Feldbewässerung neben der Pferdeweide


Dezember 2016.

Ein Landwirt der seine Bewässerungsanlage derart in Betrieb nimmt, dass dabei auf einer benachbarten Pferdeweide ein Wasserstrahl eintrifft und so die Pferde in Panik versetzt, haftet für die dabei entstehende Verletzung eines Pferdes (OLG Celle, 14.03.2016, 20 U 30/13).

Zu diesem Ergebnis gelangt ein Prozess nach vier Jahren und vier Instanzen. Der nachfolgend geschilderte Verfahrensgang zeigt wieder einmal, wie unterschiedlich ein Fall von verschiedenen Gerichten beurteilt werden kann. Am Ende ging der Prozess zugunsten der geschädigten Pferdebesitzerin aus.

Eine Pferdebesitzerin verklagte ihren Nachbarn, nachdem ihre Pferde auf der Weide in Panik geraten waren und sich eine wertvolle Stute dabei tödlich verletzt hatte. Der Landwirt hatte auf dem benachbarten Feld seine Bewässerungsanlage aufgestellt, deren ca. 30 Meter langer Wasserstrahl auf einer Länge von ca. 10 Metern auch auf die Weide der Klägerin schleuderte. Die Klage wurde in zwei Instanzen abgewiesen. Dem Landwirt konnte kein schuldhaftes, rechtswidriges Verhalten vorgeworfen werden, welches zu dem tragischen Ereignis geführt hatte. Dabei wurden verschiedene Aspekte zugunsten des verklagten Landwirtes berücksichtigt. Zum einen sei die Panik der Pferde auf der benachbarten Weide nicht durch die Berührung mit dem Wasserstrahl ausgelöst, sondern bereits durch das knallende und klackernde Geräusch, mit dem die Wasseranlage in Gang gesetzt wurde, sowie ggf. durch die Optik des hochfliegenden langgezogenen Wasserstrahls. Diesen Reizen wären die Pferde aber ohnehin ausgesetzt gewesen, selbst wenn der Wasserstrahl ihre Weide nicht berührt hätte. Selbst wenn der Landwirt also die Anlage ordnungsgemäß justiert hätte, wären die Pferde auf der Nachbarwiese in Panik geraten und hätten sich ebenso verletzen können. Zum anderen hätte sich der Landwirt auch nicht zuvor über denkbare Gefahren, die vom Betrieb der Anlage ausgehen könnten, vergewissern müssen und besondere Vorkehrungen treffen müssen. Der Beklagte konnte nachweisen, das er die in der Landwirtschaft im Übrigen üblicherweise eingesetzte mobile Bewässerungsanlage bereits seit 1976 benutzte, ohne dass dabei jemals Mensch oder Tier zu Schaden gekommen seien. In der gesamten juristischen und landwirtschaftlichen Praxis sei kein Fall bekannt, bei dem die Bewässerungsanlage als Gefahrenquelle je in Erscheinung getreten sei. Zudem habe die Klägerin angesichts der Lage ihres Hofes jederzeit damit rechnen müssen, dass ihr Nachbar auf seinen Feldern mit landwirtschaftlichen Großmaschinen wie Trecker, Mähdrescher, Güllewagen etc.. tätig wird und insofern ständig die Gefahr bestand, dass die Tiere von lärmintensivem und ggf. furchteinflößendem Gerät erschreckt werden.

Schließlich konnte die Geschädigte auch nicht mit dem Argument durchdringen, der beklagte Nachbar habe sich gleichgültig abgewendet, als er die in Panik geratenen Tiere wahrgenommen habe. Das Gericht folgte in diesem Punkte ebenfalls den Ausführungen des Beklagten, wonach dieser im Moment des Geschehens viel zu weit entfernt und außerdem gerade auf den Betrieb seines Treckers konzentriert war. Er musste insofern kein Problembewusstsein hinsichtlich der in Panik geratenen Pferde entwickeln und hätte davon abgesehen, die ausgebrochene Panik ohnehin nicht mehr verhindern können (OLG Celle, Beschluss vom 29.11.2013, 20 U 30/13).

Nun sah der Bundesgerichtshof allerdings eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin darin, dass das OLG Celle nicht dem unter Beweis der Einholung eines hippologischen Sachverständigengutachtens gestellten Argument nachgegangen war, dass die nicht ordnungsgemäße Aufstellung der Bewässerungsanlage eben doch ausschlaggebend für den Grad der Panik und das Fluchtverhalten der Tiere gewesen sei und somit der eingetretene Schaden hätte verhindert werden können, wenn der Landwirt die Bewässerungsanlage ordnungsgemäß so eingestellt hätte, dass der Wasserstrahl nicht direkt auf die Weide, sondern in 10-15 Metern Entfernung aufgetroffen wäre. Das höchste deutsche Gericht verwies den Rechtsstreit somit zur erneuten Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung an das OLG Celle zurück (BGH, 24.03.2015, VI ZR 534/13).

Und siehe da: unter Berücksichtigung eines Sachverständigengutachtens kam das Gericht zum gegenteiligen Ergebnis seiner ersten Entscheidung. Denn der hippologische Sachverständige stellte fest, dass zu einem derartig starken Fluchtverhalten und der Panikreaktion des hier tödlich verunglückten Pferdes gerade das Eintreffen des Wasserstrahls auf der Weide ausschlaggebend war. Durch die richtige Justierung, so dass der Wasserstrahl also nicht auf das benachbarte Grundstück getroffen wäre, hätte der Unfall vermieden werden können. Selbst wenn im Ergebnis offen bleiben müsse, ob die anderen von der Bewässerungsanlage ausgehenden Reize optischer und akustischer Art auch zu einer Reaktion der Pferde und einem Schaden geführt hätten, führt dies rechtlich zu keinem anderen Ergebnis, da das fahrlässige Handeln des Landwirtes sich in jedem Falle mitursächlich ausgewirkt hat. Der geschädigten Pferdebesitzerin wurde kein eigenes Mitverschulden zugerechnet, weil sie den Landwirt schon beim Aufbau der Anlage beobachtet hatte – schließlich konnte sie nicht wissen, dass der Wasserstrahl direkt auf die Weide treffen würde. Auch wurde die eigene Tiergefahr des verunglückten Pferdes nicht haftungsmindernd berücksichtigt, da dieser das schuldhafte Handeln des Landwirtes gegenüber stand, was sich im Ergebnis so auswirkt, dass die Schuld des Handelnden die Gefahr des Tieres so stark überwiegt, dass diese dahinter gänzlich zurücktritt. Die klagende Pferdebesitzerin erhielt somit den gesamten Wert des verstorbenen Pferdes zugesprochen