Pferderecht Alttag

Haftung gegenüber der Reitbeteiligung ausschließen

Der Tierhalter kann individuell seine persönliche Haftung gegenüber einer
Reitbeteiligung vertraglich ausschließen. Dieser Ausschluss wirkt sich im Falle
eines Reitunfalls mit Personenschaden auch gegenüber der gesetzlichen
Krankenversicherung aus. Dies gilt auch dann, wenn der Tierhalter eine private
Tierhalterhaftpflichtversicherung abgeschlossen hat (Schleswig-
Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19.03.2021, 17 U 142/20).
In dem vom Oberlandesgericht entschiedenen Fall ging es um den Sturz einer
Reiterin, die sich durch diesen eine schwerwiegende Verletzung in Form einer
Lendenwirbelkörperfraktur zugezogen hatte, was mehrere stationäre
Krankenhausaufenthalte, ambulante Behandlungen, und Verordnung von Heil- und
Hilfsmitteln zur Folge hatte. Die Krankenkasse der Reiterin klagte die dafür
aufgewandten Kosten in Höhe von über 40.000,00 Euro gegenüber der
Pferdehalterin ein – im Ergebnis über zwei Instanzen erfolglos.
Die Reitbeteiligung, die seit ihrem 6. Lebensjahr ritt und zuvor noch nie von dem
beteiligten Pferd gefallen war, konnte sich an einem Tag, an dem sie in der Halle ritt,
nicht mehr auf diesem halten als es scheute, vermutlich vor dem Geräusch eines an
der Reithalle außen durch eine Pfütze vorbeifahrenden Autos. Die Eigentümerin des
Pferdes ritt dieses selbst aufgrund ihres Alters nicht mehr und stellte der Reiterin das
Pferd unentgeltlich zur uneingeschränkten Verfügung, wobei sie selbst den Unterhalt
und die Versorgung des Pferdes vollständig finanzierte. Für Schäden, die durch das
Pferd verursacht würden, hatte sie auch eine private Tierhalterhaftpflichtversicherung
abgeschlossen. Mit der Reitbeteiligung allerdings wurde schriftlich ein
Haftungsverzicht vereinbart, wonach diese ausdrücklich auf alle Ansprüche
verzichtete, die ihr aufgrund der Tierhalterhaftung gegen die Eigentümerin wegen
durch das Pferd verursachter Sach-/Vermögens- und Personenschäden zustünden.
Zusätzlich enthielt der Verzicht auch noch die Formulierung, dass die Reitbeteiligung
die Eigentümerin auch im Innenverhältnis von Ansprüchen Dritter freistelle,
insbesondere ihrer Kranken- und Sozialversicherung.
Als es nun zu dem Unfall kam, der die Krankenkasse unter regelmäßigen
Bedingungen dazu berechtigt hätte, die Behandlungskosten als durch das Tier
verursachten Schaden gegenüber der Eigentümerin geltend zu machen, berief diese
sich zu Recht auf den mit der Reiterin vereinbarten Haftungsverzicht, der auch
gerade gegenüber der Krankenkasse gelten sollte. Diese wiederum vertrat die
Auffassung, dass ein solcher Haftungsausschluss ihr gegenüber als gesetzlicher
Sozialversicherungsträgerin keine Wirksamkeit entfalten könne, weil ein
privatrechtlich geschlossener Haftungsverzicht nicht dazu führen könne, dass über
öffentliche Mittel entschieden würde – dies schädige letztlich die
Versichertengemeinschaft. Ihr werde dadurch die gesetzlich vorgesehene
Regressmöglichkeit in unzulässiger Weise genommen. Dies widerspräche dem
gesetzgeberischen Willen, die Krankenkassen zu entlasten, soweit Dritte haftbar
gemacht werden könnten. Die klagende Krankenkasse warf der eigenen
Versicherten vor, ihr absichtlich Schaden zugefügt zu haben durch die Vereinbarung
des Haftungsausschlusses, was sie wiederum dazu berechtigen würde, sich die
Behandlungskosten von der Versicherten selbst wieder zu holen – was in der
Konsequenz bedeuten würde, die Reiterin versicherungslos zu stellen. Sowohl das
erstinstanzlich entscheidende Landgericht Kiel als auch das Oberlandesgericht
sahen das anders. Die grundsätzlich gegenüber der Reiterin haftende Tierhalterin
habe diese Haftung durch die Vereinbarung wirksam ausgeschlossen – auch zu
Lasten der Krankenkasse. Durch den Haftungsausschluss fehle es an einem eigenen
Anspruch der Reiterin und somit auch einem Anspruch, der gesetzlich auf die
Krankenkasse übergehen könne. Solche Haftungsausschlüsse seien im Freizeitsport
nicht unüblich und schon gar nicht ungesetzlich. Der vereinbarte Haftungsausschluss
zwischen Reitbeteiligung und Pferdehalterin bewege sich innerhalb der Grenzen
rechtskonformer Vertragsgestaltung und sei auch nicht vorsätzlich schädigend oder
sittenwidrig. Die unmittelbare und primäre Leistungspflicht der Krankenkasse
gegenüber der eigenen Versicherten auf Erstattung der Heilbehandlungskosten
ergebe sich hingegen aus dem Sozialgesetzbuch. Von dieser Pflicht wird sie auch
dann nicht frei, wenn möglicherweise ein anderer Leistungspflichtiger vorhanden ist.