Pferderecht Alttag

Neues vom Pferdekauf

Vernarbungen im Maul, Herzfehler und Fesselträgerschaden berechtigten
Käufer nicht zum Rücktritt – die Körung eines Hengstes ist keine Garantie
dafür, dass der Hengst keine gesundheitlichen Mängel aufweist, wenn diese
nicht bei der Zulassung zur Körung untersucht werden.
In beiden Kaufrechtsfällen handelte es sich jeweils um hochpreisige Hengste, bei
denen sich im Nachhinein Probleme einstellten, die die jeweiligen Käufer
reklamierten und zum Rücktrittsgrund erklärten, jedoch beide im Ergebnis ohne
Erfolg.
Im ersten Fall erwarb eine private Käuferin von einem Zucht- und Ausbildungsstall
einen Hengst zum Zwecke des Einsatzes in Dressurprüfungen. Die
Ankaufsuntersuchung in einer Tierklinik zeigte keinen besonderen Befund. In der
Folgezeit nach dem Kauf zeigten sich Anlehnungsprobleme beim Beritt des
Hengstes, was die Käuferin zu einer tierärztlichen Untersuchung des Maules
veranlasste. Der untersuchende Tierarzt stellte keine drei Monate nach dem Kauf
einen offenen rechten Maulwinkel sowie ein Überbein der linken Lade fest. Die
Käuferin erklärte diese Befunde als Ursache für die mangelnde Einsetzbarkeit des
Hengstes im Dressursport, da dieser nicht mit Gebiss geritten werden könne. Der
Verkäufer vertrat den Standpunkt ein gesundes Pferd übergeben zu haben und dass
Rittigkeitsmängel allein auf die fehlerhafte reiterliche Einwirkung zurück zu führen
seien. Die Klage der Käuferin auf Rückabwicklung des Kaufes blieb in zwei
Instanzen ohne Erfolg.
Dabei ist zunächst festzuhalten, dass nach geltender Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes (Urteil vom 27.05.2020; VIII ZR 315/18) Rittigkeitsprobleme –
hier bei der Anlehnung – allein keinen Sachmangel darstellen, klinische Befunde im
Sinne von Vorerkrankungen, die zu diesen Problemen führen, hingegen schon. Da
es sich vorliegend um einen Kauf zwischen Verbraucher und Unternehmer handelte,
galt grundsätzlich auch das Prinzip der Beweislastumkehr. Die Käuferin musste also
lediglich das Auftreten klinischer Befunde im Zeitraum von 6 Monaten nach
Übergabe beweisen, was ihr auch gelang: offene Mundwinkel beidseitig, knöcherne
Veränderung linke Lade, Hautläsion im Bereich des linken Unterkiefers, so die
tierärztlichen Befunde, die sich in den Monaten nach Gefahrübergang zeigten und
durchaus als Mangelerscheinung durchgehen konnten. Allerdings war der gerichtlich
mit der Beurteilung beauftragte veterinärmedizinische Sachverständige
gleichermaßen davon überzeugt, dass diese Befunde zum Zeitpunkt der Übergabe
nicht vorgelegen hatten, da diese ansonsten bei der Ankaufsuntersuchung
festgestellt worden wären. Das Maul – so der Sachverständige – würde routinemäßig
im Rahmen der standardisierten Kaufuntersuchung untersucht. Aufgeplatzte
Mundwinkel wären in keinem Falle übersehen worden und auch die Veränderungen
am linken Unterkiefer seien von den untersuchenden Tierärzten eher als akute
Veränderung beschrieben worden, die innerhalb kürzerer Zeit eintreten könnten und
auch durch die reiterliche Einwirkung beeinflusst würden. Damit konnte der Verkäufer
nicht nur nachweisen, dass das Pferd zum Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei war –
die Regel der Beweislastumkehr war schon gar nicht anwendbar, da es sich um
solche Mangelerscheinungen handelte, die typischer Weise akut, jederzeit und auch
durch reiterliche Einwirkung entstehen konnten und keinen Rückschluss auf ein
Vorliegen bei Gefahrübergang zuließen (OLG Frankfurt, Urteil vom 14.09.2021, 6 U
127/20).
In dem zweiten Fall stritten die Parteien um die Bezahlung eines Hengstes, der
unmittelbar vor der Vermarktung über die Auktion gekört worden war. Nachdem der
Hengst als Siegerhengst prämiert worden war, erhielt der Käufer bei der
anschließenden Auktion den Zuschlag bei 320.000,00 Euro und das Pferd am
gleichen Tage übergeben. Schon am nächsten Tage stellte der Tierarzt einen
Herzklappenschaden sowie einen Fesselträgerschaden fest, den der Käufer
reklamierte, den Rücktritt erklärte und den Kaufpreis zurückhielt. Die Verkäuferin
klagte daraufhin auf Kaufpreiszahlung zuzüglich Kosten, Mehrwertsteuer und
Versicherung gegen den Käufer, der sich erfolglos gegen die Klage verteidigte und
seinen Rücktritt nicht durchsetzen konnte. Da der Hengst sich im Rahmen der
Sichtung für die Körung und die Auktion lahmfrei und mit herausragenden
Bewegungen präsentiert hatte, beschränkte sich die diesbezügliche Haftung auch
auf die erfolgten tierärztlichen Untersuchungen im Vorfeld der Körung – die nicht eine
sonographische Untersuchung des Fesselträgers umfassten, welche den Schaden
hätten erkennen lassen können. Für den Herzbefund galt, dass dieser tatsächlich als
„noch zu beobachten“ im Untersuchungsprotokoll festgehalten worden war, so dass
auch diesbezüglich keine Haftung der Verkäuferin übernommen werden musste
(OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.12.2, 6 U 56/18). Das Pferd verstarb im
Laufe des Rechtsstreits – ob die Todesursache bereits zum Zeitpunkt des Zuschlags
angelegt war, ließ sich retrospektiv nicht mehr klären.