BGH, Urteil vom 29.11.1979, III ZR 101/77

Tatbestand

Die Klägerin, die im Gebiet der inneren Jade eine Fischereiwirtschaft betreibt, unterhält südlich der Insel „A. M.“ auf einer ihr behördlich zugewiesenen Fläche von etwa 4 ha Größe mehrere Muschelkulturbänke, auf denen sie Miesmuscheln gewinnt. Die Beklagte betreibt aufgrund eines mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Nutzungsvertrages vom 6./15. Februar 1967 in W. G. eine Öl-Umschlaganlage mit einer Tankerlöschbrücke, an der Öltanker anlegen und ihre Ladung in die Leitungen der Beklagten pumpen.

Die Klägerin hat behauptet, im Jahre 1970 sei bei Löschvorgängen an der Tankerlöschbrücke der Beklagten in mindestens 16 Fällen Öl in die Jade gelangt. Infolgedessen seien die Muschelkulturbänke Anfang November 1970 völlig mit Öl verschmutzt worden. Die Strömungsverhältnisse und Windverhältnisse im Bereich der inneren Jade seien geeignet, ölverschmutztes Wasser von der Tankerlöschbrücke der Beklagten zu den Muschelkulturbänken zu treiben. In der Zeit vom 1. bis 3. November 1970 habe stürmisches Wetter mit westlichen Winden der zeitweiligen Stärke 6 – 8 geherrscht. Starker Seegang im Bereich der Muschelkulturen und starke Brandung auf den Sandbänken davor hätten das treibende Öl in tiefere Bereiche des Wassers gewirbelt, wo es von den Muscheln habe aufgenommen werden können. Zudem habe die Beklagte zur Bekämpfung der Ölverschmutzung die Chemikalie Corexit verwandt, die das Öl zum Absinken bringe, wodurch in einem Flachmeer wie der Jade Flora und Fauna, insbesondere auch Muschelkulturen zerstört würden. – Ferner hat die Klägerin die Ölverschmutzung (auch) auf eine von der Beklagten unterhaltene, in die Jade führende Abflußleitung zurückgeführt, an der im Oktober 1970 der Schmutzwasserdüker und der Ölabscheider defekt gewesen seien.

Die Klägerin hat behauptet, das Staatliche Veterinäruntersuchungsamt O. habe Muschelproben, die am 7. November 1970 aus den Muschelkulturbänken entnommen worden seien, in einem Gutachten vom 17. November 1970 als verdorben und genußuntauglich beurteilt. Durch Verfügung vom 12. November 1970 habe der Landkreis Friesland ihr, der Klägerin, untersagt, Muscheln von den durch Öl verschmutzten Bänken weiter in den Verkehr zu bringen. Nachdem das Veterinäruntersuchungsamt weitere, am 4. Februar 1971 entnommene Muschelproben durch Gutachten vom 17. Februar 1971 wiederum als verdorben und genußuntauglich beurteilt habe, habe sie die Muschelkulturbänke gänzlich abräumen und neu ansäen müssen. Hierdurch sei ihr der Verkaufserlös für 1.300 t verkaufsreife Muscheln in Höhe von 286.000 DM und für 400 t Halbwachsmuscheln in Höhe von 42.000 DM verlorengegangen, so daß ihr ein Schaden von insgesamt 328.000 DM entstanden sei. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen zu verurteilen.

Die Beklagte, die die Abweisung der Klage beantragt hat, hat eingeräumt, daß an ihrer Tankerlöschbrücke im Jahre 1969 insgesamt 18 mal und im Jahre 1970 weitere 16 mal Öl in das Wasser der Jade gelangt sei. Das Öl sei jedoch nicht aus ihrer Ölumschlaganlage, sondern aus dort löschenden Tankern ausgetreten. Sie, die Beklagte, habe zur Vermeidung von Ölverschmutzungen eine Hafenbenutzungsordnung erlassen, auf die sie die Kapitäne der die Löschbrücke anlaufenden Tanker stets hingewiesen habe. Auch habe sie sämtliche Löschvorgänge im Zusammenwirken mit der Wasserschutzpolizei, die auf dem Gelände der Ölumschlaganlage eine ständig besetzte Dienststelle unterhalte, überwacht. Eine darüber hinausgehende unmittelbare Einwirkung auf die Tanker sei ihr nicht möglich. Soweit es zu Ölaustritten gekommen sei, seien sie durch Corexit 7664 bekämpft worden. Dieses Mittel, das leichter als Meerwasser sei, löse den Ölfilm auf und beschleunige den biologischen Abbau des Öles. Corexit 7664 versenke das treibende Öl nicht, so daß ein Schaden nicht entstehen könne. Das Öl, das die Muschelkulturen der Klägerin verschmutzt habe, müsse daher anderer Herkunft sein. Schließlich hat die Beklagte behauptet, die ölverschmutzten Muscheln hätten sich im sauberen Meerwasser von selbst gereinigt, wenn die Klägerin sie noch einige Zeit an Ort und Stelle belassen hätte, und hat den Klageanspruch auch der Höhe nach bestritten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne von der Beklagten nicht nach § 22 WHG Schadensersatz verlangen. Das hält den Angriffen der Revision stand.
1. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob die innere Jade, in der der Schadensfall sich zugetragen hat, zu den Küstengewässern im Sinne des § 1 Abs 1 Nr 1a WHG gehört. Zugunsten der Klägerin kann jedoch davon ausgegangen werden, daß dies der Fall ist und das Wasserhaushaltsgesetz Anwendung findet.

2. Die Revision greift das Berufungsurteil insoweit nicht an, als dieses eine Haftung der Beklagten nach § 22 Abs 1 WHG verneint. Die rechtliche Nachprüfung ergibt, daß dem angefochtenen Urteil jedenfalls im Ergebnis beizupflichten ist.
In den Vorinstanzen hatte die Klägerin geltend gemacht, die Ölverschmutzung sei (auch) durch eine von der Beklagten unterhaltene, in die Jade führende Abflußleitung verursacht worden. Nach Ansicht des Berufungsgerichts scheidet ein so begründeter Schadensersatzanspruch nach § 11 WHG aus, weil die Beklagte die Abflußleitung aufgrund einer wasserrechtlichen „Bewilligung“ unterhalte. Die Klägerin habe nicht behauptet, daß die Beklagte über die ihr zugebilligten Höchstmengen hinaus Schadstoffe in die Jade eingeleitet habe. Ihrem Vorbringen könne auch nicht entnommen werden, daß ihr Schaden durch Reparaturarbeiten oder Reinigungsarbeiten an den Tanks der Abflußleitung entstanden sei. Überdies habe die Höchstmenge von täglich 288 kg Öl, deren Einleitung in die Jade der Klägerin zugebilligt sei, nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr D. vom 9. Juni 1976 „mit allergrößter Wahrscheinlichkeit“ für eine Verursachung des Schadens nicht ausgereicht.

Die diesen Ausführungen zugrunde liegende Annahme, die Beklagte besitze eine Bewilligung im Sinne von § 8 WHG zur Einleitung von ölhaltigen Abwässern, ist allerdings irrig. Ausweislich der zu den Akten gereichten Ablichtung hat ihr das Wasserfahrtsamt und Schiffahrtsamt W. unter dem 17. Februar 1961 vielmehr die Erlaubnis erteilt, „mittels einer Einleitungsanlage … das mit Öl verunreinigte Niederschlagswasser des Betriebsgeländes, das in einer Ölabscheideanlage … mechanisch geklärt wird, in einer Menge bis zu 1.200 cbm/h einzuleiten“, ua unter der „Bedingung und Auflage“ (Nr 19), daß der Gehalt der einzuleitenden Niederschlagswässer an Öl und Fetten nicht mehr als 10 mg/l beträgt.

Nach der im Schrifttum überwiegenden Meinung ist die Vorschrift des § 11 WHG, wonach Schadensersatzansprüche wegen nachteiliger Wirkungen einer bewilligten Benutzung ausgeschlossen sind, auf Benutzungen, für die lediglich eine Erlaubnis nach § 7 WHG besteht, nicht anwendbar (Gieseke/Wiedemann/Czychowski WHG 3. Aufl § 7 Rdn 10 mw Nachw; Wiedemann DVBl 1966, 475; ebenso offenbar Sieder/Zeitler WHG § 7 Rdn 9; a M Salzwedel RdWWi 12, 74; Abt ZfW 1963, 364). Das Niedersächsische Wassergesetz in der Fassung vom 1. Dezember 1970 (GVBl S 457) enthält keine Bestimmung, aus der sich ein solcher Ausschluß von Schadensersatzansprüchen ergäbe (vgl zur Rechtsstellung Dritter nach dem Landeswassergesetz: Rehder NWG 4. Aufl § 10 Rdn 4). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat zu dieser Frage bisher nicht Stellung genommen. Sie braucht auch im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, weil das Berufungsurteil in diesem Punkt jedenfalls durch seine Hilfsbegründung getragen wird.

Das sachverständig beratene Berufungsgericht hat festgestellt, selbst die erlaubte Höchstmenge von täglich 288 kg Öl, die in (1.200*24=) 28.800 cbm Niederschlagswasser mit höchstens 10 mg/l Ölanteil und Fettanteil enthalten ist, hätte „mit allergrößter Wahrscheinlichkeit“ den Schaden nicht verursacht. Diese Feststellung, die die Revision nicht mit Verfahrensrügen angreift, bindet das Revisionsgericht (§ 561 Abs 2 ZPO). Ob sie dahin zu verstehen ist, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Einleitung der Niederschlagswässer und dem Schaden der Klägerin ausgeschlossen ist, kann auf sich beruhen. Jedenfalls hat die Klägerin hiernach den ihr obliegenden Beweis eines solchen Zusammenhanges nicht geführt. Für ihn spricht angesichts der tatrichterlichen Feststellung auch nicht der erste Anschein. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Klägerin schließlich nicht behauptet, die Beklagte habe über die ihr erlaubte Höchstmenge hinaus Öl in die Jade eingeleitet.

3. Das Berufungsgericht hat auch eine Haftung der Beklagten nach § 22 Abs 2 WHG verneint.
a) Soweit als „Anlage“ im Sinne dieser Vorschrift allein die Tankerlöschbrücke in Betracht gezogen wird, ist „aus“ dieser Anlage bei dem Vorfall vom 8. März 1970 Öl ausgetreten, als beim Löschen des Tankers „B.“ ein zum Tanker gehörendes Teil der Pumpleitung riß und ein zur Anlage der Beklagten gehörendes Schlauchteil infolgedessen die Verbindung mit dem Anschlußteil des Tankers verlor und herabfiel, so daß etwa 70 bis 80 l des bereits von Bord gepumpten Öls zurückflossen und in die Jade gelangten.
Das Berufungsgericht hat aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dr D. festgestellt, daß das damals ausgetretene Öl angesichts seiner geringen Menge und des großen zeitlichen Abstandes zum Schadensfall von etwa acht Monaten die Ölverschmutzung der Muschelkulturen „nicht, auch nicht teilweise“ verursacht haben kann. Angesichts dieser Feststellung, die von der Revision nicht angegriffen wird, kann die Klägerin ihren Anspruch auf diesen Vorfall nicht stützen. Allerdings hat der erkennende Senat im Urteil vom 22. November 1971 (III ZR 112/69 = BGHZ 57, 257, 261 „Güllefaß“ = LM WHG § 22 Nr 7 mit Anm Kreft) eine gesamtschuldnerische Haftung der Inhaber mehrerer Anlagen, aus denen wassergefährliche Stoffe in das Wasser gelangt sind, nach § 22 Abs 2 Satz 1 Halbs 2 iV mit Abs 1 Satz 2 WHG nicht von dem Nachweis abhängig gemacht, daß die dem Wasser aus der einzelnen Anlage zugeführten schädlichen Stoffe den eingetretenen Schaden tatsächlich verursacht haben. Die Haftung dessen, der auf das Gewässer einwirkt, setzt aber voraus, daß die Gefährdung, die er für die Veränderung der Wasserbeschaffenheit gesetzt hat, ihrer Art und den Umständen ihrer Einwirkung nach geeignet war, den Schaden – mit – zu verursachen (BGHZ aaO S 262). Diese Voraussetzung fehlt im vorliegenden Fall nach der genannten Feststellung des Berufungsgerichts. Das übersieht die Revision.

b) Weitere Fälle, in denen Öl aus der Tankerlöschbrücke in die Jade gelangt ist, sind nicht festgestellt.
Die Revision vertritt die Auffassung, nach der Lebenserfahrung sei es bei dem Umschlag großer Ölmengen, den die Beklagte mit ihrer Tankerlöschbrücke betreibe, nicht zu vermeiden, daß Öl auch auf andere Weise als durch die ihr erlaubte Einleitung in das Wasser der Jade gelange. Daher sei der Beweis des ersten Anscheins dahin geführt, daß Mineralöl, das den Schaden mitverursacht habe, auch aus der Löschanlage der Beklagten in die Jade geflossen sei.
Dem vermag der erkennende Senat nicht zuzustimmen. Das Berufungsurteil enthält keine tatsächlichen Feststellungen, auf die sich die von der Revision befürwortete Lebenserfahrung gründen könnte. Sie rügt auch nicht, daß das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang entscheidungserheblichen Prozeßstoff verfahrensfehlerhaft übergangen habe. Die Tatsache allein, daß die Beklagte an der Jade eine Ölumschlaganlage mit einer Tankerlöschbrücke betreibt, reicht für sich allein nicht aus. Zwar schafft der Betrieb einer solchen Anlage an einem Gewässer – wie der Revision zuzugeben ist – die ständige Gefahr einer Ölverschmutzung des Wassers. Zur Abwehr dieser Gefahr werden aber Vorsichtsmaßnahmen getroffen. So hat die Beklagte in den Vorinstanzen des Näheren dargelegt, daß sie den Schiffsführungen der bei ihr löschenden Tanker in ihrer Hafenbenutzungsordnung Anweisungen gibt und daß die Wasserschutzpolizei auf ihrem Betriebsgelände eine ständig besetzte Dienststelle unterhält. Um einen Erfahrungssatz, wie ihn die Revision annimmt, bejahen und zur Grundlage eines Anscheinsbeweises machen zu können, hätte es daher näherer Feststellungen bedurft, daß sich auch durch die erforderlichen und getroffenen Vorsichtsmaßnahmen eine Wasserverschmutzung erfahrungsgemäß nicht vermeiden lasse. Daran fehlt es hier.

c) Der erkennende Senat hat daher davon auszugehen, daß das Öl, das das Jadewasser verschmutzt und den Schaden der Klägerin verursacht hat, im Bereich der Tankerlöschbrücke der Beklagten nur dadurch in die Jade gelangt sein kann, daß Öl aus den dort löschenden Tankern ausgetreten ist. Nach den bei den Akten befindlichen Berichten der Wasserschutzpolizei beruhte dies, soweit eine Ursache festgestellt werden konnte, darauf, daß auf den Tankern Ventile undicht oder versehentlich nicht geschlossen waren, Öltanks oder die Außenhaut des Schiffes Leckstellen aufwiesen oder daß Ölreste mit dem Bilgenwasser oder Ballastwasser außenbords gepumpt wurden, in einem Fall auch darauf, daß ein Ballasttank nicht mit Wasser gefüllt worden war, der Tanker dadurch beim Löschen der Ladung in eine Schräglage geriet und in einem seiner Öltanks infolgedessen ein Überdruck entstand.

Bei der Prüfung, ob die Beklagte hierfür nach § 22 Abs 2 WHG haftet, hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, daß sowohl ein Tanker wie die Tankerlöschbrücke – jedes für sich – eine „Anlage“ im Sinne des § 22 Abs 2 WHG ist. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist geklärt, daß auch ortsveränderliche Einrichtungen – wie ein Tanker – unter diesen Begriff fallen können (vgl Senatsurteil BGHZ 57, 257, 260; BGHZ 47, 1, 3 „Kesselwagen“).

aa) Soweit die Tanker für sich allein in Betracht gezogen werden, scheidet eine Haftung der Beklagten nach § 22 Abs 2 WHG schon deshalb aus, weil sie nicht „Inhaber“ dieser Anlagen war. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und in tatsächlicher Hinsicht von der Revision unbeanstandet ausgeführt hat, übt sie trotz der Weisungsbefugnisse, die sie gegenüber den Schiffsführungen während des Löschvorganges hat, über die Tanker nicht die tatsächliche Gewalt aus, die den Inhaber der Anlage im Sinne des § 22 Abs 2 WHG kennzeichnet (vgl Senatsurteil BGHZ 57, 257, 259; Sieder/Zeitler aaO § 22 Rdn 41; Burghartz WHG und LWG NW 2. Aufl § 22 WHG Anm 5; Gieseke/Wiedemann/Csychowski aaO § 22 Rdn 50, 51 mw Nachw). Insoweit erhebt die Revision auch keine Einwendungen.

bb) Die Revision meint, während des Löschvorganges seien Tanker und Löschbrücke als eine einheitliche Anlage im Sinne des § 22 Abs 2 WHG anzusehen, weil sie dabei zu dem Zweck miteinander verbunden seien, das Öl aus dem Tanker in die an Land stehenden Öltanks oder in die Pipeline zu befördern. Sie zieht daraus den Schluß, daß die Beklagte als Mitinhaber dieser „einheitlichen Anlage“ nach § 22 Abs 2 WHG auch für die Folgen solcher Gewässerverschmutzungen einzustehen habe, die dadurch entstanden sind, daß während eines Löschvorganges Öl aus dem löschenden Tanker ausgetreten ist. Dieser Auffassung vermag sich der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht nicht anzuschließen.

Das Berufungsgericht hat seine Ansicht unter Hinweis ua auf die Entscheidung BGHZ 47, 1, 3 damit begründet, Tanker und Löschbrücke bildeten während des Löschvorganges schon deshalb keine einheitliche Anlage, weil nur eine Einrichtung von gewisser Selbständigkeit und Dauer als „Anlage“ im Sinne des § 22 Abs 2 WHG zu bezeichnen sei. Es hat sich dabei des Vergleichs bedient, auch ein Kraftwagen stelle während des Tankens nicht zusammen mit der Tankstelle eine (einheitliche) Anlage dar. Letzterem ist sicher zuzustimmen. Ob das Kriterium der Selbständigkeit und Dauer aber in allen Fällen ausreicht, kann zweifelhaft sein. Immerhin hat das OLG Köln in ZfW 1975, 66 einen Kesselwagen, in dem einer Fabrik das für ihre Produktion benötigte Phenol angeliefert worden war, als derart in ihren Betrieb eingeordnet angesehen, daß er einen Teil ihrer Gesamtanlage gebildet habe und aus dem Kesselwagen ausgeflossenes Phenol daher aus dieser ihrer Anlage in das verunreinigte Gewässer gelangt sei. Dabei hat es auch den Kesselwagen für sich allein als Anlage gemäß § 22 Abs 2 WHG betrachtet, also ersichtlich – was das Urteil allerdings nicht ausdrücklich ausspricht – eine Haftung auch seines Inhabers vorausgesetzt. Ob der Beurteilung des damals entschiedenen Falles zu folgen ist, kann hier auf sich beruhen. Jedenfalls ist nicht auszuschließen, daß auch in Fällen einer vorübergehenden Zusammenfügung mehrerer Anlagen eine Haftung aller beteiligten Inhaber nach § 22 Abs 2 WHG in Betracht kommt, wenn aus nur einer der Anlagen gefährdende Stoffe in ein Gewässer gelangen.

Ein Sachverhalt, wie er hier zu beurteilen ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum – soweit ersichtlich – bisher nicht erörtert worden. Eine Überprüfung der behandelten vergleichbaren Sachverhalte läßt indessen die Tendenz erkennen, die mehreren Anlagen, die vorübergehend miteinander verbunden werden, insbesondere um Stoffe aus einer von ihnen in eine andere umzufüllen, haftungsrechtlich nicht zu einer einheitlichen Anlage zusammenzufassen, sondern als gesonderte Anlagen zu betrachten mit der Folge, daß nach § 22 Abs 2 WHG jeweils nur der Inhaber der einzelnen Anlage haftet, aus der die Stoffe in das Gewässer gelangt sind. So hat das OLG Schleswig (VersR 1979, 999, 1000f) in einem Fall, in dem beim Überpumpen von Altöl aus einem Zerstörer der Bundesmarine in ein Schiff der Reinigungsfirma, die mit dem Lenzen und Reinigen der Heizölbunker des Zerstörers beauftragt war, Teile des gepumpten Öl-Wassergemisches aus dem an die Ölpumpe angeschlossenen Schlauch in das Hafenwasser gelangt waren, zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland entschieden, weil sie Inhaber des Abgabeschlauchs gewesen sei. Das Gericht ist also – ohne diese Frage freilich ausdrücklich zu erörtern – davon ausgegangen, daß die Reinigungsfirma durch die Schlauchverbindung zwischen den Schiffen nicht (Mitinhaber) Inhaber einer aus beiden Schiffen (oder aus ihrem Schiff und der Ölpumpe) gebildeten einheitlichen Anlage geworden war. Für die Fälle, in denen beim Befüllen eines häuslichen Heizöltanks durch einen Tankwagen Öl ausläuft, stellen Sieder/Zeitler (aaO § 22 Rdn 41a) darauf ab, ob der Schaden wegen Undichtigkeit des Öltanks auftritt (dann Haftung seines Inhabers, also regelmäßig des Hauseigentümers oder Mieters) oder wegen Undichtigkeit des Füllschlauches (dann Haftung des Inhabers = Halters des Tankwagens). Hinzuweisen ist auch auf den im Schrifttum erörterten Fall, daß aus einem in einem Schubverband fahrenden Schubleichter Stoff in das Gewässer gelangen. Hier wird eine Haftung allein des Eigners des Schubleichters befürwortet (Gieseke/Wiedemann/Czychowski aaO § 22 Rdn 51; Wassermeyer Zf Binnensch 1973, 483, 484; Pabst ebda S 486).

Die diesen Stellungnahmen zugrunde liegende Auffassung, daß die mehreren Anlagen, soweit es sich um die Gefährdungshaftung nach § 22 Abs 2 WHG handelt, nicht zu einer Einheit zusammenzufassen, sondern als selbständige Anlagen zu betrachten sind, für die der jeweilige Inhaber einzustehen hat, verdient jedenfalls bei Fallgestaltungen, wie sie hier zu beurteilen sind, den Vorzug. Mit dem Sprachgebrauch des Gesetzes wäre es bei unbefangener Betrachtungsweise schwer zu vereinbaren, Tanker und Löschbrücke als eine einheitliche „Anlage“ zu bezeichnen, nur weil sie beim Löschen durch eine Schlauchleitung verbunden sind. Vor allem aber spricht der Grund der dem Inhaber der Anlage in § 22 Abs 2 WHG auferlegten Gefährdungshaftung gegen die Ansicht der Revision. Diese Haftung soll den besonderen Gefahren der Gewässerverunreinigung begegnen, die das Betreiben der in der Vorschrift genannten Anlagen typischerweise mit sich bringt (vgl Gieseke/Wiedemann/Czychowski aaO § 22 Rdn 4, 44; Senatsurteil vom 10. Mai 1976 – III ZR 150/73 = ZfW 1977, 41, 44, s auch Schriftlicher Bericht des 2. Sonderausschusses – Wasserhaushaltsgesetz – BT-Drucks II/3536 S 14 zu § 25a des Entwurfs).

Ihre Rechtfertigung findet sie darin, daß der Inhaber der Anlage diese beherrscht und daher im Regelfall in der Lage ist, den von ihr ausgehenden Gefahren zu begegnen. Demzufolge ist der Inhaber nach herrschender, auch vom erkennenden Senat geteilter Auffassung dadurch gekennzeichnet, daß er über die Anlage die tatsächliche Gewalt ausübt (s oben zu aa). Mehrere zunächst selbständige Anlagen im Hinblick auf ihre (vorübergehende) Verbindung als eine einheitliche Anlage anzusehen, ist daher nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes regelmäßig nur vertretbar, wenn damit eine einheitliche tatsächliche Gewalt über sie begründet wird. Davon kann im vorliegenden Fall indessen nicht die Rede sein. Wie oben (zu aa) schon ausgeführt worden ist, konnte die Beklagte den Schiffsführungen der Tanker zwar den Löschvorgang betreffende Weisungen erteilen, hatte aber keine tatsächliche Gewalt über die Schiffe. Sie würde also einer nicht zu rechtfertigenden Haftung ausgesetzt, sollte sie für die Verschmutzung der Jade auch durch solche Ölmengen einstehen müssen, die aus den Tankern in das Wasser gelangen.

Die Revision versucht ihre gegenteilige Ansicht auch damit zu begründen, daß der mit Hilfe der Löschanlage der Beklagten vorgenommene Entladungsvorgang eine nicht wegzudenkende Ursache der Gewässerverschmutzung gewesen sei. Sie meint, die Beklagte müsse für solche Gewässerverunreinigungen einstehen, die bei der bestimmungsgemäßen Benutzung ihrer Anlage durch eine weitere Anlage entstände und ohne die Benutzung ihrer Anlage nicht eingetreten wäre. Damit verläßt sie indessen den Rahmen des gesetzlichen Tatbestandes. Der Anspruch nach § 22 Abs 2 WHG setzt voraus, daß die Stoffe „aus“ der Anlage des in Anspruch genommenen Inhabers in das Gewässer gelangt sind. Es genügt also nicht, wenn der Betrieb der Anlage dafür ursächlich ist, daß aus einer anderen Anlage Stoffe in das Gewässer gelangen. Die Ansicht der Revision läuft auf eine Haftung für bloße Veranlassung einer Gewässerverschmutzung hinaus, die dem geltenden Recht fremd ist.

Der Revision ist zuzugeben, daß die Klägerin auf erhebliche, möglicherweise unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, wenn sie einen Schadensersatzanspruch gegen die Reeder der beteiligten Tanker geltend machen und durchsetzen will, die nach alledem als Haftpflichtige in Betracht kommen. Diese Schwierigkeiten können es aber nicht rechtfertigen, der Beklagten eine gesetzlich nicht vorgesehene Haftung aufzubürden.

II.
Eine andere Rechtsgrundlage für den Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht zu erkennen. Ein Anspruch wegen Verletzung einer Sicherungspflicht scheitert schon daran, daß Pflichtverletzungen der Beklagten oder von ihr bestellter Personen nicht dargetan sind. Dem bereits vom Berufungsgericht geprüften (und abgelehnten) nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch ist die Beklagte nicht ausgesetzt, weil die Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes und der Landeswassergesetze eine nachbarrechtliche Sonderregelung enthalten, neben der auf den allgemeinen Rechtsgedanken von Treu und Glauben (§ 242 BGB), auf dem der in der Rechtsprechung anerkannte nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch beruht, nicht zurückgegriffen werden kann (Senatsurteil BGHZ 69, 1, 26).