Missbrauchtes Vertrauen beim Pferdekauf
Ein Aufsehen erregendes Urteil des Oberlandesgerichts Celle zum Verkauf des Hengstes Insterburg, der 2010 für einen Kaufpreis von 1,6 Millionen nach Schweden verkauft wurde, setzt neue Maßstäbe im Pferdekaufrecht in Bezug auf die Rolle von Dritten, die in das Verkaufsgeschehen als Vermittler oder Berater mit eingebunden sind.
Sowohl im Immobiliengeschäft als auch beim Pferdekauf war es schon immer Gang und Gebe, dass Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer stehen, die jeweils mit der einen oder anderen Partei eine entsprechende Provisionsvereinbarung für den Fall des Abschlusses des Kaufvertrages geschlossen haben. Doch während das Vermittlungsgeschäft bei Immobilien doch im Allgemeinen recht transparent für die Parteien ist, da sowohl die Person des Maklers als auch die Höhe der anfallenden Provision und von wem diese zu entrichten ist, meistens schon im Kaufangebot ausgewiesen wird, bleibt im Pferdegeschäft häufig völlig verdeckt, wer alles zwischen Käufer und Verkäufer steht und in welcher Höhe die jeweiligen Personen schließlich am Kaufpreis beteiligt werden. In kaufrechtlicher Hinsicht war dies bislang in den meisten Fällen auch völlig ohne Belang für den Käufer, da er seine Rechte ohnehin lediglich gegenüber seiner Vertragspartei, welches regelmäßig nur der Verkäufer war, geltend machen konnte. Im Fall Insterburg war das nun etwas anders: der Verkäufer hatte von den 1,6 Millionen „Kaufpreis“ lediglich 65 % erhalten, also 1,04 Millionen. Die restlichen 560.000,00 Euro teilten sich drei weitere Beteiligte, nämlich der vom Verkäufer beauftragte Vermittler (130.000,00 Euro), der schwedische Reitlehrer als Berater der Käuferfamilie (310.000,00 Euro) und ein deutscher Trainer, der den Kontakt zwischen Vermittler und schwedischem Reitlehrer herstellte. Von all diesen Provisionen wusste die Käuferin nichts! Sie hatte mit der Unterstützung des eigenen Reitlehrers für die Tochter ein Dressurpferd gesucht, mit dem diese bei internationalen Turnieren auf Grand Prix Niveau starten könnte. Der Reitlehrer nahm wiederum Kontakt zu einem anderen Grand Prix Trainer auf, der den Hengst zum Verkauf anbot – im Auftrage des Verkäufers. Die Käuferin kaufte das Pferd dann zum Preis von 1,6 Millionen Euro vom Verkäufer.
Einige Zeit nach dem Kauf fing das Pferd an zu lahmen und es wurde später ein Equines Palmares Fuß Syndrom (EPFS) diagnostiziert, welches laut tiermedizinischem Sachverständigen bereits mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen haben musste, weshalb die Käuferin nun die Rückabwicklung des Kaufes begehrte. In diesem Zuge stellte sich nun heraus, dass der eigentliche Verkäufer nur 1,04 Millionen als Kaufpreis erhalten hatte und der Restbetrag unter den drei Zwischenhändlern wie oben dargelegt aufgeteilt worden war. Die Käuferin konnte den Vertrag jedoch wirksam wegen arglistiger Täuschung anfechten und somit ihre Rückabwicklungsklage auch gegen den eigenen Reitlehrer und den Grand Prix Trainer richten, der das Pferd vermittelt hatte und von diesen drei Personen zusammen ihren kompletten Kaufpreis zurück verlangen. Denn das Oberlandesgericht Celle entschied, dass der Käufer darüber informiert sein muss, in welcher Höhe und welcher Art eigene oder externe Berater an dem Geschäft beteiligt sind – um auch deren Unabhängigkeit in Bezug auf die erfolgte Beratungsleistung überprüfen und einschätzen zu können. Ferner kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass Provisionen im Pferdegeschäft von 10-20 % durchaus üblich seien, 35 % seien jedoch überhöht und damit sittenwidrig. Weiß der Käufer davon nichts, liegt überdies ein Betrug vor. Der Reitlehrer habe das Vertrauen der Käuferin missbraucht, da er ohne ihr Wissen für den Inhalt seiner Beratung von Dritten Geld erhalten hat. Damit wurde bereits einschlägige und in der Praxis umgesetzte Rechtsprechung aus dem Anlage – und Steuerberatungsbereich nun auch auf den Pferdekauf übertragen und gebietet damit in Zukunft absolute Transparenz über die Vermittlungspersonen und die Höhe der jeweiligen Provisionen bei Pferdekäufen (OLG Celle, Urteil vom 26.07.2017; 20 U 53/16).