Beweislastumkehr beim Pferdekauf


Februar 2014. Welcher Nachweis ist dem Händler und Züchter in Bezug auf die Mangelfreiheit des Pferdes zuzumuten, wenn er vom Käufer im Rahmen der Gewährleistung in Anspruch genommen wird? Gerade bei Unarten eines Pferdes wie Steigen oder Koppen ist die Beweisführung grundsätzlich schwierig. Ist objektiv nicht mehr nachvollziehbar, wann ein Mangel bei dem Pferd erstmalig aufgetreten ist, geht dies zu Lasten desjenigen, der diesen Beweis erbringen muss.

Grundsätzlich hat ein Käufer, der den Verkäufer eines Pferdes auf Gewährleistung in Anspruch nehmen will, die volle Beweislast dafür, dass das gekaufte Pferd zum Zeitpunkt der Übergabe mit einem Mangel behaftet war. Kann ein Mangel tiermedizinisch nicht eindeutig zurückdatiert werden, ist dieser Beweis für den Käufer oftmals schwierig, wenn nicht gar unmöglich zu erbringen, gerade, wenn es beispielsweise um Rittigkeitsprobleme, Steigen oder Koppen geht, Probleme, die jederzeit auftreten und ihren Anfang nehmen können. Nützt es in diesen Fällen dem Käufer etwas, wenn er das Pferd von einem Händler gekauft hat?

Ein Pferdekauf, der zwischen einem als Privatperson handelnden Käufer und einem Züchter oder Händler als gewerblichem Verkäufer zustande kommt, gilt als so genannter „Verbrauchsgüterkauf“. Die Gewährleistung kann vom professionellen Verkäufer gegenüber dem privaten Käufer nicht ausgeschlossen, höchstens auf ein Jahr reduziert werden. Außerdem gilt in diesem Verhältnis die Besonderheit der Beweislastumkehr innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf. Entgegen eines weit verbreiteten Irrglaubens handelt es sich bei diesen sechs Monaten nach der Übergabe des Pferdes nicht um eine Frist, die vom Käufer eingehalten und innerhalb derer er irgendwie gegenüber dem Verkäufer aktiv werden muss. Es handelt sich lediglich um eine Beweislastregel: Tritt innerhalb der ersten sechs Monate nach der Übergabe nachweisbar ein Mangel auf, so muss der professionelle Verkäufer gegenüber dem privaten Käufer nachweisen, dass das Pferd bei der Übergabe mangelfrei war. Wann der Käufer schließlich den Mangel geltend macht, ist dabei unerheblich, dies kann auch noch nach sieben oder acht Monaten geschehen. Wichtig ist nur, dass er beweisen kann, dass das Pferd die Beeinträchtigung innerhalb dieses ersten halben Jahres nach dem Kauf gezeigt hat.

Handelt es sich dann bei dem Mangel um eine Abweichung von der bei Vertragschluss vereinbarten Beschaffenheit, die man zu diesem Zeitpunkt hätte feststellen können, wie zum Beispiel eine röntgenologische Veränderung, die unmittelbar in der Zeit nach dem Kauf zu einer Lahmheit des Pferdes führt, so geht dies zu Lasten des Verkäufers. Denn dieser muss beim Verbrauchsgüterkauf die Mangelfreiheit des Pferdes nachweisen. Die nun vom Käufer innerhalb der sechs Monate nach dem Kauf angefertigten Röntgenbilder beweisen, dass das Pferd innerhalb dieser Zeit eine Erkrankung aufweist. Der Händler könnte sich nun nur dadurch entlasten, wenn vom Zeitpunkt der Übergabe ebenfalls Röntgenbilder vorlägen, die die Mangelfreiheit des Pferdes beweisen würden. Ist die Aufnahme solcher Bilder beim Verkauf unterblieben, kann der Händler den Beweis nicht führen.

Doch wie immer gibt es auch von dieser Regelung wiederum Ausnahmen. Denn laut Gesetz ist dem Verkäufer dann dieser Entlastungsbeweis nicht zuzumuten, wenn die Beweislastumkehr mit der „Art des Mangels nicht vereinbar“ ist. In Bezug auf den Pferdekauf ist diese Ausnahme von der Beweislastumkehr von der Rechtsprechung jeweils dann angenommen worden, wenn es unzumutbar erschien, dem Verkäufer den Entlastungsnachweis aufzuerlegen, da der Mangel des Pferdes schlichtweg jederzeit hatte erstmalig auftreten können. Dies galt beispielsweise bei Unarten des Pferdes wie dem Koppen – früher einer der Hauptgewährsmängel. Tritt dies unmittelbar etwa nach einem Kauf des Pferdes auf einer Reitpferdeauktion auf, kann nicht einfach zugunsten des Käufers der Rückschluss gezogen werden, dass das Pferd auch schon vor dem Auktionskauf gekoppt hat (OLG Celle, 22.11.2010, 20 U 8/10). Der Käufer kann allenfalls das Krippensetzen über einen längeren Zeitraum nachweisen, wenn das Pferd entsprechende Abnutzungserscheinungen an den Zähnen aufweist. Auch bei Rittigkeitsmängeln tut sich die Rechtsprechung schwer, dem Händler den Entlastungsnachweis zuzumuten. So wurde im Falle des Steigens und der Unrittigkeit, die von Käufern als Mängel geltend gemacht wurden, jeweils nach sachverständiger Beurteilung des Sachverhaltes die Vereinbarkeit dieser Mängel mit der Beweislastumkehr abgelehnt. Denn beim Steigen oder auch bei Rittigkeitsmängeln, sofern diese nicht auf gesundheitliche Ursachen zurückzuführen seien, handele es ich um Erscheinungen, die jederzeit durch falsche reiterliche Einwirkung, falsche Ausrüstung oder Überforderung in der neuen Umgebung ausgelöst werden und die andersherum durch gezielte richtige reiterliche Einwirkung und Korrektur auch wieder beseitigt werden könnten. Es erscheine unbillig, dem Händler den Beweis dafür aufzubürden, dass das Pferd diese Mängel bis zum Zeitpunkt der Übergabe nicht aufgewiesen habe, da es sich um Verhaltensweisen des Tieres handele, die typischerweise von einem auf den anderen Tag auftreten könnten (LG Siegen, 10.06.2011, 2 O 107/09). Das Gericht entschied auch, dass diese gesetzlich mögliche Ausnahme von der Beweislastumkehr nicht durch eine Klausel in einem Formularvertrag ausgeschlossen werden dürfe. Schließlich sei dies die vom Gesetz vorgesehene einzige Korrekturmöglichkeit, unbillige Ergebnisse zu verhindern.