Pferderecht Alttag

Das Pferd – ein Fahrzeug gemäß StVO

Punkte in Flensburg, MPU und Entzug der Fahrerlaubnis
auch bei Bußgeldverstößen zu Pferde möglich
Nachdem die letzte Novellierung der Straßenverkehrsordnung im letzten Jahr
wegen eines Formfehlers rückgängig gemacht worden war, ist am 28.07.2021
einmal wieder eine neue Fassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft
getreten. Zusammengefasst finden sich dort strengere Regeln und erhöhte
Bußgelder – wirkt sich dies auch auf Reiter und Kutschfahrer aus? Welchen
Platz nehmen diese überhaupt in der StVO ein, welche Regeln gelten für sie
und welche nicht?
Grundsätzlich sind sowohl Reiter und Fahrer, aber auch nur derjenige, welcher ein
Pferd im öffentlichen Straßenverkehr führt, ganz normale Teilnehmer am
Straßenverkehr so wie Radfahrer und Fußgänger auch. Die Besonderheit beim Pferd
besteht darin, dass es sogar als Fahrzeug im Sinne der Straßenverkehrsordnung
gesehen wird und deswegen nicht nur Reiter als Fahrzeugführer gelten, sondern
auch Führer eines Pferdes. So lautet § 28 Abs. 2 StVO: „ Wer reitet, Pferde oder Vieh
führt oder Vieh treibt, unterliegt sinngemäß den für den gesamten Fahrverkehr
einheitlich bestehenden Verkehrsregeln und Anordnungen…“
Es gelten damit so gut wie alle Verkehrszeichen wie Einbahnstraßen,
Überholverbote, rechts vor links, das Rechtsfahrgebot und rote Ampeln auch für
Pferde unter wie auch immer gearteter menschlichen Führung, mit Ausnahme z.B.
des Verkehrszeichens 250 „Durchfahrt verboten“, dieses gilt explizit für diese nicht.
Geritten werden darf nicht auf Rad – und Fußgängerwegen, ebenso wenig wie auf
Autobahnen und Kraftfahrstraßen. Nebeneinander darf nicht geritten werden, außer
im Verbund. Beim Überholvorgang muss durch andere Verkehrsteilnehmer ein
Abstand von mindestens 1,50 bis 2 Metern eingehalten werden. Reiter müssen im
Dunkeln gut beleuchtet sein, so dass sie von anderen Verkehrsteilnehmern nicht
übersehen werden können, mit mindestens einem nicht blendendem Licht vorne und
hinten – genauere Vorschriften hinsichtlich der Größe und Art und Weise der
Anbringung der Beleuchtung gibt es allerdings nicht. Ein Verband muss nach vorne
mit einem weißen und nach hinten mit einem roten Licht gekennzeichnet sein. Eine
normierte Helmpflicht gibt es für Reiter nach wie vor ebenso wenig wie für Radfahrer,
allerdings kann beide im Falle eines Unfalls mit Verletzungsfolgen, die durch das
Tragen eines Helms hätten verhindert oder abgemildert werden können, ein
Mitverschulden und somit eine Eigenhaftung treffen. Eine Altersgrenze für die
Teilnahme am Straßenverkehr gibt es auch zu Pferde nicht, allerdings müssen
Kinder und Jugendliche nicht nur geistig und körperlich dazu in der Lage sein, das
Pferd sicher zu lenken und zu beherrschen, sondern sie müssen auch die
Verkehrsregeln kennen und in der Lage sein, diese zu beachten und einzuhalten. Am
interessantesten sind jedoch sicherlich die Fragen nach Alkohol und
Handybenutzung zu Pferde und auf dem Kutschbock sowie den möglichen
Konsequenzen. Die Regeln und Promillegrenzen gelten zwar grundsätzlich nur für
Führer von Kraftfahrzeugen, worunter weder ein Pferd noch eine Kutsche fällt
(übrigens auch kein Fahrrad). Allerdings sind die Promillegrenzen für Fahrradfahrer
bereits durch Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes festgelegt worden. Im Falle
der Promillegrenze auf dem Kutschbock gibt es ebenfalls bereits ein
obergerichtliches Urteil, welches besagt, dass dieselben Werte wie bei Autofahrern
gelten (OLG Oldenburg, 24.02.2014 (1 Ss 204/13). Für Reiter gibt es eine solche
festgeschriebene Promillegrenze bislang noch nicht. Der Entzug der Fahrerlaubnis
sowie die Anordnung einer Medizinisch Psychologischen Untersuchung (MPU) ist
der Fahrerlaubnisbehörde jedoch ohne weiteres auch beim Reiter und Kutschfahrer
möglich, dies sieht sogar das Gesetz ausdrücklich vor: § 3 Abs.1 Satz 1 der
Fahrerlaubnisverordnung (FEV) „ Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch
bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen oder Tieren, hat die
Fahrerlaubnisbehörde ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die
erforderlichen Auflagen anzuordnen .“
Zudem verlangt § 13 Satz 1 Nr. 2 c) FEV die Beibringung eines medizinisch-
psychologischen Gutachtens, „ wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer
Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer
Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde (…)“ Wie eingangs
erwähnt, gilt das Pferd ja nun mal als Fahrzeug, weshalb der Anwendung auch
dieser Norm nichts im Wege steht, ebenso wenig wie der Vorschrift, die die
Handybenutzung verbietet, dies ist § 23 StVO: 1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein
elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient
oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn 1.hierfür das Gerät weder
aufgenommen noch gehalten wird und 2.entweder a) nur eine Sprachsteuerung und
Vorlesefunktion genutzt wird oder b)zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur
eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste
Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom
Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist. Auch zu Pferde und auf dem
Kutschbock ist somit das Benutzen einer Freisprecheinrichtung erforderlich.