Pferderecht Alttag

Coronabedingte Einschränkungen im Sport-, Trainings- und Wettkampfbetrieb auf gerichtlichem Prüfstand in NRW

Sind die verordneten Beschränkungen in Bezug auf Kinder und Jugendliche im
Sport- und Freizeitbereich noch verhältnismäßig? Und ist die Unterscheidung
von Amateur- und Berufssportlern sachlich gerechtfertigt? Ein Familienvater
beschritt den Rechtsweg gegen die Coronaschutzverordnung, um die
Verordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen und einer gerichtlichen
Überprüfung zu unterziehen.
Der Vater aus Nordrhein-Westfalen stellte einen Eilantrag auf Aussetzung des
Vollzugs von § 9 Abs. 1, 4 und 6 der Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO
Fassung vom 29.05.2020), bis über die Rechtmäßigkeit des Gesetzes in einem
Normenkontrollverfahren entschieden worden sei. In der Verordnung (aktuelle
Fassung vom 10.11.2020, siehe unten) wurde jeder nicht kontaktfreie Sport-,
Trainings- und Wettkampfbetrieb untersagt, mit Ausnahme des Schul- und
Hochschulsports, so wie das Training an den nordrhein-westfälischen
Leistungsstützpunkten sowie das Training von Berufssportlern. An diesen
grundsätzlichen Regelungen hat sich in der aktuellen Fassung nicht viel geändert.
Immerhin wurde das Bewegen von Pferden in geschlossenen Räumen aus
Tierschutzgründen als zulässige Ausnahme eingeführt.
Zur Begründung führte der Familienvater an, er und seine Kinder seien in mehreren
Sportvereinen aktiv, in denen sie Individual- und Mannschaftssport betrieben. Die
Schutzverordnung stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in die allgemeine
Handlungsfreiheit dar. Zudem sei die Ungleichbehandlung von Amateur- und
Spitzensportlern nicht gerechtfertigt und somit ein Verstoß gegen den
Gleichheitsgrundsatz. Dieses Konzept sei nur vorgeschoben, um dem Profifußball
eine Sonderbehandlung einzuräumen. Es seien zumindest Ausnahmeregelungen für
Kinder und Jugendliche einzuräumen in öffentlichen oder privaten
Freiluftsportanlagen, da diese weniger oder kaum von der Corona-Pandemie
betroffen seien, keine schwereren Krankheitsverläufe bekannt seien und Studien
belegen würden, dass Kinder weder andere Kinder noch Erwachsene anstecken
würden.
Der Antrag hatte jedoch vor Gericht keinen Erfolg: Untersagungen im nicht
kontaktfreien Sport- und Trainingsbetrieb im Breiten- und Freizeitsport seien derzeit
voraussichtlich rechtmäßig. Die Unterscheidung zwischen Breitensport einerseits und
Spitzensport andererseits stelle keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar
(Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Juni
2020 – 13 B 617/20.NE). Zunächst hatte das Gericht keinerlei formelle Bedenken
gegen den Erlass der Verordnung und auch inhaltlich hielt es diese für
voraussichtlich rechtmäßig. In der Entscheidungsbegründung wurden zunächst die
statistischen Daten der Ausbreitung der ansteckenden Krankheit angeführt, die eine
Anordnung von infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen tatbestandlich erforderlich
macht. Die Untersagung und Beschränkung sportlicher Betätigung sei eine geeignete
Maßnahme, um die Weiterverbreitung der übertragbaren Krankheit zu verhindern
und vor Ansteckungen zu schützen. Die Regelungen dienten somit einem legitimen
Zweck und seinen nach Art und Umfang auch nicht unverhältnismäßig. Die Corona-
Pandemie stelle eine ernstzunehmende Gefahrensituation dar, die staatliches
Eingreifen nicht nur rechtfertige, sondern im Hinblick auf die Schutzpflicht des
Staates für Leib und Gesundheit der Bevölkerung auch gebiete. Dabei sei das Mittel
bereits geeignet, wenn es das Ziel fördere, es sei nicht erforderlich, dass der Erfolg
damit im Einzelfall auch erreicht werde. In Bezug auf den Sport hielt das Gericht die
angeordneten Maßnahmen auch für erforderlich und verhältnismäßig.
Weitergehende Ausnahmen für Kinder- und Jugendliche einzuräumen sei unter
Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse kein effektives Mittel, um die
Weiterverbreitung einzudämmen. Zwar wiesen Kinder nachweislich mildere
Krankheitsverläufe auf, was jedoch die Übertragung des Virus beträfe, so seien
gesicherte Einschätzungen, dass Kinder eine niedrigere Seroprävalenz aufwiesen,
derzeit nicht möglich. Unverkennbar führe die Verordnung zwar zu einem intensiven
Eingriff in das Grundrecht der Handlungsfreiheit, welches jedoch hinter dem mit der
Verordnung bezweckten Schutz von Leben und Gesundheit zurücktrete.
Auch die Ungleichbehandlung von Breiten- und Spitzensport sei sachlich
gerechtfertigt und angemessen, da die Zulassung erweiterter Trainings- und
Wettkampfmöglichkeiten lediglich eine vergleichsweise geringere Anzahl von
Personen betreffe und damit das Infektionsrisiko für die Gesamtbevölkerung nicht so
hoch sei. Dieser Personenkreis unterscheide sich außerdem in der medizinischen
Betreuung und durchzuführenden Hygienemaßnahmen und Konzepten in der
Infrastruktur vom Breiten – und Freizeitsport. Zusätzlich könnten sich die
Berufssportler noch auf den Schutz des Grundrechts der freien Berufsausübung
berufen, dessen Einschränkungen wiederum besonderer verfassungsrechtlicher
Anforderungen genügen müsse.
Verordnung zum Schutz
vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2
(Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO)
Vom 30. Oktober 2020
In der ab dem 10. November 2020 gültigen Fassung

§ 9
Sport
(1) Der Freizeit- und Amateursportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten
Sportanlagen, Fitnessstudios, Schwimmbädern und ähnlichen Einrichtungen ist bis zum 30.
November 2020 unzulässig. Ausgenommen ist der Individualsport allein, zu zweit oder
ausschließlich mit Personen des eigenen Hausstandes außerhalb geschlossener
Räumlichkeiten von Sportanlagen. Als Individualsport gelten nur Sportarten, die keine Team-
oder Kontaktsportarten sind, sondern im Regelfall als Einzelwettkampfsportart mit maximal
einer Person als Spielgegner mit Mindestabstand ausgeübt werden (Joggen, Walken,
Leichtathletik, Einzelgymnastik,
Tennis und ähnliches). Die für die in Satz 1 genannten Einrichtungen Verantwortlichen haben
den Zugang zu der Einrichtung auf die zulässigen Nutzungen zu beschränken. Die Nutzung
von Gemeinschaftsräumen einschließlich Räumen zum Umkleiden und zum Duschen von
Sportanlagen durch mehrere Personen gleichzeitig ist unzulässig.
(1a) Abweichend von Absatz 1 dürfen Sportangebote, an denen eine Teilnahme regelmäßig
aufgrund einer ärztlichen Verordnung erfolgt (vor allem Rehabilitationssport), angeboten und
wahrgenommen werden, wenn nur Personen mit einer individuellen ärztlichen Anordnung
teilnehmen und der Abstand zwischen allen beteiligten Personen während des gesamten
Aufenthalts in oder auf den in Absatz 1 genannten Einrichtungen mindestens 2 Meter beträgt.
(2) Sportfeste und ähnliche Sportveranstaltungen sind bis mindestens zum 31. Dezember 2020
untersagt.
(3) Wettbewerbe in Profiligen, Wettbewerbe im Berufsreitsport und Pferderennen sowie
andere berufsmäßige Sportausübung sind zulässig, soweit die Vereine beziehungsweise die
Lizenzspielerabteilungen der Vereine sich neben der Erfüllung ihrer arbeitsschutzrechtlichen
Hygiene- und Schutzpflichten auch verantwortlich für die Reduzierung von Infektionsrisiken
im Sinne des Infektionsschutzgesetzes zeigen und die für die Ausrichtung der Wettbewerbe
verantwortlichen Stellen den nach § 17 Absatz 1 zuständigen Behörden vor Durchführung der
Wettbewerbe geeignete Infektionsschutzkonzepte vorlegen. Zuschauer dürfen bei den
Wettbewerben
bis zum 30. November 2020 nicht zugelassen werden.
(4) Ausgenommen von Absatz 1 und damit unter Beachtung der allgemeinen Regeln dieser
Verordnung und anderer Rechtsvorschriften (Arbeitsschutzrecht und so weiter) zulässig sind
der Sportunterricht (einschließlich Schwimmunterricht) der Schulen und die Vorbereitung auf
oder die Durchführung von schulischen Prüfungen, sportpraktische Übungen im Rahmen von
Studiengängen, das Training an den nordrhein-westfälischen Bundesstützpunkten und
Landesleistungsstützpunkten
sowie das Training von Berufssportlern auf und in den von ihrem
Arbeitgeber bereitgestellten Trainingseinrichtungen.
(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 ist das Bewegen von Pferden aus Tierschutzgründen
auch in geschlossenen Räumen zulässig.