzende Vereinbarungen seien und nicht im direkten Gegenseitigkeitsverhältnis zum Nutzungsentgelt stehen würden. Das Urteil, in dem der Nutzungsgeberin das volle somit Nutzungsentgelt zugesprochen wurde, hielt auch in zweiter Instanz stand. Der Vertrag unter Kaufleuten wurde als nicht sittenwidrig bestätigt, der unstreitige krankheitsbedingte Ausfall des Hengstes als nicht preismindernd und auch nicht die das hengstige Verhalten des Pferdes, da dieses während der Vertragsdauer nicht beanstandet wurde. Die Klägerin bekam insofern das volle vereinbarte Nutzungsentgelt zugesprochen.
Grundsätzlich sollten sich die Parteien einig sein über: Sinn und Zweck der Überlassung des Pferdes, Leistung und Gegenleistung, Dauer des Vertrages und Kündigungsmöglichkeiten für beide Seiten, Aufenthaltsort des Pferdes, Übernahme der Kosten für Unterbringung und Haltung, Hufschmied- und Tierarztkosten, Haftung und Versicherungen, Eintragung des Nutzers als Züchter des Fohlens. In einem Fall hatte eine Stuteneigentümerin einem Ausbilder ihre Stute überlassen, der sie bis Grand-Prix ausbilden sollte. Im Gegenzug – der Ausbilder übernahm sämtliche Kosten für die Stute in dem Zeitraum – sollte er alle ein bis zwei Jahre ein Embryo aus der Stute ausspülen dürfen. Er ließ die Stute auf seine Kosten besamen. Da er die Stute jedoch gleichzeitig sportlich weiter ausbilden und fördern wollte, wurde das Fohlen durch eine Leihstute ausgetragen. Als der Ausbilder nun als Züchter des Fohlens eingetragen wurde widersprach dem die Stuteneigentümerin und klagte gegen den Zuchtverband – bis zum BGH – erfolglos. Züchter sei derjenige, der den Zuchtvorgang „vornehme“ und den Fortpflanzungsvorgang kontrolliere und begleite, dies sei keine bloß aus dem Eigentum oder Besitz eines Pferdes abgeleitete Rechtsposition. Dies ergebe sich aus dem Tierzuchtgesetz ebenso wie ggf. aus zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen (BGH, 20.02.2020, III ZR 55/19 – der „Weihegoldfall“). Und wenn das Pferd sich verletzt oder stirbt? Wenn eine Pachtsache infolge des Pachtgebrauchs im Obhutsbereich des Pächters beschädigt oder zerstört wird, trägt der Pächter die Beweislast dafür, dass die Zerstörung oder Beschädigung der Pachtsache nur auf den vertragsgemäßen Gebrauch und nicht auf sein Verschulden zurückzuführen ist (OLG Köln, 27.04.2010, 3 U 3/09 im Falle eines Hengstes, der infolge einer Weideverletzung euthanasiert werden musste).