Tierarztrecht: Anforderungen an Narkose-und
Risikoaufklärung bei einer Kolikoperation
Auch wenn die Einlieferung eines Kolikpatienten in eine Tierklinik für Pferdeeigentümer mit Sicherheit immer eine Stress – und Ausnahmesituation darstellt, sollten Erklärungen, Aufnahme- und Aufklärungsbögen dennoch sorgfältig durchgelesen und reflektiert werden vor der Unterschrift. Hier werden ggf. vorab bereits schwerwiegende Entscheidungen getroffen und Befugnisse erteilt, die dann auch ohne weitere Rücksprache von den Tierärzten umgesetzt werden dürfen.
Ein aktuelles Urteil des OLG Köln bestätigt die Wirksamkeit eines unterschriebenen Bogens zur stationären Aufnahme eines Kolikpferdes, der es rechtfertigt, vorab vom Pferdeeigentümer eine Entscheidung über die Zustimmung, einer Zustimmung mit Einschränkungen oder die Ablehnung einer Kolikoperation zu treffen. In dem Formular wird darauf hingewiesen, dass sich die Notwendigkeit einer Operation kurzfristig ergeben kann. Auf den Kostenrahmen von bis zu 8.000,00 Euro wird ebenso verwiesen wie auf Operationsrisiken wie Muskeldurchblutungsstörungen, Muskelquetschungen oder Lähmungen der Gliedmaßen und Nerven. Damit sei der Pferdeeigentümer ausreichend über sämtliche Risiken und mögliche Kosten aufgeklärt und habe damit eine Grundlage, auf der er das Koste-Nutzenverhältnis zutreffend abwägen könne. Mit der Unterschrift willige der Pferdebesitzer wirksam in die Durchführung einer Operation ein, auch ohne dass zuvor noch einmal persönlich Rücksprache gehalten und über individuelle Besonderheiten aufgeklärt wird (OLG Köln, Urteil vom 05.09.2018, 5 U 26/18). Ein betroffener Patienteneigentümer, dessen Pferd nach einer Kolikoperation an Ataxie litt, war der Ansicht, vor dem Eingriff an seiner 28 Jahre alten vorerkrankten Stute hätte noch einmal Rücksprache mit ihm gehalten werden müssen. Über das eingetretene Risiko der Ataxie sei er zudem nicht explizit aufgeklärt worden. Dies sah das Gericht anders. Zum einen sei in der Erklärung, die er unterschrieben habe, auch auf die risikoerhöhenden Faktoren wie Alter und Vorerkrankungen hingewiesen worden, so dass er von vorneherein wusste, dass auch hierdurch das Kosten-Nutzen Risiko beeinflusst werde. Die Ataxie sei zwar nicht wörtlich als Risiko in der unterschriebenen Erklärung aufgeführt, dies sei jedoch unerheblich, da es lediglich darauf ankäme, dass der Eigentümer „im Großen und Ganzen“ wisse, auf was er sich einlasse. Die Erläuterungen, dass es zu Lähmungen der Gliedmaßen und Nerven kommen könne, die sich nach dem operativen Eingriff insbesondere als Unfähigkeit aufzustehen und im Stehen die Gliedmaßen zu belasten zeigten, schlössen das Krankheitsbild der Ataxie mit ein und seien somit ausreichend gewesen. Für den Eigentümer hätten aufgrund der Angaben in dem Aufnahmebogen sehr wohl die erhöhten Risiken bei seinem 28jährigen Pferd, welches ohnehin nur noch eine begrenzte Lebenserwartung gehabt habe, auf der Hand gelegen. Dennoch habe er auch dem angegebenen Kostenrahmen von 8.000,00 Euro mit seiner Unterschrift zugestimmt. Daher spräche nichts dafür, dass er, wären ihm die bestehenden Risiken zusätzlich noch einmal mündlich mitgeteilt worden, anders entschieden hätte.
Die hohen Anforderungen an eine ärztliche Aufklärung aus der Humanmedizin und die entsprechende Vorschrift dazu im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 630e II Nr. 1 BGB) sind auf Tiere weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar, da es bei der Behandlung von Tieren nicht um die Wahrung des Selbstbestimmungsrechts geht.
Anders kann das aussehen, wenn ein Aufklärungsfehler feststeht oder eben gar keine Aufklärung des Tiereigentümers stattgefunden hat. Dann wiederum können durchaus auch hier die Beweiserleichterungen aus der Humanmedizin greifen. Die Tierärzte müssen dann unter Umständen, je nach Lage des Einzelfalles nachweisen, dass es auch mit entsprechender Aufklärung zu dem Schaden gekommen wäre. So wurde die Schadensersatzpflicht in einem Fall bejaht, bei dem (unstreitig) nicht über die Möglichkeit der Zwillingsträchtigkeit einer Stute aufgeklärt wurde und dass dies zu einem späteren Zeitpunkt der Trächtigkeit noch einmal überprüft werden müsse. Aufgrund seines Unwissens darüber ließ der Züchter die Stute nicht noch einmal untersuchen und ihr mussten zwei tote Fohlen per Kaiserschnitt entnommen werden, die Besamung im Folgejahr schlug fehl. In diesem Fall lag auf der Hand, dass der Züchter bei richtiger Aufklärung die Stute hätte noch einmal untersuchen und die Zwillingsträchtigkeit frühzeitig hätte beenden lassen (OLG Celle, 14.02.2011, 20 U 02/09). Weitere Fehler wurden in dem fehlenden Hinweis auf die lediglich 50 %ige Erfolgschance einer Operation gesehen (OLG Hamm, 21.02.2014, 26 U 03/11) und in der fehlenden Beratung über Behandlungsalternativen bei der Behandlung eines ataktischen Pferdes unter Vollnarkose (OLG Hamm 13.01.2015, 26 U 95/14), nicht hingegen bei der Realisierung eines völlig unwahrscheinlichen Risikos von 0,01% im Falle einer abgebrochenen Akkupunkturnadel – die allerdings einen erheblichen Folgeschaden in der Sattellage des Pferdes mit Folgeoperationen verursacht hatte (OLG Celle, 20.01.2014, 20 U 12/13).