Sich widersprechende AGB am Beispiel des niederländischen Rechts

Im heutigen Handelsverkehr vertraut fast jeder Unternehmer auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (kurz: AGB). Diese vorformulierten Vertragsbedingungen haben sich in der Praxis durchgesetzt, ermöglichen sie doch auf einfache Art und Weise, wiederkehrende Geschäfte zugunsten des Unternehmers oder Verwenders der AGB zu regeln. Das deutsche Recht ist hinsichtlich der Einbeziehung von AGB sehr verwenderfreundlich. In der Regel wird im Rahmen des Vertragsschlusses kurz auf die Geltung der AGB hingewiesen, die der Kunde dann auf der unternehmereigenen Webseite aufrufen kann.

Häufiger kommt es aber bei Geschäften zwischen zwei Unternehmern (sog.business-to-business-Geschäften, kurz: btb-Geschäfte) zu dem Fall, dass beide Unternehmen auf ihre jeweils eigenen AGB verweisen. Sofern beide AGB Bestandteil des Vertrages geworden sind, kollidieren diese. Beide Geschäftsbedingungen sehen dann jeweils unterschiedliche Regelungen vor. Beispielsweise könnten die AGB des Verkäufers eine möglichst große Einschränkung der Mängelgewährleistung vorsehen und die AGB des Käufers eine möglichst weite Haftung des Verkäufers. Dieses Problem wird im Recht auch das „battle of forms“ genannt.

In einem solchen Falle sieht die deutsche Rechtsprechung vor, dass nur die Teile der AGB wirksam werden, die sich nicht widersprechen. Im Übrigen gilt die gesetzliche Regelung. Dies wird als sog. „Restgültigkeitslehre“ des Bundesgerichtshofs bezeichnet. Im deutschen Handelsverkehr ist es daher oft sinnvoll beide AGB zu vereinbaren, da man dann oft auf die gesetzlichen Regelungen zurückgreifen kann und nicht den ungünstigen AGB der Gegenseite.

Es gibt hierzu aber eine wichtige Ausnahme im internationalen Wirtschaftsrecht, die Unternehmer dringend kennen müssen, wenn diese in die Niederlande liefern. Artikel 6 : 225 Abs. 3 des Burgerlijk Wetboek (dies entspricht dem Bürgerlichen Gesetzbuch der Niederlande) sieht vor:

„Verwijzen aanbod en aanvaarding naar verschillende algemene voorwaarden, dan komt aan de tweede verwijzing geen werking toe, wanneer daarbij niet tevens de toepasselijkheid van de in de eerste verwijzing aangegeven algemene voorwaarden uitdrukkelijk van de hand wordt gewezen.“

Auf Deutsch übersetzt bedeutet das:

„Beziehen sich Angebot und Annahme auf unterschiedliche Allgemeine Geschäftsbedingungen, so hat der zweite Verweis keine Wirkung, wenn nicht gleichzeitig die Geltung der im ersten Verweis genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich abgelehnt wird.“

Diese Regelung ist in Europa einzigartig. Die anderen europäischen Nationen vertreten entweder die Ansicht des Bundesgerichtshofs oder aber die sog. „Last-shot-rule“, wonach die zuletzt einbezogenen AGB Vertragsbestandteil werden und die zuerst vorgelegten AGB nicht. Die Niederlande sehen aber gerade die zuerst vorgelegten AGB als vereinbart an. Diese Regelung müssen Unternehmer dringend kennen, um sicherzugehen, welche Regelungen überhaupt Vertragsbestandteil geworden sind.

BolwinDokters berät Sie gerne zu Fragen des internationalen Wirtschaftsrechts auch im Bereich des deutsch-niederländischen Handelsverkehrs.