Pferderecht Alttag

Irrtümer beim Pferdekauf

Was geschieht, wenn sich die Parteien bei einem Pferdekauf über die wahre
Identität des übergebenen Pferdes irren oder über wertbildende Faktoren – und
wie ist es, wenn ein Kauf rückabgewickelt wird, da beide Seiten irrtümlich
davon ausgehen, das Pferd sei mangelhaft? Lassen sich diese Geschäfte
aufgrund Irrtums rückgängig machen?
Irren ist menschlich – was juristisch daraus folgt, kann sehr unterschiedlich ausfallen:
In einem Fall hatte das Oberlandesgericht Hamm über das Schicksal eines
vertauschten Pferdes zu entscheiden. Angeboten bekam der Käufer per Email das
Pferd „F“ aus einer bestimmten Zuchtlinie, woraufhin dieser interessiert war und ein
Foto des Pferdes anforderte. Der Aushilfsstallmitarbeiter des Verkäufers zog nun
allerdings unwissentlich das Pferd „G“ aus dem Stall und fotografierte es, der
Verkäufer schickte das Foto mit der falschen Stute zum Käufer, der daraufhin den
Kauf zusagte und zur Besichtigung anreiste. Der Stallmitarbeiter holte aber wiederum
die Stute „G“ aus dem Stall, welche der Käufer ja bereits vom Foto kannte und auch
für gut befand. Der Kaufvertrag wurde unterschrieben und das Pferd mitgenommen,
wobei beide Parteien – also sowohl der Käufer als auch der Verkäufer davon
ausgingen, dass das im Kaufvertrag beschriebene Pferd „F“ verladen wurde. Der
Käufer erhielt auch den Equidenpass von „F“ bei der Übergabe ausgehändigt. Als
der Käufer das Pferd dann in die Niederlande verbrachte und der Tierarzt den
implantierten Mikrochip auslas, stellte sich heraus, dass das Pferd nicht zum Pass
gehörte. Der Verkäufer wurde über die Verwechselung informiert. Die Interessenlage
der Parteien ging nun allerdings auseinander: Der Käufer war daran interessiert, das
von ihm aufgrund von Foto und tatsächlicher Besichtigung ausgesuchte und für gut
befundene Pferd „G“ zu behalten, und forderte den Verkäufer zum Austausch der
Pferdepässe auf, begehrte also den „richtigen“ Pass zu „seinem“ Pferd. Der
Verkäufer allerdings wiederum wollte das „falsche“ Pferd zurückerhalten und gegen
das Pferd „F“ austauschen, über das man ja schließlich den Kaufvertrag geschlossen
hatte. Er erklärte die Anfechtung des Übereignungsaktes und forderte den Käufer zur
Herausgabe der Stute „G“ heraus. Doch wer sollte nun was bekommen? Das
Landgericht Essen und das Oberlandesgericht Hamm waren sich über beide
Instanzen im Ergebnis einig: Der Verkäufer sollte das Pferd „G“ zurückerhalten. Denn
da beide Parteien sich bei der Übergabe des Pferdes in dem Irrtum befanden, es
handele sich um das Pferd „F“, mit einem ganz bestimmten Alter und einer
bestimmten Abstammung, handelte es sich bei dem tatsächlich übergebenen Pferd
um eine ein Jahr jüngere Stute mit einer anderen Abstammung. Da Alter und
Abstammung bei einem Pferd wertbildende Faktoren und damit verkehrswesentliche
Eigenschaften seien, über die sich hier geirrt wurde bei der Übergabe konnte dieses
Rechtsgeschäft wirksam vom Verkäufer angefochten und das Pferd „G“
infolgedessen zurückgefordert werden, während der Käufer nun das auf dem Papier
gekaufte Pferd „F“ abnehmen musste. Dies aber auch nur deswegen, da er – anders
als der Verkäufer die Übereignung des Pferdes „G“ – den Kaufvertrag über „F“ nicht
rechtzeitig angefochten hatte. Dies wäre nämlich genauso möglich gewesen:
schließlich hatte er den Kaufvertrag in der irrigen Annahme unterschrieben, dieser
beinhalte das von ihm tatsächlich in Augenschein genommene Pferd. Also Achtung:
die Anfechtung wegen Irrtums muss immer UNVERZÜGLICH nach Erkennen des
Irrtums erklärt und genauso UNVERZÜGLICH zurückgewiesen werden, wenn kein
Einverständnis damit besteht. Ansonsten muss man sich an dem irrtümlich Erklärten
festhalten lassen oder eben an der erfolgten Anfechtung– so wie der Käufer von „F“
in diesem Fall. Ansonsten hätten beide Rechtsgeschäfte rückgängig gemacht
werden müssen – sowohl die Übereignung von „G“ als auch der Kaufvertrag über „F“
(OLG Hamm, 04.04.2019, 5 U 40/18).
Anders lag ein vom Oberlandesgericht Celle entschiedener Fall, in dem die klagende
Pferdeverkäuferin, die sich mit der Käuferin im Streit über einen Mangel auf die
Rückabwicklung des Pferdekaufs geeinigt hatte, behauptete, sie habe sich bei dem
Abschluss des Vergleichs darüber im Irrtum befunden, dass das Pferd an einem
Mangel leide und wollte diesen nun wieder rückgängig machen. An diesem Vergleich
über die Rückabwicklung, dessen Grund das streitige Vorliegen von Kissing Spines
bei dem Pferd mit Schmerzsymptomatik und daher rührender Ungeeignetheit des
Pferdes als Sportdressurpferd war, musste sich die Verkäuferin jedoch festhalten
lassen. Denn der Grund des Vergleichs über die Rückabwicklung war ja gerade der
Streit der Parteien über das Vorliegen des Mangels gewesen, den man damit
beigelegt hatte, indem man sich über die Rückabwicklung einig geworden war. Dies
stand auch ausdrücklich in dem Rückabwicklungsvertrag und die Klägerin hatte das
Pferd einvernehmlich und tierärztlich beraten, bewusst gewisse Unsicherheiten in
Kauf nehmend, zurückgenommen. Eine Anfechtung deswegen, da sich das Pferd
nun nach der Rücknahme doch nicht als mangelbehaftet herausstellte, war rechtlich
deswegen nicht möglich (OLG Celle, 20 U 232/09).