Pferderecht Alttag

Überhöhte Kaufpreise beim Pferdekauf

Nach den überhöhten und damit als sittenwidrig eingestuften Provisionen im
Pferdekaufgeschäft (siehe letzte Ausgabe, Heft 4, April 2018) sind nun auch die
Kaufpreise an sich in das Visier der Rechtsprechung geraten. Das Oberlandesgericht
Frankfurt hatte sich Anfang des Jahres mit der Frage zu beschäftigen, ob ein
Springpferd 60.000,00 Euro kosten durfte, obgleich es objektiv nur 8.800,00 Euro
wert sein sollte.
In Schadensangelegenheiten erlitten Pferdeeigentümer vor Gericht schon lange
Enttäuschungen bei der Bewertung des Verkehrswertes ihres Pferdes. Denn wenn
ein Pferd zum Beispiel durch Fremdverschulden zu Schaden gekommen und
dadurch unbrauchbar oder gar tot war, wurde der Wert dieses Pferdes im Streitfall
immer schon durch einen Sachverständigen zur Taxation von Sportpferden ermittelt.
Bei dieser Bewertung spielt das eigene Interesse bzw. der individuelle Wert, den
dieses Pferd für den Reiter hat, eine ebenso geringfügige Rolle wie der gezahlte
Kaufpreis oder ein Kaufpreis, den jemand für das Pferd zu zahlen bereit gewesen
wäre. Vielmehr wird für die Schadensregulierung lediglich der objektive Marktwert
ermittelt, der sich zusammensetzt aus Alter, Abstammung, Ausbildung, Charakter,
Interieur, Exterieur, Rittigkeit, Platzierungen/sportlicher/züchterischer Leistung und
nicht zuletzt der Gesundheit des Pferdes. Nichts Anderes kann dementsprechend für
die Ermittlung eines angemessenen Kaufpreises gelten.
Das Geschäft vieler Verkäufer und Vermittler, deren Gewinnmargen insbesondere
bei den höherpreisigen Pferden ja gerade darin liegt, das richtige Pferd zum richtigen
Zeitpunkt an den richtigen Kunden zu vermitteln, ist damit erheblich gefährdet. Und
Phantasiepreise in schwindelerregender Höhe allein aufgrund des käuferischen
Affektions- und Spekulationsinteresses dürften in Zukunft ein erhöhtes Risiko für die
Verkäuferseite darstellen, wenn nämlich allein die Höhe des Kaufpreises die
Anfechtung des gesamten Geschäfts rechtfertigt und es damit nichtig macht.
Denn das OLG Frankfurt entschied in einem Streitfall über einen Pferdekauf, dass
ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliege,
wenn der Kaufpreis rund siebenmal so hoch sei wie der objektive Verkehrswert des
Pferdes. Das streitgegenständliche Springpferd sollte 60.000,00 Euro kosten und war
laut Sachverständigengutachten, welches durch das Gericht in zweiter Instanz
eingeholt worden war, lediglich rund 8.800 Euro wert. Damit liege ein
wucherähnliches und damit sittenwidriges Rechtsgeschäft vor, welches als nichtig
galt und somit den Käufer dazu berechtige, das Geschäft rückabzuwickeln, was im
konkreten Fall bedeutete, dass der Verkäufer dazu verurteilt wurde, dem Käufer die
bereits geleistete Anzahlung in Höhe von 40.000,00 Euro zurück zu zahlen. An dem
Pferd selbst bestand ohnehin kein Interesse mehr, nachdem eine
Lahmheitserkrankung festgestellt worden war.
In erster Instanz (LG Darmstadt) hatten die Parteien hauptsächlich über die
Rückabwicklung des Pferdekaufs aufgrund dieser Lahmheitserkrankung, arglistigen
Verschweigens des Verkäufers und Abhängigkeit der Wirksamkeit des Kaufvertrages
von einer erfolgreichen tierärztlichen Ankaufsuntersuchung gestritten. Das
Landgericht hatte in all diesen Punkten mangels Beweisen gegen den Käufer
entschieden. Auch das erstinstanzlich bereits vorgebrachte Argument des
überhöhten Kaufpreises wurde als unsubstanziiert zurückgewiesen.
Dies sah das Oberlandesgericht in zweiter Instanz anders und holte zu dem Wert
des Pferdes den durch den Käufer angebotenen Beweis durch ein
Sachverständigengutachten ein. Dieser zog einen Mittelwert vergleichbarer
Ergebnisse von Zwischenauktionen des Hannoveranischen Pferdezuchtverbands für
vergleichbare Pferde in Höhe von 9.500,00 Euro heran und nahm davon noch einen
sorgfältig kalkulierten Abschlag von 700,00 Euro vor aufgrund von Chips in den
Sprunggelenken und Sehnenscheidengallen an allen vier Beinen sowie aufgrund des
züchterischen Mankos des Vaterhengstes, der nicht zur Zucht zugelassen war.
Damit war der vereinbarte Kaufpreis von 60.000,00 Euro massiv überhöht und das
Rechtsgeschäft nichtig – so das Oberlandesgericht. Den Einwand des Verkäufers,
dass der subjektive Wert des Pferdes auch berücksichtigt werden müsse, der
vorliegend gerade in der besonderen Harmonie zwischen Pferd und Reiterin (Tochter
des Käufers) läge sowie in der Tatsache, dass die Tochter unbedingt zeitnah ein
Pferd für die kommende Turniersaison erhalten sollte, weshalb der Käufer auch
bereit war, einen über dem Marktpreis liegenden Betrag zu zahlen, ließ das Gericht
nicht gelten, um die Regel der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung
dermaßen außer Kraft zu setzen (OLG Frankfurt, 26.01.2018,13 U 214/15)