Im Fressgitter verfangen
Muss der Verkäufer eines Fressgitter- Paneels dafür aufkommen, wenn ein Pferd darin mit dem Huf hängen bleibt und sich dabei so schwer verletzt, dass es eingeschläfert werden muss? Auch auf den Hersteller eines Produktes sollte beim Erwerb immer geachtet werden mit der Frage der Haftung hatten sich das Landgericht Potsdam und das Oberlandesgericht Brandenburg im letzten Jahr zu beschäftigen, nachdem eine Reiterhofbesitzerin einen Bedarf für Argar- und Stallhandel verklagte, bei dem sie über eine online Plattform ein Fressgitter-Paneel für Pferde bestellt hatte. In diesem Fressgitter blieb eines ihrer eigenen Pferde mit dem Hinterhuf hängen und geriet in Panik. Bei dem Versuch, die Araberstute zu befreien, verletzte sich diese so schwer, dass sie schließlich eingeschläfert werden musste. Durch Einholung eines Sachverständigengutachtens wurde vor dem erstinstanzlichen Gericht festgestellt, dass das Gitter mangelhaft war, da die Abstände der Querstreben mit rund 9 cm nicht ausreichend sicher waren, bzw. nicht den Sicherheitsvorschriften entsprachen und damit dazu geeignet waren, eben solche Gefahren, wie in dem vorliegenden Unfall realisiert, hervorzurufen und den geltend gemachten Schaden zu verursachen. Unerheblich war dabei auch, ob das Fressgitter im Außen- oder im Innenbereich des Stalls angebracht war. Der Klage der Käuferin gegen die Verkäuferin auf Schadensersatz in Höhe von über 8000,00 Euro wurde vor diesem Hintergrund stattgegeben.
Das Oberlandesgericht Brandenburg hob dieses Urteil jedoch in zweiter Instanz wieder auf, da nicht festgestellt worden sei, dass die Verkäuferin ein Verschulden an der Mangelhaftigkeit der Kaufsache trage. Denn im Unterschied zu den unmittelbaren Gewährleistungsschäden setze der Ersatz für den hier vorliegenden so genannten Mangelfolgeschaden voraus, dass der Mangel schuldhaft durch den
Verkäufer verursacht worden sei, das heißt, vorsätzlich oder fahrlässig. Dieses Verschulden wird zwar laut Gesetzestext vermutet, allerdings hat der Verkäufer wiederum die Möglichkeit sich zu entlasten. Die Anforderungen an diesen Entlastungsbeweis indes seien im Falle des Verkäufers nicht sonderlich hoch, wenn dieser – wie hier – das verkaufte Produkt nicht selbst hergestellt hat und er den Konstruktionsfehler nicht selbst erkannt hat oder hätte erkennen müssen. Dabei sei zu beachten, dass eine allgemeine Untersuchungspflicht der Kaufsache durch den Verkäufer gegenüber dem Käufer grundsätzlich nicht bestehe. Händler wie die Beklagte seien vielmehr nur dann verpflichtet, die von ihnen vertriebenen Waren auf gefahrenfreie Beschaffenheit zu untersuchen, wenn aus besonderen Gründen dafür Anlass bestehe, etwa, weil ihnen bereits Schadensfälle bei der Produktverwendung bekanntgeworden seien, oder wenn die Umstände des Einzelfalles eine solche Überprüfung nahelegen. Solche besonderen Umstände seien vorliegend nicht anzunehmen, insbesondere sei eine positive Kenntnis der Beklagten vom Mangel
nicht ersichtlich. Auch der Umstand, dass die Beklagte einen Fachhandel für Agrar- und Tierbedarf führe, reiche für ein Verschulden i.S. der Erkenntnispflicht aus, schließlich habe die ebenfalls fachkundige Klägerin den Mangel des Fressgitter Paneels beim Kauf auch nicht erkannt. Dieser musste im Rechtsstreit erst durch ein Sachverständigengutachten festgestellt werden.
Das Verschulden des Herstellers bei der Konstruktion des Produkts muss sich der Verkäufer auch nicht zurechnen lassen. Eine eigene, verschuldensunabhängige Haftung der Händlerin aus dem Produkthaftungsgesetz kam nicht in Betracht, da sie nicht die Herstellerin des Gitters war. Den Hersteller zu verklagen, war offenbar nicht so einfach, da dieser seinen Sitz im Ausland hatte. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus empfehlenswert, beim Erwerb eines Produktes einmal auf den Hersteller
und dessen Herkuft zu auf achten. Allerdings hätte der geschädigten Pferdeeigentümerin ein inländischer Hersteller in diesem Falle auch nichts genützt, da die Herstellerhaftung für Schäden, die durch das Produkt entstehen, nur beim privaten Gebrauch, nicht beim Geschäftlichen besteht. Auch das
Produktsicherungsgesetz, wonach nur den Vorschriften und Bestimmungen entsprechende Gegenstände auf dem Markt verkauft werden dürfen, kam nicht zur Anwendung, weil dieses nur die Sicherheit von Personen betrifft und nicht die von Tieren.
Das Landgericht hatte darüber hinaus auch keine Feststellungen dazu getroffen, dass die Verletzung des Pferdes tatsächlich so zustande gekommen war, wie von der Klägerin vorgetragen und somit durch den Mangel des Produktes verursacht worden war. Dies konnte aber auch dahinstehen, da der Anspruch der
Pferdeeigentümerin auf den Ersatz der Tierarztkosten und dem Wert der Stute ja bereits daran scheiterte, dass das Verschulden der Händlerin an dem Mangel des Produkts nicht festzustellen war (OLG Brandenburg, Urteil vom 12.02.2020, 6 U 15/18).