Pferderecht Alttag

Neu oder gebraucht?

Wieder einmal mussten sich Gerichte mit der Frage beschäftigen, ab wann ein Pferd als „gebrauchte“ Sache einzustufen ist und bis wann es eine „neue“ Sache im Sinne des Verbrauchsgüterkaufrechts ist. Von dieser Frage kann beim Pferdekauf abhängen, wie lange die Gewährleistungsrechte bei Mängeln seitens des Käufers geltend gemacht werden können. Denn bei „neuen“ Sachen kann die gesetzliche Gewährleistungsfrist von 2 Jahren vom Verkäufer nicht verkürzt werden – bei „Gebrauchten“ hingegen ist dies möglich. Auch ein Händler kann bei einer gebrauchten Sache die gesetzlichen zwei Jahre auf ein Jahr Gewährleistung verkürzen. Der private Verkäufer kann die Gewährleistungsfrist beliebig verkürzen bis hin zum vollständigen Ausschluss. In einem Urteil des Bundesgerichtshofes wurde bereits über ein sechs Monate altes Fohlen entschieden, welches ja noch nicht einmal von der Mutter abgesetzt worden war, dass dies eine „neue“ Sache sei (BGH, Urteil vom 15.11.2006, VIII ZR 3 /06). Als Bewertungskriterium wurde seinerzeit definiert, dass die Sache noch nicht „benutzt“ worden sei. Das Fohlen sei bislang weder als Reitpferd noch zur Zucht eigesetzt worden. Insofern sei es als „neue Sache“ anzusehen und die Gewährleistung nicht einzuschränken.

Wie der Bundesgerichtshof diese Bewertung nun bei einem zweieinhalb Jahre alten Hengst fortsetzen wird, bleibt gespannt abzuwarten. Denn in einem vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht entschiedenen Fall ging es nun um die Rückabwicklung des Kaufes eines zweieinhalb jährigen Hengstes, der zum Zeitpunkt des Erwerbs röntgenologische Veränderungen in Form von Kissig Spines im Brustbereich und der Lendenwirbelsäule sowie eine Verkalkung im Bereich des Hinterhauptes aufgewiesen haben soll. In der ersten Instanz wurde die Klage der Käuferin auf Rückabwicklung abgewiesen, da sich der Verkäufer erfolgreich darauf stützen konnte, dass die gesetzliche Gewährleistungsfrist auf drei Monate verkürzt worden war und die Klägerin den Rücktritt erst nach Ablauf dieser drei Monate erklärt hatte. Das Argument der Klägerin, die Verkürzung der Gewährleistungsfrist sei unwirksam, da das Pferd eine „neue“ Sache gewesen sei, ließ das Landgericht Itzehoe nicht gelten. Die Definition des BGH, wonach das Pferd seiner „bestimmungsgemäßen Nutzung“ zugeführt worden sein müsse, um als „gebrauchte Sache“ zu gelten, könne nicht das einzige Kriterium darstellen, meinte das Landgericht, da der Zeitpunkt, wann ein Pferd seiner bestimmungsgemäßen Nutzung zugeführt werde, individuell sehr unterschiedlich sei und das Tier auch ohne bestimmte Nutzung gewissen Umwelteinflüssen und anderen äußeren Einwirkungen ausgesetzt sei. Es müsse daher eine zeitliche Grenze gezogen werden, die das Gericht hier auf das Alter von zwei Jahren ansetzte. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sei ein Pferd nicht mehr als „neu“ anzusehen. Diese Ansicht wurde in der zweiten Instanz bestätigt (OLG Schleswig, 04.07.2018, 12 U 87/17). Die Geschlechtsreife, die bei einem zweijährigen Hengst eintrete, erhöhe das Mängelrisiko beträchtlich. Zudem sei auch zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit nachteiliger Veränderungen in diesem Alter bereits durch eine unzureichende Haltung und Fütterung oder mangelnde tierärztliche Versorgung nicht unerheblich gestiegen sei.

Die Abgrenzung, die auf den erstmaligen Einsatz als Reitpferd abstelle, sei ungeeignet, da der Erwerber das Risiko nachteiliger Veränderungen einseitig auf den Verkäufer abwälzen könne, indem er den Nutzungszeitpunkt beliebig hinausschiebe. Dieses Argument wiederum vermag die Autorin nicht zu überzeugen, da es für die Einordnung neu oder gebraucht auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs – also der Übergabe des Pferdes ankommt und nicht darauf, wann der Käufer die Kaufsache zu nutzen anfängt. Ausschlaggebend ist, wie sich die Kaufsache zum Zeitpunkt der Übergabe darstellt und nicht ob und welche Bestimmung ihr der Käufer irgendwann gibt.

Ein weiterer Ansatz im Prozess war, zur Abgrenzung abstrakt auf den üblichen Zeitpunkt des Beginns der Ausbildung abzustellen, der mit zweieinhalb Jahren angesetzt wurde. Dem wollte das Gericht aber nicht folgen, da es auch darüber, wann mit der Ausbildung eines Pferdes begonnen werden sollte unterschiedliche Ansichten gebe und zum anderen dies auch von Pferd zu Pferd – je nach Entwicklungsstand – unterschiedlich sei.

Das Gericht hat die Revision beim Bundesgerichtshof zugelassen, da die Frage, ab welchem Zeitpunkt ein Pferd nicht mehr als neu im Sinne des Gesetzes anzusehen sei, rechtsgrundsätzliche Bedeutung habe und einer Vielzahl von Verkaufsfällen Relevanz besitze.