Kein Schmerzensgeld beim Tod eines geliebten Tieres
September 2012. Deutsche Gerichte gewähren den Besitzern von getöteten Tieren kein Schmerzensgeld. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes im Falle eines von einem Trecker überfahrenen Hundes bestätigt dies. Auch der Gesetzgeber sieht keinen Anlass zur Regelung des so genannten Schockschadens – weder bei Verlust von Mensch noch Tier.
Für Tierhalter klingt dies zunächst durchaus nachvollziehbar: ein Schmerzensgeld im Falle eines fremd verursachten Schadensfalles geltend zu machen, der den Tod des eigenen geliebten Tieres zur Folge hatte. Für die Hinterbliebenen beim Tod naher Angehöriger gibt es diesen Anspruch, den so genannten Schockschaden. An diesen sind jedoch äußerst strenge Voraussetzungen geknüpft und die deutsche Rechtsprechung zeigt sich dazu noch äußerst zurückhaltend, was die Bewilligung dieses Schmerzensgeldes angeht, sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Erst nach und nach werden die strengen Grenzen des Schockschadens durch neuere Urteile etwas herabgesenkt. Eine Reform zur Anpassung an europäische Verhältnisse wurde bislang aber von der Legislative abgelehnt.
Trotz der in Deutschland vertretenen restriktiven Linie zum Thema Schockschaden hatte sich der Bundesgerichtshof im März diesen Jahres tatsächlich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Fall einer psychisch vermittelten Störung mit Krankheitswert bei der Verletzung eines nahen Angehörigen auf solche Fälle übertragbar ist, die im Zusammenhang mit der Verletzung oder Tötung von Tieren ein vergleichbares Krankheitsbild hervorrufen.
In dem vom höchsten deutschen Zivilgericht zu entscheidenden Fall war die 14 Monate alte Labradorhündin der Klägerin von einem Trecker überfahren worden. Die Hündin erlitt dabei so schwerwiegende Verletzungen, dass sie beim Tierarzt eingeschläfert werden musste. Die Geschädigte machte gegenüber dem Fahrzeughalter Schadensersatz wegen entstandener Tierarztkosten, Wiederbeschaffungskosten für einen neuen Labradorwelpen und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten als materiellen Schaden geltend. Soweit ist dies üblich.
Zusätzlich beantragte sie jedoch ein eigenes Schmerzensgeld mit der Begründung, durch das Erlebnis habe sie eine schwere depressive Episode erlitten, welche die Durchführung einer medikamentösen Langzeitbehandlung zur Folge hatte. Den materiellen Schadensersatz bekam die Klägerin vor dem Landgericht Aachen zugesprochen. Der Beklagte ging in Berufung und erreichte vor dem Oberlandesgericht Köln, dass die Ansprüche der Geschädigten um die Hälfte gekürzt wurden, da sich diese die allgemeine Tiergefahr, die von ihrem freilaufenden Hund ausging, zu 50 % anrechnen lassen musste. Das Schmerzensgeld der Klägerin wegen ihres eigenen durch den Tod des Hundes ausgelösten Gesundheitsschadens lehnte es ebenso wie das erstinstanzliche Gericht ab.
Der Bundesgerichtshof bestätigte diesen Richterspruch des OLG Köln (BGH, Urteil vom 20. März 2012, VI ZR 114/11). Die Trauer bei der Verletzung oder Tötung von Tieren, mag sie auch noch so verständlich und nachvollziehbar sein, gehöre nun mal zum allgemeinen Lebensrisiko und sei deswegen klar abzugrenzen von den Schäden, die durch den Verlust besonders nahe stehender Menschen entstehen.
Die Beeinträchtigung des Unfallopfers wird bei besonders engen personalen Beziehungen als Beeinträchtigung der eigenen Inte-grität angesehen und somit nicht mehr als das „normale“ hinzunehmende Lebensrisiko, welches wir bei der Teilnahme an den Ereignissen unserer Umwelt empfinden (vgl. auch BGH, Urteil vom 14.06.2005, VI ZR 179/04). Der Gesetzgeber habe keinen Anlass für einen besonderen Schmerzensgeldanspruch des Tierhalters gesehen. Auch an das Schmerzensgeld beim Verlust naher Angehöriger sind enge Voraussetzungen geknüpft: es muss eine schwere psychische Beeinträchtigung vorliegen, die weit über das hinausgeht, was erfahrungsgemäß beim Verlust von Nahestehenden erlitten wird. Der Anspruch steht nur nahen Angehörigen, Verlobten und Lebensgefährten zu und muss auch durch einen besonderen Anlass nachvollziehbar ausgelöst worden sein. Die Summen, die von deutschen Gerichten in solchen Fällen zugesprochen werden, sind auch eher als zurückhaltend zu bezeichnen.
Sie bewegen sich zwischen 3000 und 5000 Euro (z. B. Urteil des OLG Köln, 16. September 2012, 5 W 30/10). Diese finanzielle Entschädigung soll als Symbol des Mitgefühls gelten und dem seelischen Leid Genugtuung im Falle fremd verursachter Tötung eines nahe stehenden Menschen verschaffen. Dem wird die deutsche Rechtsprechung kaum gerecht. In anderen europäischen Ländern, beispielsweise Italien oder Spanien ist der Anspruch auf Schmerzensgeld für Angehörige gesetzlich geregelt und hat sich in der Praxis bewährt.