UN-Kaufrecht – Vorteile und Risiken

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Das UN-Kaufrecht, auch CISG (Kurzform für: United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods) gibt es bereits seit den 1980er-Jahren und wurde von 94 Ländern der Welt (Stand: 02.07.2021) umgesetzt. Die praktische Bedeutung dieser Regelungen sind immens, da bei vielen grenzüberschreitenden Kaufverträgen UN-Kaufrecht Anwendung findet, sofern die Parteien keine abweichende Rechtsordnung bzw. kein abweichendes Recht vereinbaren. Im unternehmerischen Handelsverkehr bestehen bis heute noch Unklarheiten und Vorurteile über das UN-Kaufrecht.

Dies zeigt auch eine Umfrage des Germany Trade & Invest (GTAI) aus dem April 2020 (nachzulesen in Kampf/Marenkov, Zeitschrift für das Recht des internationalen Warenkaufs und Warenvertriebs 2021, Seite 2). Sie ergab folgendes Bild:

  1. „Schließen Sie die Geltung des UN-Kaufrechtsübereinkommens für Ihre grenzüberschreitenden Verträge aus?“
    • „Wir schließen die Geltung des UN-Kaufrechts stets aus.“
      • 36 %
    • „Wir haben und mit der Geltung des UN-Kaufrechts nie beschäftigt (keine bewusste Entscheidung Pro oder Contra).“
      • 31 %
    • „Wir nutzen das UN-Kaufrecht regelmäßig, indem wir es nicht ausschließen oder ausdrücklich vereinbaren.“
      • 19 %
    • „Wir schließen die Geltung des UN-Kaufrechts aus, wenn wir Exporteur sind.“
      • 9 %
    • „Wir schließen das UN-Kaufrecht aus, wenn wir Importeur sind.“
      • 5 %
  1. „Wenn Sie die Geltung des UN-Kaufrechts in ihren Verträgen ausschließen: was sind Ihre Beweggründe?“
    • „Wir wissen zu wenig über Rechte und Pflichten nach UN-Kaufrecht. Wir haben mehr Erfahrung mit nationalem deutschen Recht (BGB/HGB).“
      • 43 %
    • „Nationales (deutsches) Recht sorgt u.E. angesichts der zahlreichen Quellen (Rechtsprechung, Kommentarliteratur) für mehr Rechtssicherheit.“
      • 39 %
    • „Das UN-Kaufrecht regelt nicht alle Fragen (z.B. die Verjährung) und muss ohnehin durch Vorschriften des nationalen Rechts ergänzt werden. Dann vereinbaren wir direkt nationale Rechtsvorschriften.“
      • 32 %
    • „Das deutsche nationale Recht (BGB/HGB) enthält u.E. die für uns günstigeren Regelungen im Vergleich zum UN-Kaufrecht.“
      • 18 %
  1. „Wenn Sie die Geltung des UN-Kaufrechts in ihren Verträgen nicht ausschließen: was sind die Gründe? (mehrere Antworten möglich)“
    • „Bevor wir uns auf eine ausländische Rechtsordnung (z.B. chinesisches, russisches oder englisches Recht) Einlassen, akzeptieren wir lieber das UN-Kaufrecht“
      • 53 %
    • „Das UN-Kaufrecht ist ein gutes Regelwerk, das für internationale Sachverhalte bestens geeignet ist.“
      • 34 %
    • „Uns war nicht bewusst, dass „deutsches Recht“ das UN-Kaufrecht mitbeinhaltet.“
      • 28 %
    • „Das UN-Kaufrecht enthält u.E. die für uns günstigeren Regelungen im Vergleich zum deutschen nationalen Recht (BGB/HGB).“
      • 19 %

Das Ergebnis bestätigt, dass viele Unternehmer sich kein Bild von den Chancen und Risiken des UN-Kaufrechts machen. Vielmehr wird auf das „bekannte“ deutsche BGB und HGB gesetzt, das aber nicht in allen Bereichen für Unternehmer günstig ist.

Als ein Vorteil des UN-Kaufrechts wird seit jeher die größere Akzeptanz im internationalen Handelsverkehr gesehen. Die Frage, welcher Rechtsordnung ein Vertrag unterliegt, ist oft einer der wichtigsten Streitpunkte zwischen Unternehmern. Deutsches Recht unterscheidet sich grundlegend von z.B. englischem Recht. Insbesondere dieses Recht kennt Institute, die in Deutschland vollständig unbekannt sind (u.a. den sog. Trust). Die Vereinbarung des UN-Kaufrechts kann somit für die Unternehmen einen Kompromiss darstellen, da hier nicht einer nationale Rechtsordnung Vorrang eingeräumt wird, sondern eine neutrale Ordnung genommen wird. In der Regel finden sich beide Rechtsordnungen zum Teil inhaltsgleich in dem UN-Kaufrecht wieder.

Dies gilt auch für das deutsche Recht, das in vielen Bereichen dem UN-Kaufrecht ähnelt. Die bestehenden Unterschiede müssen beim Vertragsabschluss selbstverständlich beachtet werden und ggf. angepasst werden. Auch hier bietet das UN-Kaufrecht die Option, bestimmte Regelungen abweichend vom Gesetz festzulegen. Dies kann unter anderem über Allgemeine Geschäftsbedingungen erfolgen.

Ferner ist das Vorurteil der fehlenden Rechtsprechung nicht mehr haltbar. Das UN-Kaufrecht besteht nun seit über 40 Jahren und seitdem ergingen zahlreiche Urteile, sowohl in Deutschland als auch im Ausland. Gerichte als auch beratende Anwälte sind immer mehr sensibilisiert für Fragen des internationalen Kaufrechts und damit einhergehende Probleme.

Ein Problem bzw. Nachteil ist weiterhin aber die teilweise unterschiedliche Rechtsprechung. Die Gerichte unterschiedlicher Mitgliedsstaaten sind hinsichtlich ihrer Interpretation des Gesetzes frei. Dies führt manchmal zu unterschiedlichen Ergebnissen. Ein internationales Gericht, das in solchen Fällen eine ausdrückliche Entscheidung fällt und eine einheitliche Rechtsprechung zur Folge hätte, fehlt hier. Daher kann es im Rahmen des UN-Kaufrechts auch entscheidend sein, welches Gericht das Urteil fällt.

Ein letzter Nachteil liegt in der Lückenhaftigkeit des UN-Kaufrechts. Dieses Gesetz regelt zwar weite Teile des Kaufvertrages, schweigt aber hinsichtlich bestimmter Themen. Dies sind z.B. Fragen der Rechts- und Geschäftsfähigkeit, zur Stellvertretung und zur Wirksamkeit von allgemeinen Geschäftsbedingungen. Diese Lücken werden über nationales Recht gefüllt.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass das UN-Kaufrecht prinzipiell nicht schlechter ist als das deutsche BGB/HBG. Die Frage, ob es für Unternehmen sinnvoll ist, dieses Recht zu wählen, kann aber nur im Einzelfall festgestellt werden. Ein pauschaler Ausschluss des UN-Kaufrechts ist aber in jedem Falle die schlechteste Wahl, da damit auch alle möglichen Chancen ungeprüft verloren gehen.

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