Widerrufsrecht beim Sattelkauf nach Maßen
Sattelkauf ist nicht gleich Sattelkauf – welche Rechte dem Käufer jeweils zustehen, richtet sich unter anderem danach, ob ein Modell von der Stange gekauft wird oder eine Maßanfertigung erfolgt. Auch spielt eine Rolle, ob der Kauf im Laden geschieht, auf einer Messe oder über das Internet und ob und in welcher Funktion ein Sattler zwischengeschaltet ist und handelt. Erfolgt seitens des Verkäufers eine Maßanfertigung, besteht kein Widerrufsrecht (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 29.09.2022, 10 S 21/21).
Nicht richtig sitzende Sättel sind nicht nur ein Ärgernis, sondern können sogar nachhaltige gesundheitliche Schäden bei Pferd und Reiter verursachen. Grundsätzlich stehen jedem privaten Käufer gegen über dem gewerblichen Verkäufer die gesetzlichen Gewährleistungsrechte (zwei Jahre lang ab Übergabe) zu, welche sich auf Nachbesserung, Nachlieferung oder schließlich Minderung, Rücktritt und Schadensersatz belaufen – natürlich nur dann, wenn der Käufer nachweisen kann, dass das Produkt zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war. Erfolgt der Kauf zwischen privat und gewerblich auf einer Messe, einem Turnier oder dem Internet (auch über eine Auktionsplattform) oder sonst außerhalb von Geschäftsräumen, steht dem Käufer zusätzlich binnen zwei Wochen nach Übergabe der Sache ein Widerrufsrecht zu, d. h. eine Rückabwicklung des Vertrages, ohne dass die Sache mit einem Mangel behaftet sein muss. Ein Widerruf kann ohne Angabe von Gründen erfolgen. Eine weitere Besonderheit beim Widerrufsrecht besteht darin, dass, wenn ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht, es jedoch seitens des Verkäufers unterbleibt, dass der Verbraucher bei, bzw. vor Vertragsschluss über dieses Widerrufsrecht belehrt oder darauf hingewiesen wird, die normalerweise zweiwöchige Frist nicht beginnt zu laufen, d. h. das Widerrufsrecht des Verbrauchers besteht bei unterbliebener Belehrung fortwährend. Dies wollte sich die Käuferin eines Dressursattels zum Preis von 3800 € zu Nutze machen, nachdem der neu erworbene und angepasste Sattel nicht (mehr) auf ihr Pferd passte, bzw. sie mit der Passform nicht zufrieden war. Neun Monate nach der Auslieferung des Sattels forderte die Käuferin die Verkäuferfirma zur Änderung des Sattels auf, gleichzeitig erklärte sie den Widerruf des Kaufvertrages. Nachdem auch die der Verkäuferin eingeräumten Nachbesserungsversuche gescheitert waren, begehrte die Käuferin gerichtlich die Rückabwicklung des Kaufes aufgrund ihres erklärten Widerrufs, hilfsweise aufgrund ihres Rücktrittsrechtes. Das Amtsgericht gab der Klage statt, ungeachtet der Frage, ob der Sattel nun auf das Pferd passt oder nicht, mit der Begründung, die Klägerin habe den Kauf aufgrund des gesetzlichen Widerrufsrechts ohne Grund widerrufen können. Die Frist sei noch nicht abgelaufen, da eine Belehrung der Käuferin über das Widerrufsrecht unterblieben sei. Dagegen legte die beklagte Verkäuferin die Berufung ein und bekam vor dem Landgericht Saarbrücken in zweiter Instanz recht. Das Urteil des Amtsgerichts wurde aufgehoben, da ein Widerrufsrecht dann nicht bestehen kann, wenn die Sache individuell nach Maßen von Pferd und Reiter angefertigt wurde. In dem entschiedenen Fall war ein Mitarbeiter der Verkäuferin vor Ort gewesen und hatte das Pferd der Klägerin in Augenschein genommen. Sodann habe sich die Klägerin ein Sattelmodell ausgesucht und dieses ausprobiert. Dabei habe es sich aber nur um ein Probemodell gehandelt, welches dann in Bereich der Sattellage vermessen wurde und eine Aufnahme der Maße der Reiterin erfolgte. Sitzgröße, Länge der Sattelpauschen und Lage der Sattelblätter wurden dann nach der Größe des Reiters und den individuellen Wünschen der Käuferin ausgesucht, während der Sattelrohling auf den konkret zu vermessenen Körperbau des Pferdes angepasst werde. Die Käuferin hat dann noch die Auswahl der Lederart, Farbe, Pauschen und verschiedenen Sitztiefen getroffen und der Sattel werde durch Verwendung verschiedener Schäume und Polster individuell auf den Rücken des Pferdes angepasst. Diese Sättel könnten nicht mehr beliebig ausgetauscht werden. Es handelte sich dann um eine individuelle Maßanfertigung, welche auch nach Rückgabe nicht mehr als neu weiterverkauft werden kann, sondern lediglich als gebraucht und unter einem erheblichen Preisnachlass. Das Widerrufsrecht galt deswegen als ausgeschlossen und es war nunmehr der Beweis der Klägerin darüber zu führen, dass der Sattel zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war. Dies war der Klägerin aber nicht gelungen, denn der Sachverständige, der sich den Sattel und das Pferd besah, konnte zwar bestätigen, dass er Sattel nicht auf das Pferd passte, allerdings konnte er mangels Vorliegen von Fotos Videos oder Aufmaßdaten keine belastbaren Rückschlüsse auf den Zustand zum Zeitpunkt der Übergabe machen, so das im Ergebnis die Klägerin vor Gericht mit ihrer begehrten Rückabwicklung scheiterte.