Pferderecht Alttag

Hufe zu kurz ausgeschnitten ?

Leider kann ein zu kurzes Ausschneiden der Hufe vor dem Beschlagen fatale Folgen
haben: von Fühligkeit, Lahmheit, Huflederhautentzündungen, Reheerkrankungen bis
hin zum Einschläfern ist alles denkbar, weshalb auch eine Hufschmiedbehandlung
oftmals Streitgegenstand vor Gericht sein kann. Der Hufschmied unterhält in der
Regel für solche Fälle eine Haftpflichtversicherung, die allerdings nicht unbedingt
freiwillig zahlt und auch nicht zwingend zahlen muss, wenn ein Schaden bei einem
Kunden nach einem Hufbeschlag aufgetreten ist. Dieser muss grundsätzlich
zunächst einmal nachweisen, dass die Erkrankung seines Pferdes und somit die
dadurch verursachten Folgekosten auch tatsächlich auf eine Pflichtverletzung des
Hufschmieds zurückzuführen sind. Dies kann nur dann gelingen, wenn unmittelbar
beim ersten Auftreten einer Fühligkeit oder Lahmheit nach dem Beschlag ein Tierarzt
hinzugezogen wird, der auch dokumentiert, dass tatsächlich die Hufe zu kurz
ausgeschnitten sind.
Wird dies unmittelbar und zweifelsfrei tierärztlich festgestellt, kann dies zu einem
Beweis des ersten Anscheins vor Gericht führen (OLG Schleswig, 13.03.2020, 1 U
77/19). Dieser besagt, dass bei einem zu starken Einkürzen der Hufe nach
allgemeinen Erfahrungssätzen der typische Geschehensablauf dahingehend
angenommen werden kann, dass dies auch zur Lahmheit des Pferdes geführt hat
(siehe auch OLG Köln, 02.09.2016, 19 U 129/15). Der Hufschmied müsste dann den
Gegenbeweis führen, nämlich dass im konkreten Einzelfall gerade das Ausschneiden
nicht zum eingetretenen Schaden geführt hat. In beiden obergerichtlich
entschiedenen Fällen wurde allerdings der Hufschmied im Ergebnis nicht zur Haftung
für den Schaden und damit Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Streitpunkt war
jeweils das Ausmaß des kurzen Ausschneidens und damit die Verantwortlichkeit für
den eingetretenen Schaden gewesen.
In dem aktuell Anfang diesen Jahres vom Oberlandesgericht Schleswig
entschiedenen Fall konnte nicht vollständig und damit zur Überzeugung des Gerichts
ausgeschlossen werden, dass die Stute der Klägerin schon vor dem
streitgegenständlichen Beschlag an einer latenten Stoffwechselerkrankung gelitten
hatte und die Hufsohle bereits vorher sehr dünn gewesen war, so dass nicht
zwingend das Ausschneiden als Ursache für die nach dem Beschlag diagnostizierte
Huflederhautentzündung in Betracht kam. Als Folge der Huflederhautentzündung trat
bei der Stute eine Hufreheerkrankung auf, die Stute wurde später eingeschläfert. Die
Eigentümerin verklagte den Hufschmied auf über 14.000,00 Euro Schadensersatz.
Das Gericht holte ein tiermedizinisches Sachverständigengutachten ein, welches zu
dem Ergebnis kam, dass andere Ursachen für die Hufrehe im vorliegenden Fall nicht
ausgeschlossen werden könnten.
Zwar sei die Stute unmittelbar nach dem Beschlag fühlig und lahm gegangen,
woraufhin der Hufschmied die Eisen wieder abgenommen und einen Verband und
einen Gummischuh anlegte. Nachdem sich keine Besserung zeigte, wurde das Pferd
dem Tierarzt vorgestellt, der feststellte, dass die Hufe sehr kurz waren. All dies
reichte dem Gericht aber nicht aus, um zugunsten der Klägerin den Beweis des
ersten Anscheins und damit die Beweislastumkehr zu Lasten des Hufschmieds
zugrunde zu legen, da die latente Vorerkrankung der Stute eben als Ursache der
Hufrehe durch den Sachverständigen nicht ausgeschlossen werden konnte und
damit nicht zwingend eine Pflichtverletzung des Hufschmieds für den Schaden
verantwortlich war. Die Klage wurde daher abgewiesen.
In dem ebenfalls oben genannten Urteil des Oberlandesgerichts Köln wurde zwar der
Anscheinsbeweis zugrunde gelegt, dass ein zu starkes Einkürzen der Hufe des
Pferdes durch den Hufschmied zu einer akuten Lahmheit des Pferdes geführt hatte
und somit ein kausaler Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung des Hufschmieds
und Auftreten der Lahmheit bestand. Allerdings drang der hier klagende
Pferdeeigentümer mit seiner sechsstelligen Forderung gegen den Hufschmied
aufgrund der eingetretenen Sportuntauglichkeit seines hochwertigen Springpferdes
auch nicht durch. Die Behandlungskosten, die durch die akute Lahmheit des Pferdes
entstanden waren, bekam der Pferdebesitzer zwar durch die Haftpflichtversicherung
des Hufschmieds erstattet. Der Beweis, dass diese Lahmheit jedoch in der Folge zu
einer chronischen Lahmheit und schließlichen Sportuntauglichkeit des 12-jährigen
Springpferdes geführt hatte, vermochte dem Kläger vor Gericht wiederum nicht
gelingen. Der Sachverständige konnte hier degenerative Veränderungen als Ursache
nicht ausschließen, was sich allerdings retrospektiv – das Pferd war auch mittlerweile
verstorben – nicht mehr aufklären ließ. Diese Unaufklärbarkeit ging hier zu Lasten
des Pferdeeigentümers und nicht zu Lasten des Hufschmieds, so dass auch diese
Klage im Ergebnis keinen Erfolg hatte.