Pferderecht Alttag

Pferde in unmittelbarer Nachbarschaft müssen weichen

Der Bundesgerichtshof hatte über einen Nachbarschaftsstreit zu entscheiden, bei dem es um die Pferdehaltung auf einem Reiterhof 12,5 Meter entfernt von der Grundstücksgrenze zu einem Einfamilienhaus ging. Dort hatte die Grundstückseigentümerin – ohne Baugenehmigung – einen Offenstall errichtet. Der Streit um die Baugenehmigung wurde im Ergebnis erfolglos für die Hofbetreiberin vor dem Verwaltungsgericht geführt. Davon unabhängig musste jedoch vor dem zivilgerichtlichen Instanzenweg zwischen den zerstrittenen Parteien geklärt werden, ob die Pferdehaltung in dem Stall untersagt werden müsse, da sie eine zu hohe Lärmbelästigung darstelle. Den Nachbarn war das morgendliche und abendliche Füttern sowie Ankunft anderer Pferde im Stall zu laut, zumal das Schlafzimmer in Richtung des Stalles ausgerichtet war. Nächtliches Wiehern und Tritte gegen die Boxenwände seien nicht hinzunehmen. Verklagt wurde nicht nur die Hofinhaberin sondern auch die Reitschule, die ihre Pferde auf der Anlage hielt.

Das Landgericht Halle gab der Klage statt und untersagte beiden Beklagten die Haltung der Pferde in dem streitgegenständlichen Stallgebäude. Man könne die Pferde nicht durch Fesseln zum Stillstehen zwingen und nicht durch Maulkörbe am Wiehern hindern, deswegen werde die Pferdehaltung in dem Stall vollständig untersagt. Aus baurechtlicher Sicht sei auch bereits das Gebot der Rücksichtnahme verletzt worden. Die Verletzung öffentlich-rechtlicher Baurechtsvorschriften könne auch zu verschuldensunabhängigen Unterlassungsansprüchen der Nachbarn führen.

In zweiter Instanz wurde dieses Urteil wiederum aufgehoben. Das Oberlandesgericht Naumburg war nämlich der Ansicht, man könne die Boxenwände polstern und durch die Auslage von Gummiböden die Geräuschkulisse des Hufgetrappels so verringern, dass die behördlichen Lärmschutzwerte eingehalten werden könnten. Gegen die Reitschule wurde die Verurteilung ganz aufgehoben und die Klage abgewiesen, da zum einen diese von baurechtlichen Vorschriften nicht berührt werde, zum anderen gar nicht festgestellt werden konnte, ob überhaupt Pferde des Reitschulbetriebs in dem streitgegenständlichen Stallgebäude gehalten wurden oder nicht. Doch vor dem Bundesgerichtshof hielten diese Ansichten des Berufungsgerichts nicht stand. Hinsichtlich der beklagten Reitschule wurde das Urteil an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, mit dem Hinweis, dass auch diese die Lärmschutzgrenzwerte einhalten müsse – auch wenn sie von den baurechtlichen Vorschriften nicht betroffen sei. Sofern unklar war, ob und wie viele Pferde der Reitschule überhaupt in dem betreffenden Stallgebäude gehalten wurden, so müsse dies die Reitschule offenlegen – schließlich könnten die Kläger nicht nach den äußerlichen Umständen unterscheiden oder anhand des Aussehens der Pferde erkennen, ob sie zur Reitschule gehörten oder nicht. Hinsichtlich der verklagten Hofinhaberin wurde das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts wiederhergestellt und damit die Pferdehaltung endgültig untersagt. Schon die Errichtung und die zweckmäßige Nutzung des Stallgebäudes verstießen gegen das baurechtliche nachbarschaftsschützende Gebot der Rücksichtnahme, was rechtskräftig vom Verwaltungsgericht so festgestellt wurde und somit auch Bindungswirkung für das Zivilgericht habe. Durch diesen Verstoß gegen Baurechtsvorschriften werde auch der Unterlassungsanspruch der Nachbarn begründet, die sich der wiederholten Gefahr der Lärmbelästigung durch die rechtswidrige Nutzung ausgesetzt sähen (BGH Urteil vom 27.11.2020, V ZR 121/19).

Die Erteilung von Baugenehmigungen (für Pferdeställe z.B.) können grundsätzlich von Nachbarn auch direkt vor dem Verwaltungsgericht angegriffen und so verhindert werden. Dabei kommt es jedoch im individuellen Fall stark auf die örtlichen Gegebenheiten und den Bebauungsplan an. Sogar bei Wohngrundstücken können Pferdeställe für die Nachbarn zumutbar sein, wenn diese im Außenbereich, z.B. am Rande einer Gemeinde liegen und Dorfgebietscharakter haben, dem die Tierhaltung nicht wesensfremd sei (Verwaltungsgericht Mainz, Urteil vom 25.04.2018, 3 K 289/17). Eigentümer mit Grundstück an angrenzende Außenbereiche müssen stärkere Immissionen hinnehmen als Grundstückseigentümer in innerörtlichen Wohnbereichen. Die in diesem Falle klagenden Nachbarn störten sich an den zu befürchtenden verstärkten Geruchsimmissionen und erhöhtem Aufkommen von Fliegen durch die von den Nachbarn als Koppeln genutzte Grundstücke und den Bau eines Pferdestalls darauf. Das Gericht entschied hier, dass die sachgerechte Haltung zweier Pferde keine unzumutbare Belästigung für die Nachbarn darstelle.