Pferderecht Alttag

Der Equidenpass – Personalausweis des Pferdes


September 2017.

In dieser Rubrik war der Equidenpass bereits mehrfach Thema (u.a. Heft 09/2016; 10/2015) – zum Einen, weil die rechtliche Bedeutung dieses Papiers immer wieder völlig falsch interpretiert und gedeutet wird und dies somit zum Anderen auch zu folgeschweren Fehlhandlungen in der Praxis führt. Dabei sind drei Grundregeln um den Pferdepass eigentlich ganz einfach wie folgt zusammenzufassen:

  • Der Equidenpass ist der Personalausweis des Pferdes und gehört immer zum Pferd.
  • Es besteht unter keinen Umständen ein vom Pferd losgelöstes Zurückbehaltungsrecht an dem Pass – ein zu Unrecht ausgeübtes Zurückbehaltungsrecht kann Schadensersatz verursachen.
  • Der Pferdepass ist kein Beweismittel im Rechtsverkehr im Hinblick auf das Eigentum oder das Besitzrecht an dem in dem Pferdepass ausgewiesenen Pferd, allenfalls kann dem eine indizielle Wirkung zugeschrieben werden. Der Pferdepass selbst steht im Eigentum des Ausstellers (zumeist des Zuchtverbandes) und gehört somit diesem und nicht dem Pferdeeigentümer oder dem Besitzer. Er dient allein der Identifikation des Pferdes im Rechtsverkehr und ist deswegen – gleich von welcher Person, ob Stallbesitzer, Reiter, Reitlehrer, Besitzer oder Eigentümer, Reitbeteiligung oder sonst wem – immer beim Pferd zu führen. Wer dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 44b Satz 1 und § 46 Abs. 1 Ziff. 24 ViehVerkV (siehe auch: OLG Hamm, Urteil vom 16.04.2015, 5 U 99/14).

Deswegen darf z.B. der Stallbesitzer eines ausziehenden Einstellers den Pferdepass nicht zurückhalten, auch wenn er meint, noch offene Forderungen gegen diesen zu haben. Dann muss er schon Pferd und Pass zusammen zurückbehalten, was naturgemäß in der Praxis auch oftmals problematisch ist (das Schloss an der Box ist nach Ansicht der Autorin tierschutzrechtlich relevant) und in der Praxis oftmals zu ungewollten Polizeieinsätzen führt….und auch zu Schadensersatzforderungen des Einstellers führen kann, der das Pferd z.B. hätte verkaufen können und seinen kaufvertraglichen Verpflichtungen deswegen nicht nachkommen konnte, da das Pferd oder der Pass oder beides zurückbehalten wurde.

In einem aktuellen Urteil des OLG Stuttgart (16.03.2017,7 U 155/16) spielt der Equidenpass wieder einmal die Hauptrolle in einem Fall des streitigen Weiterverkaufs eines Pferdes – ein Anlass, zum Einen erneut auf die Bedeutung des Passes und seine Handhabung zu verweisen, zum Anderen darauf, dass Vereinbarungen zwischen Parteien immer schriftlich fixiert oder mündlich unter Zeugen geschlossen werden sollten. Das „unter vier Augen“ Prinzip versagt an der Stelle vollständig, wenn es um Geld geht oder die Parteien sich nicht mehr „grün“ sind und von einmal miteinander geschlossenen Vereinbarungen lösen wollen oder diese schlichtweg praktisch nicht mehr umsetzbar sind.

In dem in Stuttgart entschiedenen Fall verlangte eine Pferdeeigentümerin im Ergebnis zu Recht den Equidenpass ihres Pferdes von einem Bereiter heraus, der diesen zurückbehalten hatte. Die Klägerin hatte das Pferd aus der Obhut des Beklagten abgeholt und verkauft. Der Beklagte gab den Pass nicht heraus, da er meinte, Forderungen gegen die Klägerin aus – zwischen den Parteien inhaltlich streitigen – Vereinbarungen zu haben. Dies durfte er aber nicht. Ungeachtet der zwischen den Parteien streitigen Ansprüche (die sich im fünfstelligen Bereich bewegten) war der Beklagte dazu verpflichtet, den Pass herauszugeben und verlor den Prozess in zwei Instanzen.

Der Beklagte hatte das Pferd in Beritt gehabt, mit der Aufgabe, es für die Klägerin weiter zu verkaufen. Streitig war, welcher Mindesterlös erzielt werden und welchen Anteil der Beklagte erhalten sollte. Ohne schriftlichen Vertrag und ohne Zeugen ist es für eine Partei nahezu unmöglich, vor Gericht nachzuweisen, was ihr zusteht. Gerade bei Kommissions-/Vermittlungs-/ Berittverträgen geht dies oft schief. Selbst dann, wenn die Parteien z.B. feste Preise vereinbaren oder auch klar ist, wer die Unterhaltskosten für das Pferd bis zum Verkauf trägt, werden oftmals bei Vertragsschluss viele Umstände nicht berücksichtigt, z.B. was passiert, wenn das Pferd (ein Lebewesen) zwischenzeitlich einen gesundheitlichen Schaden erleidet und euthanasiert werden muss, uneingeplante Tierarztkosten entstehen oder das Pferd nun nicht mehr verkäuflich ist. Solche Dinge vorher festzulegen, schadet zumeist im Ergebnis also nicht.