Sattelkauf
Juni 2015.
Ist ein nicht passender Sattel mangelhaft?
Die Suche nach dem optimal passenden Sattel sowohl für Reiter als auch Pferd gestaltet sich nicht immer als einfach und wird so manches Mal zur Belastungsprobe für die Beziehung zwischen Reiter und Sattelverkäufer. Mehrfache Leserfragen zum Thema Sattelkauf verdeutlichen die bestehenden Probleme und geben Anlass zu diesem Beitrag.
Gerade heutzutage sind die Wege, zu einem neuen Sattel zu kommen, vielfältig: der klassische Kauf im örtlichen Reitsportgeschäft, die Bestellung im Internet, der Erwerb auf der Messe oder am Stand auf dem Reitturnier – je nach den Umständen des Vertragsschlusses können schon verschiedene Gesetze z.B. über den Widerruf des Vertrages einschlägig sein. Insbesondere aber sollte der Kunde sein Augenmerk auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers richten – das unangenehm Kleingedruckte, welches so gern überflogen und übergangen wird, kann am Ende entscheidend für die Rechte des Kunden sein.
Der Sattel muss auf das Pferd passen. Nun besteht allerdings die naturgegebene Problematik, dass sich der Rücken des Pferdes je nach Trainings – und Futterzustand, Wachstum, Rekonvaleszenz nach Lahmheiten etc… stark verändern kann und ein in einem anderen Stadium des Muskelaufbaus gekaufter passender Sattel somit innerhalb kürzester Zeit und damit innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfristen zu einem unpassenden Sattel werden kann. Das Gleiche gilt naturgemäß auch für die Figur des Reiters. Hierfür kann der Verkäufer nichts und er wird ein Interesse daran haben, diesen Situationen in seinen Allgemeinen Verkaufsbedingungen vorzubeugen und die Rechte des Käufers auf Umtausch, Probereiten, Nachbesserung etc… weitestgehend einzuschränken oder zumindest zu verkürzen. Der Sattelkäufer sollte sich somit vor dem Kauf eines Sattels beim Verkäufer genau über die Konditionen des Anpassens, Ausprobierens, Umtauschmöglichkeiten etc.. informieren und um Klaren sein.
Wird ein Sattel „von der Stange“ gekauft, gelten regelmäßig die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte, wobei davon auszugehen ist, dass ein so genannter Verbrauchsgüterkauf gegeben ist, also ein Vertrag zwischen einem gewerblichen Verkäufer und einem privaten Käufer. Innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf bedeutet dies bei Auftreten eines Mangels, dass vermutet wird, dass dieser Mangel bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs der Kaufsache bestanden hat und der Verkäufer dafür haften muss. Dies kann natürlich nicht für einen Mangel gelten, der offenkundig nach dem Kauf eingetreten sein muss, wie z.B. eine sichtbare Beschädigung, die durch nachträgliche äußerliche Einwirkung entstanden sein muss. In einem solchen Falle ist das Pech des Käufers. Treten hingegen z.B. Material- oder Verarbeitungsfehler zu tage, ist der Verkäufer zur Gewährleistung verpflichtet und kann selbst ggf. sogar die Ansprüche an den Hersteller weiterleiten. Der Kunde kann in einem solchen Falle aber nicht sofort zurücktreten oder den Kaufpreis mindern, sondern muss erst die Nacherfüllung, d.h. Reparatur, Ausbesserung oder Umtausch gegen einen anderen, (neuen) Sattel verlangen. Allein das „Nichtpassen“ bei Pferd oder Reiter ist bei dieser Form des Kaufs allerdings kein Mangel im kaufrechtlichen Sinne an dem Sattel, zumindest ist dies rechtlich gesehen äußerst problematisch. Nun kommt es maßgeblich auf die Umstände des Zustandekommens des Vertrages und die individuellen Absprachen zwischen Käufer und Verkäufer an. Ist der Verkäufer z.B. auch Sattler oder beschäftigt einen solchen und wird dieser Sattler extra zum Kunden vor Ort geschickt, um Sättel auszuprobieren und ggf. anzupassen, dann kann davon ausgegangen werden, dass der Sitz des Sattels auf dem Pferd auch zur vertraglichen Vereinbarung gehört und ein negatives Abweichen davon auch die Gewährleistung auslöst. Passt der Sattel aber beim Ausprobieren auf das Pferd und auch zum Reiter und wird dann gekauft, wird es bei nachträglichen Veränderungen von diesem Idealzustand für den Käufer schwer, dem Verkäufer einen bei Übergabe des Sattels bestehenden Mangel nachzuweisen. Viele Geschäfte tauschen bei unpassender Ware dann dennoch um – dies geschieht jedoch zumeist aus reiner Kulanz und Kundenfreundlichkeit – nicht weil dazu ein rechtlicher Grund bestünde.
Ein weiteres Problem: Der nun eingetauschte Sattel ist vom Reiter vielleicht schon ein halbes Jahr oder länger (die Gewährleistungsrechte bestehen grundsätzlich zwei Jahre lang) benutzt worden und wird nun gegen ein neuen Sattel eingetauscht. Hierfür wird der Verkäufer – zu Recht – einen Abschlag berechnen – schließlich kann er den zurück gegebenen Sattel nicht mehr als neu weiter verkaufen. Wie hoch dieser Abschlag sein soll, kann sich nur nach dem individuellen zeitlichen und optisch sichtbaren Gebrauch des jeweiligen Sattels richten. Hat sich der Mangel des Sattels so stark ausgewirkt, dass er vom Käufer gar nicht genutzt werden konnte, kann ein Nutzungsentgelt hingegen nicht anfallen.
Vermeintlich einfacher ist zumindest die Rechts – nicht unbedingt die Sachlage bei der Maßanfertigung eines Sattels. Denn hierbei dürfte es sich um einen Werk- und nicht um einen Kaufvertrag handeln, bei dem der vertraglich vereinbarte Erfolg der passende Sattel ist, den der Kunde dann auch einfordern kann. Das Problem der nachträglichen Veränderungen bei Pferd und Reiter stellt sich dann hier allerdings gleichermaßen wie beim Kaufvertrag, ebenso wie das Problem der Nachweisbarkeit,
ob der Fehler nun beim Pferd oder beim Sattler liegt. Kommt solch ein Fall vor Gericht, wird diese Frage durch einen Sachverständigen (Sattler) beurteilt.