Alttag

Keine Haftung des Hufschmieds für Nagel im Huf

Die Betreiberin eines Gestüts fand eines Morgens eines ihrer Pferde liegend in der Box vor – stocklahm, es konnte das vordere rechte Bein nicht mehr belasten. Es stellte sich heraus, dass das Pferd sich einen 3,5 cm langen Nagel in den Huf eingetreten hatte. Dieser wurde entfernt und das Pferd aufwändig in einer Tierklinik behandelt. Die Patienteneigentümerin machte für den Nageltritt den Besuch des Hufschmieds am Vortag verantwortlich und verklagte diesen auf über 30.000,00 Euro Schadensersatz (Landgericht Koblenz Urteil vom 28.12.2022, Az. 3 O 80/21). Die Klage wurde abgewiesen.

Die häufigsten Haftungsfälle bei Hufschmieden sind solche, bei denen das zu kurze Ausschneiden oder das so genannte Vernageln vorgeworfen wird. Hierbei ist zu beachten, zunächst den Hufschmied selbst bei Fühligkeit oder Auftreten einer Lahmheit zu kontaktieren, damit dieser den Zustand beseitigen oder verbessern kann – je nach Erheblichkeit ist natürlich auch sofort ein Tierarzt zu Rate zu ziehen. Wichtig ist zudem, den konkreten Zustand sorgfältig unmittelbar zu dokumentieren, etwa durch Fotos, Zeugen und tierärztliche Dokumentation. In den Fällen, wo auf diese Art und Weise ein unmittelbarer Zusammenhang der akuten Lahmheit mit der Hufschmiedbehandlung hergestellt werden kann, besteht in der Regel auch eine Haftung mit der Folge des Schadensersatzes. Dieser Zusammenhang konnte jedoch im oben entschiedenen Fall gerade nicht nachgewiesen werden – denn es handelte sich bei dem Nageltritt offenkundig nicht um eine typische Sorgfaltspflichtverletzung des Hufschmieds beim Kürzen der Hufe oder beim Beschlagen, sondern um den Eintritt eines alten Nagels, welches sich das Pferd auf irgendeine Art und Weise zugezogen haben musste. Dem Hufschmied wurde in diesem Falle vorgeworfen, seinen Arbeitsplatz nicht ordentlich hinterlassen zu haben, so dass ein solch alter Nagel auf dem Boden zurückgeblieben sei und den Eintritt in den Huf ermöglicht habe. Allein dieser Vortrag schien dem Gericht nach dem geschilderten Ablauf jedoch unwahrscheinlich – denn es wurde geschildert, dass nach dem Beschlagen das Pferd am Nachmittage noch geritten wurde, wobei die Hufe natürlich vor und nach dem Ausritt kontrolliert und ausgekratzt worden waren. Sodann wurde das Pferd 30 Minuten lahmfrei geritten. Das Gericht hielt es deswegen schon nach Anhörung der Parteien für unwahrscheinlich, bzw. eben nicht bewiesen, dass das Pferd sich den Nagel im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Hufschmiedbesuch zugezogen haben sollte. Das Pferd konnte sich an dem Nachmittag nach dem Hufschmiedbesuch den Nagel überall auf dem Gelände oder im Rahmen des 30minütigen Ausritts eingetreten haben. Die Klage wurde deswegen abgewiesen.

Doch auch in einem anderen Falle, in dem ein unzweifelhafter Zusammenhang zwischen einer sorgfaltswidrigen Behandlung des Hufschmieds und der akuten Lahmheit eines hochwertigen Springpferdes bewiesen werden konnte, erhielt der Pferdebesitzer nicht alles, was er sich vorstellte. Denn der gerichtlich bestellte und zu Rate gezogene tiermedizinische Sachverständige attestierte zwar eindeutig einen kausalen Zusammenhang zwischen einem zu kurzen Ausschneiden des vorderen rechten Hufes und der Vernagelung desselben, welches zu einer akuten Lahmheit des Pferdes geführt habe. Die Tierarztkosten für diese Lahmheitsbehandlung bekam der Pferdeeigentümer auch von der hinter dem Hufschmied stehenden Haftpflichtversicherung erstattet. Allerdings wurde das Pferd später aufgrund einer chronischen Hufgelenksentzündung sportuntauglich und der Eigentümer beanspruchte aufgrund dessen eine sechsstellige Summe vor Gericht.

Diese Schadenssumme erhielt er aber vom Gericht ebenfalls nicht zugesprochen, da der tiermedizinische Sachverständige wiederum den Zusammenhang der chronischen Lahmheit und Hufgelenksentzündung mit der Sorgfaltspflichtverletzung des Hufschmieds nicht mehr für wahrscheinlich hielt. Hierfür seien zum Zeitpunkt der Hufschmiedbehandlung bereits vorhandene degenerative Veränderungen bei dem Pferd eher als Ursache wahrscheinlich gewesen. Hiergegen wandte sich der Kläger wiederum mit der Argumentation, degenerative Erscheinungen seien bei einem 12-jährigen Sportpferd nichts Ungewöhnliches und würden in der Regel auch nicht zu einer Sportuntauglichkeit führen. Letztlich ließ sich das Szenario nicht mehr exakt aufklären auf tiermedizinisch objektivierbarer Basis, was rechtlich wiederum zu Lasten des Klägers ging – denn die volle Beweislast für die Kausalität zwischen der Sorgfaltspflichtverletzung des Hufschmiedes und dem eingetretenen Schaden liegt beim Geschädigten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich um eine grobe Sorgfaltspflichtverletzung handelt, was in diesem konkreten  Falle aber nicht festgestellt werden konnte (OLG Köln, Urteil vom 02.09.2016, 19 U 129/15).