Unzuverlässigkeit führt zu Untersagung des Pferdehandels
Wer mit Pferden handelt, braucht eine Erlaubnis nach dem Tierschutzgesetz. Diese Erlaubnis kann jederzeit von der Behörde widerrufen werden, wenn sie der Ansicht ist, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Einem Pferdehändler, der mehrere Pferde ohne dazu gehörige Equidenpässe in seinem Bestand hatte, wurde mit sofortiger Wirkung vom Veterinäramt die Erlaubnis entzogen (OVG Berlin-Brandenburg, 20.07.2020, 5 S 31.19). Der Seuchenschutz sei wichtiger als die Berufsfreiheit.
So ist für die Erteilung der Erlaubnis u.a. die erforderliche Sachkunde und Zuverlässigkeit Voraussetzung. Dabei knüpft dieser Begriff an die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit an und meint den Eindruck, dass jemand nicht die Gewähr dafür bietet, dass er seine Tätigkeit ordnungsgemäß und im Einklang mit dem geltenden Recht betreibe. Entscheidend sei dabei, unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls und der Persönlichkeit des Betroffenen, ob die Gefahr bestehe, dass der Betroffene seinen Pflichten als Händler mit Wirbeltieren nicht nachkomme. Der hier gerichtlich gegen den Widerruf seiner Erlaubnis durch das Veterinäramt vorgehende Pferdehändler hatte in der Vergangenheit mehrfach gegen § 44a und 44
b der ViehVerkV (Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen alte Fassung) verstoßen, d.h. er hatte Pferde ohne Equidenpässe in seinen Bestand übernommen und transportiert. Bei einem Hausbesuch befanden sich sieben Pferde in seinem Bestand, für die der Pferdehändler keine Pässe vorlegen konnte. Dass eines dieser Pferde später eingeschläfert wurde und die restlichen fehlenden Pferdepässe besorgt und nachgereicht wurden, änderte nichts an dem begangenen Verstoß gegen die Vorschrift.
Darüber hinaus zog das Gericht aus dem Umstand, dass bei dem Händler 120 Equidenpässe gefunden wurden, zu denen umgekehrt keine Pferde vorhanden waren, den Schluss, dass Pferde ohne Pass weitergegeben worden seien oder es versäumt wurde, Pässe von verstorbenen Pferden an den Zuchtverband zurück zu leiten. Das Veterinäramt stellte dem Pferdehändler deswegen eine negative
Zukunftsprognose und begründete damit den Tatbestand der Unzuverlässigkeit, was wiederum zum Widerruf der Erlaubnis mit Pferden handeln zu dürfen führte. Der Pferdehändler ging dagegen gerichtlich vor – ohne Erfolg. Sowohl das Verwaltungsgericht Potsdam als auch das Oberverwaltungsgericht bestätigte die negative Zukunftsprognose und hob die Untersagung jedenfalls vorläufig nicht auf –
obwohl der Antragsteller seinen Beruf seit vielen Jahren zuvor beanstandungsfrei ausgeübt hatte. Während der Pferdehändler mit seiner Beschwerde vortrug, dass durch sein Verhalten eine konkrete Gefährdung für irgendwen nicht eingetreten sei, sah das Verwaltungsgericht diesen Umstand ganz anders: ein effektives Handeln der Behörden zum Schutz der Allgemeinheit vor Tierseuchen sei nicht gewährleistet, wenn die Veterinäre nicht unmittelbar Zugang zu den zu einem Pferd jeweils
zugehörigen Dokumenten hätten und dieses einwandfrei identifizieren könnten, genau dazu sei die Pass- und Transponderkennzeichnungspflicht eingeführt worden. Das Verhalten des Pferdehändlers habe die konkrete Möglichkeit geschaffen, dass z.B. Tiere, die nicht zur Schlachtung bestimmt bzw. geeignet waren, aufgrund falscher oder mangelnder Dokumente in die Lebensmittelkette gelangten und so zur Gefahr für Verbraucher würden. Diese Vorwürfe konnten vom Beschwerdeführer nicht erschüttert werden. Dennoch wurde noch einmal in die Waagschale geworfen, ob das Verhalten des Pferdehändlers wirklich direkt eine Untersagung der Berufsausübung rechtfertige, was ja einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff
bedeutet, der nur in „extremen Ausnahmefällen“ gerechtfertigt ist. Das Verwaltungsgericht sah die erforderliche Verhältnismäßigkeit in dem vorliegenden Fall durch die Vielzahl der Verstöße und der daraus resultierenden Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Mensch und Tier, die durch Tierseuchen entstehen können und die durch die Vorschriften der Viehverkehrsverordnung vermieden werden sollen als gegeben an. Aufgrund der negativen Zukunftsprognose des Antragstellers seien auch keine milderen Maßnahmen der Behörde in Form von Bußgeldbescheiden oder anderen zwangsgeldbewährten Ordnungsverfügungen notwendig oder vorrangig gewesen. Der Seuchenschutz genieße Vorrang vor dem Interesse des Pferdehändlers, für sich und seine Familie die Existenzgrundlage behalten zu können.