Alttag

Pferd trifft auf KFZ

Bei einem Unfall im öffentlichen Raum tritt die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs in der Regel hinter der Tiergefahr zurück. Pferde gehören nicht auf die Straße und ein ordnungsgemäß fahrender Kfz-Halter haftet möglicherweise dann nicht für seinen Mitverursachungsbeitrag, wenn den Fahrer kein Verschulden trifft.

Zwei Pferde hatten sich vom Führstrick losgerissen und rannten bei Abenddämmerung auf die Straße, wo eines mit einem PKW kollidierte und einen Sachschaden von rund 35.000,00 Euro verursachte. An der Unfallstelle galt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h. Dass der Autofahrer diese überschritten hatte, dafür gab es keinerlei Anhaltspunkte. Er sagte, er habe das Pferd nicht kommen sehen und konnte ihm in dem Moment, in dem es auf die Straße rannte, nicht mehr ausweichen, so dass für ihn die Kollision unvermeidbar war. Die Tierhalterhaftpflichtversicherung der Pferdehalterin zahlte außergerichtlich 50 % des Schadens. Die Kaskoversicherung des Autofahrers übernahm 50 % des Fahrzeugschadens. Vor dem Amtsgericht machte der Autofahrer noch seine eigenen Kosten zu 50 % geltend, Mietwagenkosten und Auslagenpauschale. Diese bekam er auch zugesprochen, denn das Gericht sah die Haftung der Tierhalterin bei 100 %.

Wie der Unfall sich genau ereignet hatte, war streitig vor Gericht und wurde durch die Vernehmung von Zeugen versucht aufzuklären. So war unklar, ob der Fahrer zu schnell gewesen war und sich in einem Überholmanöver befunden hatte und ob er die Pferde hätte wahrnehmen müssen. All dies ließ sich jedoch in dem Verfahren vor Gericht nicht bewahrheiten. Es war bereits dunkel, die Straße war nicht beleuchtet und am Fahrbahnrand befanden sich Bäume, so dass der Fahrer die Pferde nicht hatte kommen sehen müssen. Dass er sich nicht in einem Überholmanöver befand, sondern auf seiner eigenen Fahrspur, bewiesen nicht nur die Zeugenaussagen, sondern auch die Pferdehaare und ein Blutfleck auf der Straße, an der Stelle der Kollision. Das Gericht sah somit keinerlei Mitverschulden des Autofahrers an dem Unfall, der ordnungsgemäß die Fahrbahn befuhr, während das Pferd auf der Straße nichts zu suchen habe, weshalb sich die Tiergefahr in dem Unfall zu 100 % ausgewirkt habe und die Betriebsgefahr des Fahrzeugs dahinter zurücktrete (Amtsgericht Köln, Urteil vom 02.11.2022 – 261 C 118/22).

Selbst wenn keinen von beiden, also weder Tierhalter noch Autofahrer eine Schuld in Form einer Sorgfaltspflichtverletzung trifft, muss ein Gericht immer den Anteil der Verursachungsbeiträge gegeneinander abwägen, die von Fall zu Fall individuell ausfallen können je nach den einzelnen konkreten Umständen. So kann die Quote auch mal 30 % zu 70 % ausfallen, z.B. bei einem LKW, der wiederum eine erhöhte Betriebsgefahr im Straßenverkehr aufweist und einem durchgehenden Pferd (OLG Celle, 14 U 24/02), 25 % zu 75% bei einem ebenfalls ordnungsgemäß fahrenden Autofahrer und nachts ausgebrochenen Kühen auf der Fahrbahn.

Zumeist ist ja auch nicht nur am Auto ein Schaden entstanden, sondern manchmal auch beim Menschen und insbesondere auch am Pferd. Für den beim Pferdehalter eingetretenen Schaden in Form von Tierarztkosten, Wertminderung durch Verletzung oder gar Verlust des Pferdes muss dann im Gegenzug auch zum Haftungsanteil des Fahrzeugs die Kfz-Pflichthaftpflichtversicherung aufkommen. Da es sich bei der Kraftfahrzeugversicherung – anders als bei der Tierhalterhaftpflichtversicherung um eine Pflichtversicherung handelt, kann auch diese Versicherung direkt vom Pferdehalter in Anspruch genommen werden, während umgekehrt der Tierhalter vor Gericht persönlich verklagt werden muss, auch wenn seine Versicherung dann letztlich für den Schaden aufkommt, auch für den Haftungsanteil zu dem der Tierhalter persönlich verurteilt wird. Da die Tierhalterhaftpflichtversicherung aber keine Pflichtversicherung ist, gibt es keinen Direktanspruch des Geschädigten gegen diese. Allein die Höhe möglicher Blechschäden, die durch Pferde oder Hunde verursacht werden kann und zwar völlig ungeachtet einer Sorgfaltspflichtverletzung des Halters, sollte allerdings jeden Tierhalter dazu verantworten, eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abzuschließen, ganz zu schweigen von möglichen schweren Personenschäden, bei denen es dann nicht nur um die Zahlung eines Schmerzensgeldes, sondern unter Umständen auch um Verdienstausfall, Unterhalt für etwaige Kinder etc… geht. Die Versicherungen kosten je nach Tier zwischen 50 und 130,00 Euro jährlich und decken zumeist eine Schadenssumme in Höhe von 5 Millionen Euro ab.