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Pferdehaltung wird durch Windenergieanlage nicht erheblich beeinträchtigt

Die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen soll aus aktuellem Anlass um Einiges erleichtert werden, um den Windkraftausbau und damit den Energieumstieg zu beschleunigen. Die Anforderungen an die Nachweise im Prüfbereich werden vereinfacht – außerhalb davon findet keine Prüfung mehr statt. Gleichwohl ist die Rechtsprechung schon jetzt der Ansicht: von Windkraftanlagen geht keine immissionsschutzrechtliche Beeinträchtigung für Pferdehaltung aus (VG Saarland, Urteil vom 15.09.2021, 5 K 956/21).

Ein Gestüt, auf dem Jungpferde gezüchtet und zu Dressurpferden bis zu internationalem Leistungsniveau ausgebildet werden, liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem genehmigten Windpark. Zudem bietet das Gestüt Gastboxen zu Trainingsmöglichkeiten und zur Rehabilitation an. Das nächstgelegene Grundstück des Gestüts zum Windpark hat einen Abstand von ca. 360m.

Über ein Jahr nach der bereits erteilten und durch Veröffentlichung im Amtsblatt und in der Zeitung bekanntgemachten Genehmigung zur Errichtung von sechs Windkraftanlagen Typ Enercon E 115 legte der Gestütsinhaber Widerspruch dagegen ein, da die gewählte Bekanntmachung nicht den Bestimmungen des Bundesimissionsschutzgesetzes entsprächen und die erteilte Genehmigung ihn in seinen Rechten verletze, da die Auswirkungen auf das Gestüt und die Haltung der hochwertigen Tiere dort nur unzureichend berücksichtigt worden seien.

Der Eigentümer des Gestüts trug vor, auf dem Gestüt 4-5 Fohlen pro Jahr zu züchten, die überwiegend von eigenen Zuchtstuten stammen und selbst ausgebildet würden. Es werden Pferde aller Altersklassen dort gehalten, mit unterschiedlichem Ausbildungsniveau. Die Philosophie des Gestüts bestehe darin, exklusive Dressurpferde mit hohem Potenzial auszubilden und bis zu Grand Prix-Niveau zu fördern und diesen gleichwohl artgerecht ausreichend Koppelgang zu ermöglichen, was durch den Windpark nur noch sehr eingeschränkt möglich sei, bei sehr sensiblen oder scheuen Pferden gar nicht mehr. Insbesondere die teilweise hochwertigen Gastpferde, die der professionellen Betreuung und Beratung des Gestüts anvertraut werden, könne man nicht mehr riskieren, auf die Weiden zu stellen. Das gesamte Konzept des Gestüts, welches auch ein innovatives Zentrum für Gesundheitsprophylaxe und Rehabilitation für Sportpferde beinhalte, sei durch den angrenzenden Windpark gefährdet. Das wiederum stelle eine Beeinträchtigung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs dar und einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Dem Errichter wurde vorgeworfen, er habe in den schalltechnischen Berechnungen seiner Antragsunterlagen das Wohngebäude des Gestüts sehr wohl erkannt, aber offenkundig nicht den Konflikt, der mit der Nutzung durch die gewerbliche Haltung sensibler, hochpreisiger Tiere einhergehe. Der genehmigte Windpark sei mit den Belangen des Gestüts nicht vereinbar.

Das Gutachten eines renommierten öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Pferdezucht- und Haltung wurde vorgelegt, wonach mit erheblichen Gefahren und negativen Auswirkungen zu rechnen sei, sowohl für die Pferde, als auch für die Führer und Reiter der Pferde. Vier Koppeln des angrenzenden Gestüts könnten gar nicht mehr, sieben weitere nur noch für ältere oder sehr ruhige Pferde genutzt werden. Dabei spielten nicht nur die akustischen Reize, sondern auch der Schattenwurf eine Rolle. Diverse gutachterlichen Stellungnahmen sowohl aus Pferdehaltungstechnischer Sicht als auch aus Schallausbreitungstechnischer Sicht wurden an das Gericht von beiden Seiten herangetragen und ausgewertet. Im Ergebnis wurde die Klage des Gestütsbetreibers durch das Gericht zurückgewiesen. Zunächst war der Widerspruch verfristet, weil die öffentliche Bekanntgabe der Genehmigung Wirksamkeit entfaltet habe. Zudem habe der beklagte Windparkbetreiber dies in allen regionalen Tageszeitungen und auf seiner Homepage veröffentlicht. Durch die Veröffentlichung an mehreren Orten sei sichergestellt worden, dass jeder Bürger davon Kenntnis erlangen konnte und somit auch die Möglichkeit des rechtzeitigen Widerspruchs (binnen eines Monats) bestand. Was die schädigenden Umwelteinwirkungen auf seinen Pferdehof betraf, so sah das Gericht hierin ebenfalls keine Rechtsverletzung. Es folge damit der soweit erkennbar einheitlichen Rechtsprechung (u.a. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 17.05.2002; VG Münster, Urteile vom 16.03.2007 und 17.01.2020, 10 K 435/17, VG Aachen, Beschluss vom 5.7.2012, u.v.a.), dass Pferde grundsätzlich durch die Errichtung von Windenergieanlagen nicht gestört werden, da zu erwarten sei, dass, sofern diese dauerhaft in der Nachbarschaft von Windenergieanlagen gehalten werden, sich an die davon ausgehenden akustischen und optischen Wirkungen gewöhnen würden. Unfallgefahren habe der Pferdehalter vorzubeugen, indem er die Pferde schonend an die Anlagen gewöhne.