Pferderecht Alttag

Reitunterricht nicht erlaubt

Wenngleich aktuell alles wieder stattfinden darf, mussten sich alle in den letzten 2,5 Jahren mit ständig ändernden Fassungen der Corona-Schutzverordnung auseinandersetzen, seien es Privatleute, Gewerbetreibende oder Schulkinder. Ende 2020 hatten wir über einen Familienvater berichtet, der sich erfolglos gegen die Ungleichbehandlung von Amateur- und Berufssport durch die Einschränkungen zur Wehr gesetzt hatte (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Juni 2020 – 13 B 617/20.NE; Heft 11/20). Wenngleich dem Bewegen von Pferden schon aus tierschutzrechtlichen Gründen eine Sonderrolle eingeräumt wurde, indem konkretisierende Ausführungsbestimmungen an die Pferdesportverbände ergingen, war auch die Erteilung von Reitunterricht eine Zeit
lang nicht möglich. Ein aus heutiger Sicht vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen und Zahlen interessanter Rückblick: Die Betreiberin einer Reitschule versuchte sich ebenfalls gegen die Corona
Schutzverordnung zu wehren und den § 7 Abs. 1 der CoronaSchVO außer Kraft zu setzen, wonach auch Reitunterricht als außerschulisches Bildungsangebot nicht zulässig war. Auch das Bewegen ihrer Schulpferde durch das Überlassen an
erfahrene Reitschüler unter Aufsicht ging nicht. Der Antrag auf Außervollzugsetzung der Regelungen blieb ohne Erfolg. Das Verbot des Freizeit – und Amateursports auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen sowie die Untersagung außerschulischer Bildungsangebote in Präsenz stellen Eingriffe sowohl in das
Grundrecht der Berufsfreiheit, Artikel 12 Grundgesetz, als auch in das Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs, Artikel 14 Grundgesetz, dar. Die streitigen Verbote dienen dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems. Aufgrund der seinerzeit vorliegenden Erkenntnisse über Infektionszahlen und Krankheitsverläufe sei aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber von einem dringenden Handlungsbedarf ausgegangen sei. Ziel der Maßnahmen sei es, durch ein
Herunterfahren des öffentlichen Lebens und Reduzierung von Kontakten das Infektionsgeschehen auf eine wieder nachverfolgbare Größe zu senken, um eine Überforderung des Gesundheitssystems zu vermeiden.
Vor diesem Hintergrund seien Pferde auch nur im aus Tierschutzgründen zwingend erforderlichen Umfang zu bewegen und das Verbot des Reitunterrichts und des Reitens von Schülern unter Aufsicht ebenfalls gerechtfertigt. Auch wenn die Sportausübung an sich alleine und im Freien erfolge, führe die Nutzung von Sportanlagen schlichtweg zu Kontaktmöglichkeiten in vielfältiger Weise, was nur durch ein komplettes Nutzungsverbot unter Kontrolle gehalten werden könne. Die Kontakte beim Reiten seien zwar nicht in hohem Maße infektionsbegründend aber auch nicht gänzlich unbedenklich. Ohne die Einschränkungen des Reitens auf allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, mit der Begrenzung, die Pferde im tierschutzrechtlich erforderlichen Umfang zu bewegen, stünde zu befürchten, dass sich auf den Reitanlagen ein reger Betrieb mit Kontaktmöglichkeiten bilde. Nach Präzisierung des § 9 Abs. 5 CoronaSchVO war die Anzahl der Pferde, die sich gleichzeitig in der Halle oder auf dem Reitplatz befinden sollen auf 1 Pferd pro 200
Quadratmeter Fläche zu begrenzen. Eine Aufsichtsperson musste hinreichenden Abstand halten. Damit sollte verhindert werden, dass sich zu viele Personen gleichzeitig auf Reitanlagen aufhalten und das Bewegen von Pferden dazu nutzen, sich zu begegnen. Durch den Abstand der Aufsichtsperson soll verhindert werden, dass der untersagte Reitunterricht faktisch wiederum möglich gemacht wird. All das sollte schlicht den Schutz vor unkontrollierter Ausbreitung des Virus gewährleisten und sei deswegen erforderlich gewesen. Hinsichtlich des Eingriffs in die Rechte der Anlagenbetreiber wurde auf die staatlichen Unterstützungsleistungen verwiesen, die in Form einer Pauschale in Höhe von 75 % des entsprechenden Vorjahresumsatzes von Anfang November bis Ende Dezember 2020 gezahlt wurden. Ab Januar 2021 sollte dann noch die Überbrückungshilfe III für besonders stark betroffene kleine bis mittelständische Betriebe und Solo-Freiberufler gezahlt werden, mit nichtrückzahlbaren Zuschüssen zu betrieblichen Fixkosten von bis zu 500.000,00 Euro.
Die Reitschulbetreiberin berief sich dann auch noch auf die Ungleichbehandlung mit Musikschulen und der Ausübung des Golfsports – ohne Erfolg. Die Ungleichbehandlung entfiel am 16.12.2020, es wurde alles untersagt. Auch stellten Reitplätze und Reithallen einen zu hohen Anreiz zu vermehrtem Publikumsverkehr dar, so dass der Sport nicht mit der Ausübung einer Individualsportart im Freien – außerhalb einer Sportanlage – vergleichbar sei.
OVG NRW, 13 B 1728/20.NE, Beschluss vom 13.01.2021