Rechtsprechung in Sachen Pferdepacht
Pacht statt Kauf eines Pferdes zu bestimmten Zwecken ist in Mode gekommen. So hatten wir in der letzten Ausgabe (Heft 3/2016) die vertraglichen Grundlagen für die Nutzungsüberlassung einer Stute zur Zucht erörtert. Doch auch Pachtverträge über Hengste und Reitponys sind heute durchaus üblich. Streit zwischen den Vertragspartnern und insofern auch Gerichtsverfahren und Urteile gibt es zumeist über solche Punkte, die die Parteien bei Abschluss eines Vertrages gerade nicht vorher gesehen haben, z.B. die Haftung im Schadensfall, das Bestimmungsrecht über den Aufenthaltsort des Pferdes oder wer sich um die Beantragung von Fohlenscheinen kümmern muss.
So hatte das Oberlandesgericht Köln einen Fall zu entscheiden, in dem ein gepachteter Hengst ausbrach und sich auf seiner Flucht tödlich verletzte. Die Eigentümerin verlangte Schadensersatz in Höhe des angeblichen Verkaufswertes von 8.000,00 Euro von der Pächterin, die das Pferd als Reitpferd für ihre Tochter gepachtet hatte. Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg, da die Pächterin keine Schuld an der tödlichen Verletzung des Pferdes traf, was sie allerdings vor Gericht nachweisen musste. Denn das Gericht entschied: „Wenn eine Pachtsache infolge des Pachtgebrauchs beschädigt oder zerstört wird und die Ursache aus dem Obhutsbereich des Pächters entstammt, trägt der Pächter die Beweislast dafür, dass die Verschlechterung oder Zerstörung der Pachtsache nur auf vertragsgemäßen Gebrauch zurückzuführen ist.“ (OLG Köln, 27.04.2010, 3 U /09).
In einem anderen Fall stritten die Parteien in einem einstweiligen Verfügungsverfahren um das Besitzrecht an einer hochträchtigen Stute, einem sehr erfolgreichen Springpferd. Der Eigentümer der Stute meinte mit dem ehemaligen Reiter des Pferdes vereinbart zu haben, dass die trächtige Stute wieder in seinen Stall zurück kommen sollte, zur erneuten Bedeckung nach dem Abfohlen. Der Reiter verweigerte zu gegebenem Zeitpunkt jedoch die Herausgabe der Stute, da es viel zu gefährlich sei, zu diesem späten Zeitpunkt der Trächtigkeit das Pferd zu transportieren. Der Reiter des Pferdes bekam Recht und die Stute durfte aufgrund ihrer hohen Trächtigkeit dort verweilen, wo sie war, um in Ruhe Abfohlen zu können. Das Gericht ließ sich diesbezüglich tierärztlich beraten und entschied im Eilverfahren zugunsten des Tierschutzes (LG Münster, 29.05.2002, 2 O 260/02).
Im Rennpferdmilieu hatte ein Pferdezüchter einer anderen Züchterin eine Stute überlassen, die daraus Fohlen ziehen, damit Rennerfolge erzielen und die Fohlen schließlich gewinnbringend weiter verkaufen wollte (Fohlenpacht). Zur Beantragung der jeweiligen Fohlenscheine war jedoch nur der eingetragene Züchter der Stute berechtigt, nicht der tatsächliche Besitzer. Da der eingetragene Züchter sich jedoch weigerte, die jeweiligen Fohlenscheine zu beantragen, bzw. seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen, wurden der Pächterin über 10.000,00 Euro Schadensersatz aus der Verletzung dieser vertraglichen Nebenpflicht des Züchters zugesprochen. Pachttypisch sei die „Überlassung der Früchte“ , d.h. die wirtschaftliche Nutzung der gezogenen Fohlen aus der zu diesem Zwecke überlassenen Stute gewesen. Dies war der klagenden Fohlenpächterin jedoch nicht möglich, da der Züchter der Stute nicht dazu beitrug, die entsprechenden Fohlenscheine beim Zuchtverband beantragen zu können. Allein ihm als Züchter der Stute wurden die Deckergebnisscheine von den Deckstationen übersandt, deren Vorlage zur Erteilung der Fohlenscheine für die Klägerin Voraussetzung gewesen wäre. Da somit der Vertragszweck für die Pächterin mangels Mitwirkungshandlung des Züchters nicht erreicht werden konnte, verurteilte das Gericht den Beklagten zum Ersatz des der Klägerin daraus entstandenen Schadens, den diese unangefochten mit 22.760,00 DM beziffert hatte (OLG Düsseldorf, 22.02.200, 24 U 86/99).
Eine Krux des zuletzt geschilderten Falles liegt wieder einmal mehr in dem unterschiedlichen Verständnis des Begriffes „Besitz“ im allgemeinen, im juristischen und im Sinne der Zuchtbuchordnung. Das in der Zuchtbuchordnung (ZBO) vorgesehene Verfahren zur Erlangung der Fohlenscheine setzt deren Beantragung durch den jeweiligen Besitzer des Fohlens voraus (§§ 9 Abs. 1, 7 Abs. 1 ZBO). Damit ist jedoch nicht der tatsächliche Besitzer (im juristischen Sinne) gemeint, sondern der allein antragsberechtigte eingetragene Besitzer der Stute (§ 18 Abs. 5 ZBO). Als Besitzer eingetragen wird in den meisten Pachtfällen immer noch der Eigentümer und Verpächter des Pferdes sein, obgleich er den tatsächlichen Besitz (die tatsächliche Ausübung der Sachgewalt) durch die Nutzungsüberlassung des Pferdes an den Pächter übertragen hat. In der Praxis lässt sich dieses Problem jedoch ganz einfach auf unterschiedlichen Wegen aus der Welt schaffen: eine Möglichkeit besteht darin, dass der Eigentümer/Züchter/Verpächter der Stute dem Pächter/Besitzer/Nutzer die ihm übersandten Deckscheine zur Verfügung stellt und ihn dazu bevollmächtigt, die Fohlenscheine zu beantragen. Eine andere Möglichkeit – gerade bei längerfristigen Pachtverhältnissen besteht darin, von vorne herein einen Besitzerwechsel der Stute anzumelden und eintragen zu lassen – von da an ist der als Stutenbesitzer eingetragene Pächter selbst antragsberechtigt. Dritte Möglichkeit ist die Beantragung des Fohlenscheins durch den Verpächter selbst und die anschließende Überlassung desselben an den Pächter.